Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässiger Vorbehalt späterer Entscheidung über Ratenzahlungen
Leitsatz (amtlich)
1. Wenn das gesetzliche Schonvermögen durch die gezahlte Abfindung überschritten wird, hat der PKH-Empfänger im Kosteninteresse grundsätzlich mit einem Betrag in Höhe von 10% des Nennwertes einer Kündigungsabfindung (die Steuern ermäßigen den einzusetzenden Betrag nicht) für die entstandenen Kosten einzustehen (gegen LAG Bremen, Bes. v. 20.07.1988 – 1 Ta 38/88, LAGE § 115 ZPO Nr. 29; LAG Niedersachsen, Bes. v. 26.07.1998 – 16 Ta 143/98, LAGE § 115 ZPO Nr. 56).
2. Über die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe und die Ratenfestsetzung muß ein einheitlicher Beschluß ergehen. Ein Vorbehalt späterer Entscheidung über Ratenzahlungen ist vom Gesetz nicht gedeckt. Bei einem Vermögenszuwachs durch Erhalt einer Kündigungs- oder Sozialplanabfindung ist die dadurch erforderliche Abänderungsentscheidung nicht vom Richter nach §§ 114, 119 Satz 1 ZPO, sondern vom Rechtspfleger nach § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO i.V.m. § 20 Nr. 4 Buchst. c RPflG zu treffen.
Normenkette
ZPO §§ 114, 119 S. 1, § 115; BSHG § 88 Abs. 2 Ziff. 8 Hs. 2, Abs. 3; ZPO § 120 Abs. 4 S. 1; RPflG § 20 Nr. 4 Buchst.c; ZPO § 572 Abs. 3 n.F.; ArbGG § 68
Verfahrensgang
ArbG Bochum (Beschluss vom 22.08.2002; Aktenzeichen 2 Ca 1212/02) |
Tenor
Die (sofortige) Beschwerde des Klägers gegen den PKH-Abänderungsbeschluß des Arbeitsgerichts Bochum vom 22.08.2002 -2 Ca 1212/02 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I. Das Arbeitsgericht Bochum hat dem Kläger zur Durchführung eines Kündi-gungsschutzverfahrens mit Beschluß vom 13.06.2002 (2 Ca 1212/02) mit Wir-kung vom 30.04.2002 in vollem Umfang Prozeßkostenhilfe unter dem ausdrück-lichen Vorbehalt der Entscheidung, „ob und ggf. in welcher Höhe Raten zu za-hlen”, bewilligt und ihm Rechtsanwalt K. aus E. beigeordnet. Im Gütetermin vom 13.06.2002 haben die Parteien sodann nach der PKH-Bewilligung einen Vergleich geschlossen, wonach das Arbeitsverhältnis auf-grund arbeitgeberseitiger Kündigung mit dem 31.05.2002 beendet worden ist und die Beklagte an den Kläger wegen des Verlustes des Arbeitsplatzes eine Abfindung gemäß §§ 9, 10 KSchG in Höhe von 3.750,00 EUR zahlt.
Mit Beschluß vom 22.08.2002 (2 Ca 1212/02) hat der Vorsitzende den PKH-Bewilligungsbeschluß vom 13.06.2002 abgeändert und angeordnet, daß der Kläger auf die Kosten des Verfahrens einen Teilbetrag in Höhe von 375,00 EUR aus seinem Vermögen zu zahlen hat.
Gegen den ohne Rechtsmittelbelehrung versehenen und formlos zugestellten Beschluß hat der Kläger mit dem Schriftsatz vom 29.08.2002, bei dem Arbeits-gericht am 30.08.2002 eingegangen, Beschwerde mit der Begründung eingelegt, eine klare gesetzliche Regelung, daß eine Abfindungszahlung in Höhe von 10% eingesetzt werden müsse, wen Prozeßkostenhilfe bewilligt werde, existiere nicht. Desweiteren sei vorliegend zu beachten, daß der Betrag von 3.750,00 EUR ausweislich der Ziff. 2 des Vergleichs unter Berücksichtigung der etwaigen Urlaubsansprüche sowie der Entlohnung für geleistete Mehrarbeit gebildet worden sei. Als mitteilbares Entgelt sei der teilweise Einsatz der Abfindung für die Prozeßkosten nicht zumutbar.
Der Vorsitzende hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
II. Die nach §§ 46 Abs. 2 Satz 3 ArbGG, 127 Abs. 2 ZPO zulässige, form- und fristgerecht eingelegte (sofortige) Beschwerde ist unbegründet.
1. Mit Recht hat das Arbeitsgericht gegenüber dem Kläger die Zahlung eines Kostenbeitrags in Höhe von 10% der erhaltenen Abfindung gemäß § 115 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 88 Abs. 2 Ziff. 8 Hs. 2 BSHG angeordnet. Ein solcher Beitrag entspricht der ständigen Rechtsprechung der bisherigen beiden Beschwerdekammern des Landesarbeitsgerichts Hamm (vgl. LAG Hamm v. 21.02.1989 – 7 Ta 502/88, n.v.; LAG Hamm v. 21.01.1998 – 14 Ta 158/98, n.v.), der sich die beiden neuen Beschwerdekammern angeschlossen haben (vgl. LAG Hamm v. 29.05.2002 – 4 Ta 320/02, LAGReport 2003, 125 m. zust. Anm. Schwab; LAG Hamm v. 19.02.2003 – 18 Ta 40/03, n.v.).
1.1. Nach dieser Rechtsprechung stellt eine vom Arbeitnehmer im Vergleichswege erzielte Abfindung grundsätzlich einen nach § 115 Abs. 2 ZPO berücksichtigungsfähigen Vermögenswert dar. Zwar wird vereinzelt die Auffassung vertreten, daß eine Kündigungsschutzabfindung als zweckgebundenes Vermögen nicht für die Kostenerstattung zur Verfügung steht (vgl. LAGBremen v. 20.07.1988 – 1 Ta 38/98, LAGE § 115 ZPO Nr. 29; LAGNiedersachsen v. 26.07.1998 – 16 Ta 143/98, LAGE § 115 ZPO Nr. 56). Diese Auffassung wird jedoch von der weit überwiegenden Mehrheit der übrigen Landesarbeitsgerichte nicht geteilt (vgl. LAGSchleswig-Holstein v. 24.06.1987 – 5 Ta 91/87, LAGE § 115 ZPO Nr. 25; LAGFrankfurt/Main v. 07.04.1988 – 13 Ta 28/88, LAGE § 115 ZPO Nr. 28; LAG Berlin v. 05.04.1989 – 9 Ta 6/89, LAGE § 115 ZPO Nr. 34; LAGNürnberg v. 24.08.1989 – 4 Ta 39/89, LAGE § 115 ZPO Nr. 40; LAGRheinland-Pfalz v. 06.03.1995 – 4 Ta 14/95, LAGE § 115 ZPO Nr. 51; LAGKöln v. 07.03.1995 – 7 Ta 22/95, ...