Entscheidungsstichwort (Thema)
Abhängigkeit. Arbeitnehmereigenschaft. mittelbares Arbeitsverhältnis. Statusklage
Leitsatz (amtlich)
1. Wer als Betreiber einer Agentur für die Verteilung von Zeitschriften und Briefen selbst eine Vielzahl (hier fast 200) Hilfskräfte nach eigener Entscheidung einstellt, ist bei der erforderlichen Gesamtschau regelmäßig selbst dann nicht abhängig beschäftigter Arbeitnehmer, wenn er einer Vielzahl engmaschiger fachlicher Weisungen seines Auftraggebers unterliegt.
2. Es bestehen dann auch keine mittelbaren Arbeitsverhältnisse zum Auftraggeber, denn es fehlt die unmittelbare Erbringung der Arbeitsleistung mit Wissen des Dritten.
Normenkette
ZPO § 256
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 02.08.2007; Aktenzeichen 7 Ca 540/06) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 02. August 2007 – 7 Ca 540/06 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Feststellung, dass nach wie vor zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht, und – im Wege der Stufenklage – die Erteilung von Gehaltsabrechnungen auf der Grundlage eines ihrer Auffassung nach einschlägigen Tarifgehalts und die Auszahlung der Nettovergütung und Abführung der Sozialbeiträge und Lohnsteuer.
Die bundesweit tätige Beklagte erbringt Postdienstleistungen. Sie firmierte unter „P. GmbH” und änderte die Firma im Jahre 2006 auf die jetzige Bezeichnung.
Der Beklagten ist eine Lizenz gemäß § 5 f. Postgesetz erteilt worden. Die Beklagte verfügt über eine Lizenz, die die Qualitätsstufe D 4 einschließt. Insoweit wird Bezug genommen auf die Lizenz vom 24. August 2006 (Anl. B 4, im Anlagenordner). Hieraus ergeben sich Nachweis- und Dokumentationspflichten (vgl. Anl. B 4). Die Beklagte hat Briefzentren eingerichtet und ein flächendeckendes Postverteilungsnetz ausgebaut. Das Verteilungsnetz setzt sich zusammen aus so genannten Vertriebsstellen. Ausgehend von solchen Vertriebsstellen werden Post- und Werbesendungen von Zustellern in den jeweils von der Beklagten festgelegten Zustellbezirk zugestellt.
Die Klägerin befasst sich seit dem Jahre 1991 mit der Verteilung der Tageszeitung „A.” und des werbefinanzierten „E.”. Mit Wirkung ab dem 1. Januar 1993 wurden diese Zeitungen unternehmensrechtlich getrennt geführt. Die Verteilung dieser Zeitungen organisierte und organisiert die Klägerin von ihrem Grundstück in der F. Straße aus. Hierzu setzt sie zwischen 150 und 170 teilzeitbeschäftigte Zusteller ein. Seit dem Jahre 1994 bzw. 1995 besteht hinsichtlich der Verteilung unadressierter Sendungen auch eine vertragliche Beziehung der Parteien.
In der F. Straße betreibt die Klägerin einen Kiosk.
Außerdem hat die Klägerin eine der o.a. Vertriebsstellen für die Beklagte in den Räumlichkeiten A. Weg in H.-H. übernommen. Grundlage dieser Tätigkeit der Klägerin sind verschiedene vertragliche Vereinbarungen, zunächst der „Dienstleistungsvertrag” vom 01.04.1999, (Anl. K 2, Anlagenordner) sodann der „Werkvertrag” vom 26.05.04 (Anl. K 3, Anlagenordner) und zuletzt der „Vertriebsvertrag” vom 05.04.06 (Anl. K 4, Anlagenordner). Wegen der genauen Inhalte der vertraglichen Vereinbarungen wird auf die Anl. K 2 bis K 4 Bezug genommen. Diese Verträge betreffen unadressierte und adressierte Sendungen.
Der Vertriebsvertrag vom 05.04.06 (Anl. K 4) sieht in § 1 Nr. 1 vor, dass die Beklagte der Klägerin die Vertriebsstelle für die in Anlage 1 des Vertriebsvertrages nähert definierten Postleitzahlengebiete ab dem 01.04.06 überträgt. In dieser Eigenschaft übernimmt die Vertriebsstelle der Klägerin die Zustellung der von der Beklagten gemäß § 1 Nr. des Vertriebsvertrages angelieferten Briefsendungen an die entsprechenden Empfänger, die in einem der in Anl. 1 aufgeführten Postleitzahlengebiete ansässig sind. Ausweislich des § 1 Nr. 4 des Vertriebsvertrages hat die Zustellung der jeweiligen Briefsendungen bis spätestens 12:00 Uhr am Tage der Übergabe zu erfolgen. § 1 Nr. 5 des Vertriebsvertrages ist zu entnehmen, dass nicht zustellbare Briefsendungen am selbigen Tage bis spätestens 16:00 Uhr zur Abholung zur Verfügung stehen müssen. Ist eine Zustellung aus anderen Gründen nicht möglich (z. B. „kein Einlass”) hat die Vertriebsstelle einen weiteren kostenlosen Zustellversuch an dem nachfolgenden Werktag zu garantieren. In § 1 Nr. 2 Satz 1 des Vertriebsvertrages hat sich die Klägerin verpflichtet, mit keinem der Beklagten konkurrierenden Unternehmen Verteilaufträge abzuschließen, wobei in der praktischen Handhabung die Tätigkeit der Klägerin für die S. AG (A.), die E. GmbH & Co KG und die ebenfalls am A. Weg betriebene Paketannahme G. Systems nicht betroffen waren.
In § 1 Nr. 6 i. V. m. der Anl. 2 des Vertriebsvertrages hat sich die Klägerin verpflichtet, tägliche Tourendokumente zu erstellen und diese an die Beklagte zu übermitteln. Ausweislich § 1 Nr. 7 des Vertriebsvertrages erfolgt die Schulung der Mitarbeiter der Vertriebsstelle durch die Beklagte. Aus § 2 des Vert...