Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässiges Ersuchen um Bestimmung des örtlich zuständigen Arbeitsgerichts nach Klageerhebung in einem besonderen Gerichtsstand
Leitsatz (amtlich)
Erhebt ein Kläger in einem von ihm angenommenen besonderen Gerichtsstand Klage, verbraucht er das Bestimmungsrecht des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Ein gleichwohl erfolgtes Ersuchen um Bestimmung des örtlich zuständigen Arbeitsgerichts ist unzulässig.
Normenkette
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3, § 35; EuGVVO Art. 8, 21; ArbGG § 46 Abs. 2 S. 1, § 48 Abs. 1a; ZPO § 36 Abs. 2, § 59 Abs. 1; EuGVVO Art. 8 Nr. 1, Art. 20 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Paderborn (Aktenzeichen 3 Ca 1663/17) |
Tenor
Das Rubrum des Beklagten zu 1) wird dahin berichtigt, dass beklagt ist Rechtsanwalt Dr. G als Insolvenzverwalter über das Vermögen der B C & Co. Luftverkehrs KG in Berlin.
Das Ersuchen des Klägers um Bestimmung des örtlich zuständigen Arbeitsgerichts wird als unzulässig zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt in der Hauptsache die Feststellung, dass das zwischen ihm und dem beklagten Insolvenzverwalter zu 1) bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch eine ordentliche Kündigung vom 28.11.2017 aufgelöst wurde. Ferner macht er den jeweiligen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit den Beklagten zu 2) bis 6) angesichts eines angenommenen Betriebsübergangs geltend. Der Rechtsstreit liegt dem Landesarbeitsgericht mit dem Ersuchen des Klägers um Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit nach den §§ 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG, 36 Abs. 1 Ziff. 3, Abs. 2 ZPO vor.
Der 1978 geborene Kläger ist seit 2010 bei dem Beklagten zu 1) als Pilot mit einer durchschnittlichen Bruttomonatsvergütung von etwa 6.150 € beschäftigt. Der Beklagte zu 1) wird als Insolvenzverwalter einer mit Sitz in Berlin befindlichen insolventen Fluggesellschaft (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin) in Anspruch genommen. Die Insolvenzschuldnerin beschäftigte etwa 8.500 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, davon etwa 1.200 Pilotinnen und Piloten. Ausweislich der Regelung in § 11 des Arbeitsvertrages vom 25.06.2010 wurde der Kläger in Paderborn stationiert.
Die im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 01.11.2017 und auch noch im Zeitpunkt der Anhängigkeit der Klage angeordnete Eigenverwaltung der Insolvenzschuldnerin wurde mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 16.01.2018 unter gleichzeitiger Bestellung des bisherigen Sachverwalters und Beklagten zu 1) zum Insolvenzverwalter aufgehoben.
Der Kläger behauptet, er habe seine Tätigkeit regelmäßig am Flughafen Paderborn aufgenommen und sei von dort aus per Taxi oder Transferflug deutschlandweit als Springer zu den Stationen der Insolvenzschuldnerin verbracht worden, um seinen Flugdienst aufzunehmen. In Paderborn habe der Dienst auch jeweils sein Ende gefunden.
Der Kläger ist der Auffassung, angesichts erworbener Start- und Landerechte durch die Beklagten zu 2) bis 6), übernommener, zuvor von der Insolvenzschuldnerin geleaster Flugzeuge sowie übernommenen Personals läge ein Betriebsübergang auf die Beklagten zu 2) bis 6) vor, die er im Wege subjektiver Klagehäufung gemeinsam mit dem Beklagten zu 1) in Anspruch nehme. Nach Art. 21 Nr. 2 a) EuGVVO sei die internationale Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichte auch für die Beklagten zu 4) und 6) trotz deren Sitzes in Österreich und England gegeben. Die örtliche Zuständigkeit des von ihm angerufenen Arbeitsgerichts Paderborn ergebe sich aus dem besonderen Gerichtsstand des Arbeitsortes nach § 48 Abs. 1a ArbGG. Der gewöhnliche Arbeitsort eines Piloten sei nicht "in der Luft", sondern an dessen Homebase zu verorten. Der für das Arbeitsverhältnis begründete Gerichtsstand des Arbeitsortes binde auch die Beklagten zu 2) bis 6) als Betriebserwerber.
Der Kläger, der seine Klage angesichts der im Zeitpunkt der Klageerhebung noch bestehenden Eigenverwaltung unmittelbar gegen die Insolvenzschuldnerin gerichtet hat, hat sein Einverständnis mit der seitens des Beklagten zu 1) angeregten Berichtigung dessen Rubrums erklärt. Er hat das Landesarbeitsgericht nach Rechtshängigkeit der Klage mit Schriftsatz vom 13.02.2018 ersucht, über die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Arbeitsgerichts Paderborn vorab zu befinden. Das Arbeitsgericht Paderborn, hilfsweise das Arbeitsgericht Berlin seien als "sachnächste" Arbeitsgerichte örtlich zuständig.
Der Beklagte zu 1) rügt die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Arbeitsgerichts Paderborn und beantragt erstinstanzlich Verweisung an das Arbeitsgericht Berlin. Der Kläger, so seine Auffassung, könne sich nicht auf § 48 Abs. 1a ArbGG stützen. Der hauptsächliche Arbeitsort von Flugbegleitern und Piloten sei nicht der Flughafen, an dem der Flug beginne, sondern das Flugzeug selbst. Auch sei eine Zuständigkeit unter dem Gesichtspunkt des Erfüllungsortes nach § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 29 ZPO oder der Niederlassung i.S.d. § 21 Abs. 1 ZPO in Paderborn nicht ersichtlich.
Die Beklagten zu 2) bis 5) rügen ebenfalls die örtliche Zuständigkeit. Der Kläger habe nicht schlüssig vorgetragen, dass der Gerichtsst...