Entscheidungsstichwort (Thema)
Abschlagszahlung auf eine Weihnachtsgratifikation. Leistungsbestimmungsrecht des Arbeitgebers bezüglich der Höhe der Weihnachtsgratifikation
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird durch arbeitsvertragliche Regelung klargestellt, dass die endgültige Festlegung der Höhe einer Sonderzahlung als "Weihnachtsgratifikation" am Ende des Jahres erfolgen soll, kann durch vorbehaltlose Zahlung eines Abschlagsbetrages im Mai des Kalenderjahres kein Vertrauen des Arbeitnehmers darauf entstehen, dass im November des Jahres noch eine weitere Zahlung erfolgen wird.
2. Der Arbeitgeber ist berechtigt, die von ihm zugesagte Leistung näher zu bestimmen. Diese Leistungsbestimmung muss der Billigkeit entsprechen. Wenn die wirtschaftliche Lage es nicht zulässt, am Jahresende eine weitere Zahlung als Weihnachtsgratifikation zu leisten, ist dies hinreichend begründet und entspricht billigem Ermessen.
Normenkette
BGB §§ 315, 611a
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 30.06.2015; Aktenzeichen 9 Ca 601/14) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 30. Juni 2015 (9 Ca 601/14) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zahlung restlicher Sonderleistung für das Jahr 2014.
Die Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 1. Januar 1984 tätig, zunächst aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 1. Januar 1984, dem ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 16. Oktober 1984 folgte (Anlagenkonvolut K 1 zur Klagschrift, Bl. 6 bis 13 d.A.). Unter § 3 des Vertrages vom 16. Oktober 1984 ist unter anderem vorgesehen:
"Zusätzlich zum Grundgehalt wird - nach Ablauf der Probezeit - als freiwillige Leistung - eine Weihnachtsgratifikation gezahlt, deren Höhe jeweils jährlich durch den Arbeitgeber bekanntgegeben wird und deren Höhe derzeit ein volles Monatsgehalt nicht übersteigt.
Sofern das Arbeitsverhältnis vor dem 01. April eines Jahres begonnen hat, soll auf die vorstehende Gratifikation im Juni dieses Jahres ein Vorschuß in Höhe von bis zu einem halben Monatsgehalt gezahlt werden. Sofern zwischen Beginn des Arbeitsverhältnisses und dem 30. November eines Jahres weniger als 11 Monate liegen, beträgt die Gratifikation 1/12 für jeden Monat des Arbeitsverhältnisses.
Endet das Arbeitsverhältnis bis zum 31.03 des Folgejahres, ist das Unternehmen berechtigt, die geleistete Gratifikation von der letzten Gehaltszahlung... einzubehalten."
Der Klägerin wurde bis einschließlich 2013 jedes Jahr zusätzlich zu den monatlichen Entgelten ein volles Bruttomonatsgehalt hälftig mit der Abrechnung im Mai und hälftig mit der Abrechnung im November gezahlt. Im Mai 2014 wurde der Klägerin ein halbes Bruttomonatsgehalt i.H.v. € 999,00 gezahlt, das in der Gehaltsabrechnung als "Abschl. J-Gratifikation" ausgewiesen wurde. Eine weitere Äußerung der Beklagten zur Zahlung im Mai 2014 erfolgte nicht. Die Klägerin erhielt im Jahre 2014 ebenso wie die übrigen Beschäftigten der Beklagten, die gleichlautende vertragliche Regelungen haben, keine weitere Leistung auf die Sonderzahlung.
Die Beklagte erzielte bei Auszahlung der Gratifikation in Höhe eines halben Bruttomonatsentgelts an alle Beschäftigte ein Ergebnis von € 384.628,00, das bei einer Gratifikationszahlung in Höhe eines ganzen Gehalts - € 6.221 betragen hätte.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass ihr für 2014 ein volles Gehalt als Sonderzahlung zustehe. Der Freiwilligkeitsvorbehalt des Arbeitsvertrages sei intransparent. Die Beklagte müsse die für sie ungünstigste Auslegungsmöglichkeit gegen sich gelten lassen. Der Arbeitsvertrag sei so auszulegen, dass mindestens ein Monatsgehalt gezahlt werde. Der Anspruch bestehe auch unter dem Gesichtspunkt einer betrieblichen Übung.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 999,00 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem Basiszins der EZB seit dem 1. Dezember 2014 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass § 3 des Arbeitsvertrages vom 16. Oktober 1984 ein Leistungsbestimmungsrecht enthalte, das nach billigem Ermessen ausgeübt werden müsse. Genau das habe sie getan, indem sie für das Jahr 2014 die Weihnachtsgratifikation auf 50 % eines vollen Monatsgehalts festgesetzt habe. Ihr Geschäftsergebnis sei seit Jahren rückläufig, 2014 habe erstmals ein Abrutschen in die Verlustzone gedroht. Sie habe im September 2014 die Entscheidung getroffen, an keine Mitarbeiterin und keinen Mitarbeiter eine weitere Zahlung zu erbringen. Das Geschäftsergebnis sei seit Jahren rückläufig und habe im Jahr 2014 erstmals gedroht, in die Verlustzone abzurutschen. Dies habe allein dadurch verhindert werden können, dass sich die Beklagte dazu entschlossen habe, die zweite Hälfte der Weihnachtsgratifikation nicht auszuzahlen. Hierdurch habe die Beklagte einen Betrag in Höhe von € 320.000,00 bis € 350.00...