Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablehnung eines PKH-Gesuchs wegen eines unvollständig ausgefüllten amtl. Vordrucks
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Ablehnung der Prozeßkostenhilfe analog § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO wegen Vorlage einer unvollständig ausgefüllten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse setzt eine wirksame Fristsetzung durch das Arbeitsgericht voraus. Dazu bietet es sich an, den unvollständig ausgefüllten Vordruck in Kopie zu den Gerichtsakten zu nehmen und den Originalvordruck, auf welchem die auszufüllenden Felder farblich markiert sind, an den Antragsteller zur Vervollständigung innerhalb der gesetzten Frist zurückzusenden.
2. Bei einem rechtzeitig eingegangenen, nicht beschiedenem PKH-Antrag (sog. „steckengebliebenes” PKH-Gesuch) kann dem Antragsteller auch nach Beendigung der Instanz noch Prozeßkostenhilfe gewährt werden, wenn bis zur Beendigung des Verfahrens die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung tatsächlich aussichtsreichund ein formgerechter Antrag mit den erforderlichen Belegen eingereicht war. Tritt Bewilligungsreife für die begehrte Prozeßkostenhilfe erst nach Abschluß der Instanz ein, weil der PKH-Vordruck erst danach vervollständigt wird, so scheidet in der Regel eine nachträgliche Bewilligung von Prozeßkostenhilfe aus.
3. Nach Eingang eines PKH-Gesuchs darf das Arbeitsgericht nicht bis zur Instanzbeendigung zuwarten und dann den PKH-Antrag wegen Unvollständigkeit der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zurückweisen. Es muß den Antragsteller vielmehr so rechtzeitig unter Fristsetzung auf die Mängel des PKH-Gesuchs hinweisen, daß dieser die Chance hat, sie vor der Instanzbeendigung zu beheben.
Normenkette
ZPO § 127 Abs. 2, § 118 Abs. 2, § 117 Abs. 2, 4
Verfahrensgang
ArbG Hamm (Entscheidung vom 27.09.2001; Aktenzeichen 1 Ca 2182/01) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Prozeßkostenhilfe-Ablehnungsbeschluß des Arbeitsgerichts Hamm vom 27.09.2001 – 1 Ca 2182/01 – aufgehoben:
Dem Kläger wird für den ersten Rechtszug mit Wirkung vom 14.09.2001 für das Verfahren im allgemeinen und für den Mehrvergleich in vollem Umfang Prozeßkostenhilfe bewilligt und ihm zur Wahrnehmung seiner Rechte in diesem Rechtszug Rechtsanwalt G1xx M3xxxxxxxxx aus H1xx mit der Maßgabe beigeordnet, daß er einstweilen keinen eigenen Beitrag zu den Kosten der Prozeßverfolgung zu leisten braucht.
Gründe
I. Mit Klageschrift vom 25.07.2001, bei dem Arbeitsgericht am 26.07.2001 eingegangen, hat der in der Zweigstelle H1xx seit 04.10.2001 als Erzieher beschäftigte Kläger Kündigungsschutzklage mit dem Antrag erhoben, festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 20.07.2001 weder mit sofortiger Wirkung noch zum 31.08.2001 geendet hat bzw. beendet werden wird, sondern unter den bisherigen vertraglichen Bedingungen weiter fortbesteht. Gleichzeitig hat er unter Vorlage einer nicht vollständig ausgefüllten und ohne Datum versehenen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse um Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nachgesucht.
Im Termin vom 14.09.2001 haben die Parteien einen Vergleich dahingehend geschlossen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen durch fristgerechte, arbeitgeberseitige Kündigung mit Ablauf des 31.08.2001 geendet hat. Zu Beginn der Güteverhandlung war der Kläger nicht anwesend, er ist nachträglich erschienen.
Mit Schriftsatz vom 19.09.2001, bei dem Arbeitsgericht am 20.09.2001 eingegangen, hat der Prozeßbevollmächtigte des Klägers eine vollständig ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, welche der Kläger am 14.09.2001 unterzeichnet hat, eingereicht.
Mit Beschluß vom 27.09.2001 (1 Ca 2182/01) hat das Arbeitsgericht den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zurückgewiesen.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, der Kläger habe seine Mitwirkungspflicht nach § 117 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt. Zwar habe er am 26.07.2001 bei Gericht eingehend eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt, jedoch keine Angaben zur Mitgliedschaft einer Gewerkschaft mit Anspruch auf Rechtsschutz oder den Bestand einer Rechtsschutzversicherung gemacht. Ebenso wenig habe er dargestellt, wie er seinen Lebensunterhalt bestreite. Die Angaben habe er mit einer weiteren, am 20.09.2001 bei Gericht eingegangenen Erklärung nachgeholt, allerdings verspätet nach Abschluß der Instanz durch Vergleich vom 14.09.2001.
Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 12.10.2001, bei dem Arbeitsgericht am 15.10.2001 eingegangen, Beschwerde eingelegt.
Zur Begründung trägt er vor, der Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe datiere vom 25.07.2001. Dem Antrag sei das PKH-Antragsformular beigefügt gewesen. Das Gericht habe jedoch das Fehlen von Unterlagen weder gerügt noch beanstandet, daß das Formular nicht vollständig ausgefüllt gewesen sei. Von daher gesehen habe er davon ausgehen müssen, daß ihm für diesen Rechtsstrei...