Entscheidungsstichwort (Thema)

Einigungsstellenbesetzung. ordnungsgemäßer Betriebsratsbeschluss. offensichtliche Unzuständigkeit. Beginn und Ende der Arbeitszeit und Verteilung der Arbeitszeit. Entlohnungsgrundsätze. Tarifvorrang. kollektive Regelung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein ordnungsgemäßer Betriebsratsbeschluss erfordert, dass der Beschluss mit der Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder gefasst wird. Ein Betriebsrat ist nur beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der Betriebsratsmitglieder an der Beschlussfassung teilnimmt. Betriebsratsbeschlüsse können auch grundsätzlich nur auf einer ordnungsgemäßen Sitzung des Betriebsrats gefasst werden. Die Beschlussfassung setzt insoweit eine ordnungsgemäße Ladung der Betriebsratsmitglieder unter Mitteilung der Tagesordnung voraus.

2. Eine Einigungsstelle kann nur für die Thematik eingesetzt werden, die von einem formell ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschluss gedeckt ist.

3. Der Tarifvorrang des § 87 Abs. 1 BetrVG führt zur offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle i.S.v. § 98 ArbGG.

 

Normenkette

ArbGG § 98; BetrVG § 29 Abs. 2-3, § 33 Abs. 1-2, §§ 76, 87 Abs. 1, 1 Nr. 2, § 10

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Beschluss vom 01.10.2007; Aktenzeichen 6 BV 140/07)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 01.10.2007 – 6 BV 140/07 – unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert:

Zum Vorsitzenden der Einigungsstelle im Betrieb der Arbeitgeberin mit den Regelungsgegenständen

  • Betriebliches Lohnschema bei der Arbeitgeberin im Objekt „Kraftwerk H1” in den Bereichen Contherm Annahmebereich und Contherm Fahrdienst,
  • Lage der Arbeitszeit im Objekt „Kraftwerk H1” im Bereich Contherm Anlage

wird der Vorsitzende Richter am Landesarbeitsgericht Hamm Peter Bertram bestellt.

Die Zahl der Beisitzer von jeder Seite wird auf zwei festgesetzt.

 

Tatbestand

A

Die Beteiligten streiten um die Einsetzung einer Einigungsstelle.

Die Arbeitgeberin betreibt im Kraftwerk H1 die Industriereinigung. In ihrem Betrieb waren zuletzt 26 Mitarbeiter beschäftigt.

Antragsteller des vorliegenden Verfahrens ist der im Frühjahr 2006 gewählte Betriebsrat, der aus drei Personen besteht.

Seit der Übernahme des Betriebes durch die jetzige Arbeitgeberin wendet diese die für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge für das Gebäudereinigerhandwerk an. Die überwiegende Anzahl der Mitarbeiter der Arbeitgeberin führt Reinigungsarbeiten durch. Ein Teil der Mitarbeiter ist mit der Befüllung/Befeuerung der sogenannten Contherm-Anlage mit Müll beschäftigt. Im sogenannten Contherm-Bereich sind regelmäßig vier Mitarbeiter sowie zusätzlich zwei Mitarbeiter im Fahrdienst tätig, diese führen unter anderem Radlader. Auf das Organigramm (Bl. 14 d.A.) wird Bezug genommen.

Im sogenannten Contherm-Bereich wurde in der Vergangenheit in zwei Schichten von 6.00 Uhr bis 14.00 Uhr und von 14.00 Uhr bis 22.00 Uhr gearbeitet; bei einer täglichen Arbeitszeit von acht Stunden jeweils montags bis freitags wurden 40 Stunden wöchentlich vergütet.

Um die vorgeschriebenen Ruhepausen von 30 Minuten einzuhalten, beabsichtigte die Arbeitgeberin, die restlichen Arbeitsstunden jeweils am letzten Samstag im Monat arbeiten zu lassen. Verhandlungen hierüber mit dem Betriebsrat führten zu keiner Einigung. Auf den zwischen der Arbeitgeberin und dem Betriebsrat geführten Schriftverkehr (Bl. 15 ff.d.A. 4 BVGa 23/07 Arbeitsgericht Dortmund = 10 TaBVGa 19/07 Landesarbeitsgericht Hamm) wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 20.08.2007 teilte die Arbeitgeberin den Mitarbeitern in der Contherm-Anlage mit:

„Der Betriebsrat hat meinem Vorschlag zur Neuregelung der Arbeitszeit im ConTherm-Annahmebereich nicht zugestimmt, sodass es bei der bisherigen Regelung verbleibt.

Die geleisteten Stunden werden von dem Vorarbeiter erfasst und Ihnen zur Gegenzeichnung vorgelegt. Soweit die tarifliche Arbeitszeit dadurch nicht ausgeschöpft wird, biete ich die Arbeitsleistung generell am letzten Samstag im Monat an.”

Nachdem der Betriebsrat mit Schreiben vom 20.08.2007 (Bl. 22 d.A.) und vom 21.08.2007 (Bl. 24 d.A.) auf seine Mitbestimmungsrechte hingewiesen hatte, erklärte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat mit Schreiben vom 22.08.2007 (Bl. 25 d.A.):

„Der Betriebsrat hat einer Neuregelung zur Arbeitszeit aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen nicht zugestimmt, sodass ich diese nun nicht weiter verfolge. Allerdings bringt dies mit sich eine Bezahlung gemäß Tarif und Arbeitsvertrag. Das dürften auch Sie einsehen, denn nirgendwo ist geregelt, dass der Arbeitgeber Stunden zu bezahlen hat, die nicht geleistet wurden, obwohl Arbeit angeboten wurde. Ich verweise auf § 615 BGB.

Bei der vom Betriebsrat gewünschten Schichtzeit 06.00 h bis 14.00 h und 14.00 bis 20.00 h sind schon bei einfacher Berechnung nur 7,5 Stunden Arbeitszeit zu erreichen, sodass darüber hinaus den Mitarbeitern Arbeit am Samstag angeboten wird, damit diese das Stundensoll gemäß Arbeitsvertrag und Tarifvertrag erreichen können. Der Betriebsrat...

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