Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg. Geschäftsführer. Abführung der Arbeitgeberbeiträge
Leitsatz (amtlich)
Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 d ArbGG eröffnet, wenn der Arbeitnehmer einer juristischen Person deren Geschäftsführer aus unerlaubter Handlung wegen unterbliebener Abführung der Arbeitgeberbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Anspruch nimmt.
Normenkette
ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3d, § 3
Verfahrensgang
ArbG Hagen (Westfalen) (Beschluss vom 11.11.2004; Aktenzeichen 2 (3) Ca 1990/04) |
Nachgehend
BAG (Aktenzeichen 5 AZB 70/05) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hagen vom 11.11.2004 – 2 (3) Ca 1990/04 – abgeändert.
Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen wird für zulässig erklärt.
Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 322,93 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten im Beschwerderechtszug über de Zulässigkeit des Rechtsweges.
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Haftung wegen nicht abgeführter Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge in Anspruch. Der Kläger war bei der Firma W2xxxxxxx B4xxxxxxxxx GmbH, über deren Vermögen im Februar 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, als Arbeitnehmer tätig. Der Beklagte war Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin.
Der Arbeitsverdienst des Klägers überstieg die Pflichtversicherungsgrenze. Er war bei der BKK Hoesch freiwillig pflege- und krankenversichert. Die Beiträge für die Kranken- und die Pflegeversicherung wurden monatlich vom Gehalt des Klägers abgezogen und direkt an die Krankenkasse überwiesen. Die Abführung unterblieb im Zeitraum 01.09.2003 bis 9.02.2004. Der Insolvenzverwalter zahlte darauf an den Kläger einen Teilbetrag i.H.v. 943,36 EUR netto. Wegen der offenen Forderung der BKK H3xxxx gegen ihn i.H.v. 1.076,44 EUR nimmt der Kläger den Beklagten als vertretungsberechtigtes O2xxx der Insolvenzschuldnerin aus unerlaubter Handlung gem. § 266 a StGB in Anspruch.
Der Beklagte hat die Unzuständigkeit des Arbeitsgerichts gerügt, weil er den Standpunkt vertritt, es handele sich nicht um einen arbeitsrechtlichen Anspruch.
Das Arbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichtsgerichten durch Beschluss vom 11.11.2004 für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Hattingen verwiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, zwischen den Parteien bestünden keine arbeitsrechtlichen Beziehungen gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten sei auch nicht aufgrund einer analogen Anwendung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 d ArbGG eröffnet. Die persönliche Haftung des Geschäftsführers einer GmbH für nicht abgeführte Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung sei zivilrechtlicher Natur. Deswegen sei gem. § 13 GVG der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe des Beschlusses Bezug genommen.
Gegen den ihm am 30.11.2004 zugestellten Beschluss hat der Kläger sofortige Beschwerde eingelegt, die am 08.12.2004 beim Arbeitsgericht eingegangen ist und der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat. Zur Begründung seines Rechtsmittels trägt der Kläger vor, die Arbeitsgerichte seien zuständig, weil es um eine mit dem Arbeitsverhältnis in Zusammenhang stehende unerlaubte Handlung gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 d ArbGG gehe. Im Falle der Durchgriffshaftung sei der Organvertreter wie ein Arbeitgeber zu behandeln, der ihm gegenüber eine unerlaubte Handlung begangen habe.
Der Kläger beantragt,
den Verweisungsbeschluss des Arbeitsgerichts Hagen vom 24.11.2004 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die sofortige Beschwerde des Klägers zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt den angefochtenen Beschluss und tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen. Er betont, dass sich der Kläger eines zivilrechtlichen gegen ihn als Privatperson gerichteten Schadensersatzanspruches berühme. Es könne nicht sein, dass für eine Schadensersatzklage gegen ihn als Geschäftsführer der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet sei, obgleich eine Klage gegen den abführungspflichtigen Arbeitgeber selbst nicht vor den Arbeitsgerichten erhoben werden könnte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die gem. den §§ 48 Abs. 1, 78 Satz 1 ArbGG, 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG an sich statthafte und im Übrigen gem. den §§ 569, 571, 572 ZPO zulässige Beschwerde des Klägers hat Erfolg. Nach Auffassung des Beschwerdegerichts sind die Gerichte für Arbeitssachen gem. §§ 2 Abs. 1 Nr. 3 d, 3 ArbGG berufen, den vorliegenden Rechtsstreit zu entscheiden.
1.
Es handelt sich um einen Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 d ArbGG, die mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang steht. Der Beklagte führt den Rechtsstreit zumindest als Rechtsnachfolger der ursprünglichen Arbeitgeberin i...