Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsmitglieds. Androhung von Tätlichkeiten. Beweiswürdigung. Rechtsschutzinteresse für Zustimmungsersetzungsantrag nach Beendigung eines Wahlanfechtungsverfahrens. Globalantrag. Mitarbeitergespräche. Unterlassungsanspruch wegen Missbilligungsäußerungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Antrag des Betriebsrats, die Arbeitgeberin zu verpflichten, in Mitarbeitergesprächen die Anwesenheit des Betriebsrats zu dulden, ist als Globalantrag unbegründet.
2. Der Antrag des Betriebsrats, dem Arbeitgeber zu untersagen, Arbeitnehmern, die in zulässiger Weise den Betriebsrat aufgesucht haben, Missbilligungen auszusprechen, ist unbegründet. Ein derartiger Anspruch ergibt sich nicht aus § 23 Abs. 3 Satz 1 BetrVG.
3. Aus § 75 Abs. 2 BetrVG folgt kein Anspruch des Betriebsrats, vom Arbeitgeber zu verlangen, persönlichkeitsverletzende Maßnahmen gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern zu unterlassen. Ob für § 75 Abs. 1 BetrVG etwas anderes gilt und aus ihm bei Verstößen gegen die Grundsätze von Recht und Billigkeit ein eigenständiger Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch gegen den Verletzer erwächst bleibt offen.
Normenkette
BetrVG § 103; KSchG § 15; BGB § 626; ZPO § 448; BetrVG § 82 Abs. 2 S. 2, § 23 Abs. 3, § 75 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Beschluss vom 24.04.2007; Aktenzeichen 7 BV 299/06) |
ArbG Dortmund (Aktenzeichen 1 BV 263/06) |
Nachgehend
BAG (Aktenzeichen 1 ABN 26/08) |
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 24.04.2007 – 7 BV 299/06 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
A
Die Beteiligten streiten um die Anwesenheit von Betriebsratsmitgliedern bei Mitarbeitergesprächen. Der Betriebsrat macht gegenüber der Arbeitgeberin ferner weitere Unterlassungsansprüche geltend.
Die Arbeitgeberin betreibt in D3 einen Lager- und Logistikbetrieb, der zum 01.01.2006 im Rahmen eines Betriebsüberganges auf die jetzige Arbeitgeberin übergegangen war. Dem D4 Betrieb der Arbeitgeberin gehören mehr als 200 Arbeitnehmer an. Zu den Hauptaufgaben des Betriebes gehört die deutschlandweite Belieferung aller Märkte des M1 Konzerns im In- und Ausland mit den dort angebotenen Waren.
Antragsteller des vorliegenden Verfahrens ist der Betriebsrat des D4 Betriebes. Im Unternehmen der Arbeitgeberin ist ferner ein Gesamtbetriebsrat gebildet.
Am 24.11.2006 wurde eine Arbeitnehmerin des Betriebes, Frau K1, Betriebsratsmitglied, die zuvor von ihrem Abteilungsleiter angewiesen worden war, Reportübersichten zu erstellen, dies aber noch nicht erledigt hatte, aufgefordert, mit ihm zu dem Betriebsleiter, Herrn B3, zu kommen. Frau K1 teilte zunächst dem Abteilungsleiter mit, sie wolle den Betriebsratsvorsitzenden bei dem Gespräch mit Herrn B3 dabei haben. Der Abteilungsleiter erwiderte, sie solle erst einmal mitkommen. Der Betriebsleiter, Herr B3, erklärte auf die wiederholte Bitte der Frau K1, den Betriebsratsvorsitzenden bei dem Gespräch dabeihaben zu wollen, dies sei nicht nötig. Sodann wies der Betriebsleiter Frau K1 an, die Reportübersichten unverzüglich zu erstellen; Frau K1 sei gut beraten, wenn sie in kürzester Zeit diese Anweisung befolgen würde. Der weitere Gesprächsinhalt ist zwischen den Beteiligten streitig.
Am 27.11.2006 hing der Betriebsrat „aus gegebenem Anlass” eine Information aus, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 25 d.A.).
Am 01.12.2006 wandte sich der Arbeitnehmer K2-H2 S5, Vertrauensperson der Schwerbehinderten, an den Betriebsratsvorsitzenden und sprach ihn auf ein sein Arbeitsverhältnis betreffendes Problem an. Der Betriebsratsvorsitzende wandte sich zur Klärung an die Personalabteilung der Arbeitgeberin. Kurze Zeit später rief der Betriebsleiter, Herr B3, Herrn S5 zu sich und erklärte ihm, wenn er Probleme in seinem Arbeitsverhältnis habe, könne er diese auch mit seinem Vorgesetzten besprechen. Der weitere Inhalt des Gesprächs ist zwischen den Beteiligten streitig.
Im Laufe des Jahres 2006 entwarf die Arbeitgeberin für ihre Gruppenleiter, Schichtleiter und Lagerleiter einen neuen Arbeitsvertrag, der in Ziffer 13 eine Bestimmung folgenden Inhalts enthält:
„Mit der unter Ziffer 3 dieses Anstellungsvertrages vereinbarten übertariflichen Zulage sind alle anfallenden Mehrarbeitsstunden, Zuschläge aller Art, tarifliches Urlaubsgeld, tarifliches und betriebliches Weihnachtsgeld und Sonderzahlungen abgegolten. Die Auszahlung erfolgt in 12 gleichen Monatsbeträgen.”
Wegen dieser Bestimmung beabsichtigte die Unternehmensleitung der Arbeitgeberin in Verhandlungen mit dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat einzutreten.
In dem am 27.12.2006 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren hat der Betriebsrat die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin verstoße in grober Weise gegen ihre betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten. Insoweit könne der Betriebsrat verlangen, dass die Arbeitgeberin ein entsprechendes Verhalten künftig unterlasse.
Zunächst sei die Arbeitgeberin verp...