Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsweg: Zur Frage der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte, wenn die Vertragsarbeitgeberin im Wege einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung von Kündigungen und die Obergesellschaften zur Gewährleistung einer vermeintlichen Beschäftigungsgarantie in Anspruch genommen werden. Rechtswegzuständigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Im Verhältnis zwischen der antragstellenden Partei und weiteren Antragsgegnern eines einstweiligen Verfügungsverfahrens kann die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte über die Zusammenhangsklage gem. § 2 Abs. 3 ArbGG begründet werden, weil eine gegen die Vertragsarbeitgeberin der antragstellenden Partei gerichtete Hauptklage gleichzeitig anhängig geworden ist.

 

Normenkette

ArbGG § 2 Abs. 1 Nrn. 3a, 4a, § 1 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Herford (Beschluss vom 09.11.2009; Aktenzeichen 1 Ga 29/09)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerinnen gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Herford vom 09.11.2009 – 1 Ga 29/09 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.560,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I

Die Parteien streiten im Beschwerdeverfahren über die Zulässigkeit des Rechtsweges.

Die antragstellende Partei will im Wege der einstweiligen Verfügung erreichen, dass die Antragsgegnerin zu 1), ihre Vertragsarbeitgeberin, ihr gegenüber bis zum 15.03.2011 keine betriebsbedingte Kündigung ausspricht. Der Antragsgegnerin zu 2) soll aufgegeben werden, die Antragsgegnerin zu 1) anzuweisen, den Verpflichtungen aus einem zwischen ihr und der I2-AG geschlossenen Unternehmenskaufvertrag beizutreten.

Die unter der Bezeichnung I2-P3 GmbH firmierende Antragsgegnerin zu 2) hat durch Unternehmenskaufvertrag vom 15.03.2007 von der I2-AG Geschäftsanteile erworben. In diesem Kaufvertrag verpflichtete sich die I2-P3 GmbH, für einen Zeitraum von vier Jahren keine der in Deutschland befindlichen Gesellschaften zu schließen oder zu verlagern sowie gegenüber den Beschäftigten der Zielgesellschaften für einen Zeitraum von vier Jahren keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen.

Die Antragsgegnerinnen gehören zur sog. O1-Unternehmensgruppe. Nach Darstellung der antragstellenden Partei fungiert die Antragsgegnerin zu 2) als Obergesellschaft. Die Antragsgegnerin zu 3) ist ein Tochterunternehmen der Antragsgegnerin zu 2). Die Antragsgegnerin zu 1), die Vertragsarbeitgeberin der antragstellenden Partei, ist wiederum ein Tochterunternehmen der Antragsgegnerin zu 3), die ihrerseits aufgrund eines Ergebnisabführungsvertrages vom 28.08.2007 von der Antragsgegnerin zu 2) beherrscht wird.

Die Antragsgegnerinnen haben die Zulässigkeit des Rechtsweges gerügt.

Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 09.11.2009 den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt und zur Begründung ausgeführt, der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten sei gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG eröffnet, weil zwischen der antragstellenden Partei und der Antragsgegnerin zu 1) ein Arbeitsverhältnis bestehe und der Rechtsstreit letztlich aus diesem Arbeitsverhältnis resultiere. Jedenfalls ergäbe sich die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 ArbGG. Soweit der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerinnen zu 2) und 3) gerichtet sei, ergäbe sich die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte aus § 2 Abs. 3 ArbGG, weil ein rechtlicher und ein wirtschaftlicher Zusammenhang bestehe, denn es gehe darum, auf die Antragsgegnerinnen zu 2) und 3) einzuwirken, dem Unternehmensanteilkaufvertrag beizutreten und die dort vereinbarte Beschäftigungssicherung zu gewährleisten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Der dagegen gerichteten

sofortigen Beschwerde

der Antragsgegnerinnen hat das Arbeitsgericht nicht abgeholfen.

Die Antragsgegnerinnen tragen zur Begründung ihres Rechtsmittels vor, anders als vom Arbeitsgericht angenommen würden mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung keine arbeitsrechtlich begründbaren Ansprüche verfolgt. Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Unterlassung von betriebsbedingten Kündigungen könne nur der Unternehmenskaufvertrag sein, der aber gesellschaftsrechtlichen Charakter trage. Bei Ansprüchen aus einem Vertrag zugunsten Dritter ergäbe sich die Rechtsnatur des Anspruchs aus dem geschlossenen Vertrag. Vorliegend gehe es nicht um eine Streitigkeit aus dem Arbeitsverhältnis i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG, weil zwischen dem Kläger und den Parteien des Unternehmenskaufvertrages keinerlei arbeitsrechtliche Beziehungen bestünden. Arbeitsrechtliche Beziehungen bestünden nur zwischen der antragstellenden Partei und der Antragsgegnerin zu 1), die jedoch nicht Partei des Unternehmenskaufvertrages vom 15.03.2007 sei. Die aus dem Unternehmenskaufvertrag sich ergebenden etwaigen Verpflichtungen seien gesellschaftsrechtlicher Natur, weil es um die Übertragung von Geschäftsanteilen und den damit zusammenhängenden Gewährleistungs- und anderen Ansprüchen ...

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