Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschlussverfahren. einstweilige Verfügung. Beteiligung am Beschlussverfahren. Herausgabe einer Mitarbeiterliste an den Wahlvorstand durch einen Arbeitgeber eines Gemeinschaftsbetriebs. ordnungsgemäße Bestellung des Wahlvorstandes. ordnungsgemäße Einleitung des Beschlussverfahrens durch Wahlvorstand. rechtzeitige Ladung. ordnungsgemäße Mitteilung der Tagesordnungspunkte. Vermutung eines gemeinsamen Betriebes
Leitsatz (redaktionell)
Der Arbeitgeber hat auch dann dem Wahlvorstand eine Liste aller Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen, wenn die beabsichtigte Betriebsratswahl wegen Verkennung des Betriebsbegriffs anfechtbar wäre.
Normenkette
ZPO §§ 935, 940; ArbGG § 85 Abs. 2, § 83 Abs. 3; BetrVG § 1 Abs. 2, § 16 Abs. 1, § 18 Abs. 1, §§ 29, 33; WO § 1 Abs. 3, § 2 Abs. 1-2
Verfahrensgang
ArbG Paderborn (Beschluss vom 04.02.2010; Aktenzeichen 1 BVGa 1/10) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Wahlvorstandes wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 04.02.2010 – 1 BVGa 1/10 – abgeändert.
Den Beteiligten zu 2. und 3. wird im Wege der einstweiligen Verfügung aufgegeben, an den Wahlvorstand jeweils eine Liste herauszugeben
- mit allen bei ihnen beschäftigten Arbeitnehmern unter Angabe der Namen und Vornamen, des Geburts- und Eintrittdatums und des Geschlechts, wobei die aus Sicht der Beteiligten zu 2. bzw. 3. als leitende Angestellte einzustufenden Arbeitnehmer zu kennzeichnen sind, und
- mit allen bei ihnen tätigen Leiharbeitnehmern, die am 24.04.2010 länger als 3 Monate im Betrieb eingesetzt sind oder länger als 3 Monate im Betrieb eingesetzt werden sollen, unter Angabe der Namen und Vornamen, des Geburtsdatums und des Geschlechts.
Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorgenannte Verpflichtung wird den Beteiligten zu 2. und 3. ein Zwangsgeld von 10.000,00 EUR angedroht.
Tatbestand
A
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens um die Erteilung von Auskünften zur Anfertigung einer Wählerliste für eine bevorstehende Betriebsratswahl.
Der Antragsteller und Beteiligte zu 1. ist der fünfköpfige Wahlvorstand des Gemeinschaftsbetriebs S1, der aus folgenden sieben Unternehmen besteht:
- S1 N2 GmbH u. Co. KG
- T1 A3. S11 GmbH u. Co. KG
- B2 D3 GmbH
- C2 N2 GmbH u. Co. KG
- S16 & G2 Getränke GmbH u. Co. KG
- K5-S16-K5 Technische Betriebswerkstätten GmbH u. Co. KG
- P6 K3 GmbH & Co. KG.
In der Vergangenheit war zwischen den Betriebsparteien lange Zeit streitig, ob die beteiligten Unternehmen einen Gemeinschaftsbetrieb bilden. Anlässlich der im Jahre 2006 stattfindenden Betriebsratswahlen war zwischen den damaligen Betriebsparteien insbesondere streitig, ob zu dem Gemeinschaftsbetrieb der Firma S1 auch die Firma P6 K3 GmbH & Co. KG sowie die Firma H2. S2 I2 GmbH & Co. KG, die Beteiligte zu 2. des vorliegenden Verfahrens, sowie die Firma F2 L1 GmbH, die Beteiligte zu 3. des vorliegenden Verfahrens, gehören. Der damalige Wahlvorstand hatte ebenfalls in einem einstweiligen Verfügungsverfahren die Firma K3 und die Beteiligten zu 2. und 3. des vorliegenden Verfahrens auf Auskunft hinsichtlich der bei ihnen beschäftigten Mitarbeiter in Anspruch genommen. Durch Beschluss vom 10.03.2006 – 2 (1) BVGa 1/06 – hatte das Arbeitsgericht die Anträge des damaligen Wahlvorstands abgewiesen. Der Beschluss des Arbeitsgerichts vom 10.03.2006 wurde gegenüber den Beteiligten zu 2. und 3. des vorliegenden Verfahrens rechtskräftig. Auf die gegen die Firma P6 K3 beschränkte Beschwerde des Wahlvorstands – 13 TaBV 26/06 Landesarbeitsgericht Hamm – wurde die Firma P6 K3 durch Beschluss vom 29.03.2006 antragsgemäß zur Herausgabe einer Liste mit allen bei ihr beschäftigten Arbeitnehmern verurteilt. Auf den Beschluss des erkennenden Gerichts vom 29.03.2006 – 13 TaBV 26/06 – (Bl. 14 ff. d. A.) wird Bezug genommen.
Die anschließend unter Einschluss der Firma K3 im Jahre 2006 stattgefundene Betriebsratswahl im Gemeinschaftsbetrieb S1 wurde seinerzeit nicht angefochten.
Am 03.07.2009 bestellte der für den Gemeinschaftsbetrieb S1 gewählte dreizehnköpfige Betriebsrat einen Wahlvorstand für die Ende April 2010 beabsichtigte Betriebsratswahl. Ob die Bestellung des Wahlvorstands ordnungsgemäß vorgenommen wurde, ist zwischen den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens streitig. Auf die Einladung vom 01.07.2009 (Bl. 8 f. d. A.) zur Betriebsratssitzung vom 03.07.2009, die Teilnehmerliste der Betriebsratssitzung vom 03.07.2009 (Bl. 10 d. A.) und die Niederschrift über die Betriebsratssitzung vom 03.07.2009 (Bl. 11 ff. d. A.) wird Bezug genommen.
In TOP 10 der Niederschrift vom 06.07.2009 heißt es:
„Es wird der Antrag gestellt, G1 K1, F3 S12, J2 S13, A6 U1 und P7 W3 als ordentliche Mitglieder in den Wahlausschuss gewählt werden.
Abstimmungsergebnis: Ja : 11
Nein : 0
Enthaltung: : 2
Der Antrag ist angenommen.
Es wird der Antrag gestellt, I3 S14 und T2 P8 als Nachrücker in den Wahlvorstand zu wählen.
Abstimmungsergebnis: Ja : 10
Nein : 0
Enthaltung: : 2
Der Antrag ist angenommen.”
Nachdem der fünfköpfige Wahlvorstand das Wahlvorstandsmitglied...