Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang der Bewilligung der Prozesskostenhilfe für einen Mehrvergleich

 

Leitsatz (amtlich)

Hat das Arbeitsgericht für einen Mehrvergleich - ausdrücklich oder konkludent - Prozesskostenhilfe bewilligt, umfasst der Bewilligungsbeschluss im Regelfall sämtliche in diesem Zusammenhang nach Maßgabe des RVG ausgelösten Gebühren der beigeordneten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 17. Januar 2018 - XII ZB 248/16 und LAG Baden Württemberg, Beschluss vom 27. April 2016 - 5 Ta 118/15).

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; ZPO § 114 Abs. 1 S. 1, § 278 Abs. 6 S. 2; RVG § 48 Abs. 1, §§ 49, 55 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Münster (Aktenzeichen 2 Ca 490/16)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der der Klägerin beigeordneten Rechtsanwälte wird die Vergütungsfestsetzung des Arbeitsgerichts Münster zum dortigen Verfahren 2 Ca 490/16 dahin abgeändert, dass die an diese im Rahmen der Prozesskostenhilfe aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf insgesamt 1.465,57 EURO (weitere 89,25 EURO) festgesetzt wird.

 

Gründe

Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihrem Rechtsbehelf vom 7. November 2017 gegen die Festsetzung der nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe an sie aus der Landeskasse zu zahlenden Rechtsanwaltsvergütung (§§ 55, 56 RVG).

I.

Die Klägerin war bei der Beklagten zu 1., einer als Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführten Steuerberatungssozietät, seit August 2009 als Steuerfachangestellte gegen ein monatliches Entgelt in Höhe von zuletzt durchschnittlich 2.146,00 € brutto beschäftigt. Unter dem 4. März 2016 kündigte die Beklagte zu 1. das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen fristgemäß zum 30. Juni 2016. Mit ihrer am 29. März 2016 bei Gericht eingegangen Kündigungsschutzklage wandte sich die anwaltlich vertretene Klägerin gegen diese Kündigung und bezog vorsorglich die beiden Gesellschafter der Beklagten als Beklagte zu 2. und 3. in das Kündigungsschutzverfahren ein. Begleitend reichte sie ein Prozesskostenhilfegesuch beim Arbeitsgericht ein und beantragte zugleich die Beiordnung der jetzigen Beschwerdeführer nach § 121 Abs. 2 ZPO.

Im unmittelbaren Nachgang zum zunächst ergebnislos verlaufenen Gütetermin vom 17. Mai 2016 teilten die Parteien übereinstimmend mit, hinsichtlich eines zwischen ihnen vorabgestimmten, im Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO zu schließenden Prozessvergleichs um einen gerichtlichen Vorschlag des insoweit mitgeteilten Inhalts zu bitten. Unter dem 31. Mai 2016 beantragte die Klägerin ausdrücklich, ihr Prozesskostenhilfe auch für den beabsichtigten Vergleich, den Mehrvergleich und die dem Mehrvergleich vorausgehenden Verhandlungen zu bewilligen. Mit Beschluss vom 6. Juni 2016 bewilligte das Arbeitsgericht sodann Prozesskostenhilfe "in vollem Umfang" und ordnete der Klägerin die Beschwerdeführer bei. Nach entsprechendem Vergleichsvorschlag und den Zustimmungserklärungen beider Parteien stellte es mit weiterem Beschluss vom 9. Juni 2016 nach § 278 Abs. 6 S. 1, Alt. 2 ZPO das Zustandekommen und den Inhalt eines Prozessvergleichs fest, auf den wegen seiner Inhalte im Einzelnen Bezug genommen wird.

Auf Antrag der Prozessbevollmächtigten beider Parteien gab das Arbeitsgericht sodann den Streitwert für das Verfahren mit 6.438,00 € (Vierteljahresverdienst) und den Vergleichswert mit 9.084,00 € an. Der Vergleichsmehrwert ergebe sich aus der im Vergleich getroffenen Zeugnisregelung (1 Monatseinkommen) sowie der dortigen Freistellungsvereinbarung (500,00 €), die nach Angaben der Parteien zur Beilegung einer begleitenden Streitigkeit über den Gegenstand der Arbeitspflichten bis zum Ablauf der Kündigungsfrist getroffen worden ist.

Unter dem 5. September 2016 beantragten die Beschwerdeführer die Festsetzung der nach §§ 45, 49 RVG aus der Landeskasse an sie zu zahlenden Vergütung - unter Abzug eines Vorschusses in Höhe von 75,00 € - wie folgt:

Nr. 3100 VV RVG:

Wert 6.438,00 €

Nr. 3101.2 VV RVG:

Wert 2.646,00 €

Nr. 3104 VV RVG:

Wert 9.084,00 €

Nr. 1003 VV RVG:

Wert 6.438,00 €

Nr. 1000 VV RVG:

Wert 2.646,00 €

Nr. 7002 VV RVG:

20,00 €

Nr. 7003 VV RVG:

46,60 €

Nr. 7008 VV RVG:

In voller Höhe

Unter Bereinigung der Verfahrens- und Vergleichsgebühr nach Maßgabe des § 15 Abs. 3 RVG haben die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 28. April 2017, auf den Bezug genommen wird, ihren Vergütungsanspruch gegen die Landeskasse abschließend - jetzt jedoch ohne Abzug des Vorschusses - auf 1.540,57 € beziffert.

Mit Beschluss vom 6. September 2016 und weiterem Beschluss vom 27. September 2016 hat das Arbeitsgericht, teils im Wege der Abhilfeentscheidung, die insgesamt zu zahlende Vergütung auf 1.451,32 € festgesetzt. Neben den Auslagen und Reisekosten stehe den Beschwerdeführern eine 1,3 Verfahrensgebühr aus einem Wert von 6.438,00 €, eine 1,2 Terminsgebühr aus einem Wert gleicher Höhe, eine 1,0 Einigungsgebühr aus einem Wert nochmals gleicher Höhe und eine 1,5 Einigungsgebühr aus einem Wert in Höhe von 2.646,00 € zu. Die Einigungsgebühren beschränkten sich unter Beachtung...

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