Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei der Freistellung von Betriebsratsmitgliedern
Leitsatz (amtlich)
Leiharbeitnehmer werden bei der Ermittlung der Arbeitnehmerzahlen des § 38 Abs. 1 BetrVG n.F. nicht berücksichtigt.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht durch die Einräumung des aktiven Wahlrechts für Leiharbeitnehmer durch § 7 S. 2 BetrVG n.F., weil der Arbeitnehmerbegriff des § 5 Abs. 1 BetrVG n.F. nicht geändert worden ist.
Normenkette
BetrVG §§ 5, 7 S. 2, §§ 9, 38 Abs. 1; AÜG § 14
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Herne vom 05.06.2002 – 1 BV 1/02 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob bei der für die Freistellung eines Betriebsratsmitglieds maßgeblichen Arbeitnehmerzahl die im Betrieb des Arbeitgebers beschäftigten Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen sind.
Der Arbeitgeber ist im Rohrleitungs- und Apparatebau tätig. In seinem Betrieb sind durchgehend ca. 160 bis 165 ständig beschäftigte Arbeitnehmer tätig. Neben den ständig beschäftigten Arbeitnehmern beschäftigte der Arbeitgeber in der Vergangenheit durchschnittlich monatlich ca. 100 Leiharbeitnehmer. Hinsichtlich der Anzahl des monatlich eingesetzten Fremdpersonals wird auf die Aufstellungen „Entwicklung Mitarbeiter” (Bl. 7, 16 ff., 29 f., 96, 112 f. d.A.) Bezug genommen. Ob von den eingesetzten Leiharbeitnehmern monatlich lediglich ca. 25 Leiharbeitnehmer länger als drei Monate im Betrieb des Arbeitgebers tätig gewesen sind, ist zwischen den Beteiligten streitig.
Im Betrieb des Arbeitgebers war ein siebenköpfiger Betriebsrat gewählt worden. In seiner Sitzung vom 18.09.2001 beschloss der Betriebsrat, dass sein Vorsitzender in vollem Umfang von seiner beruflichen Arbeit freigestellt werde; diese Freistellung solle zum 01.10.2001 in Kraft treten (Bl. 6 d.A.). Da sich der Arbeitgeber hiermit nicht einverstanden erklärte, beschloss der Betriebsrat in seiner Sitzung vom 01.10.2001, insoweit eine Entscheidung des Arbeitsgerichts herbeiführen zu lassen (Bl. 5 d.A.).
Mit dem am 18.01.2002 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren machte der Betriebsrat daraufhin die Freistellung eines Betriebsratsmitglieds von der beruflichen Tätigkeit geltend.
Am 19.03.2002 fand im Betrieb des Arbeitgebers die turnusmäßige Betriebsratswahl statt. Dabei wurde ein aus neun Personen bestehender Betriebsrat gewählt, dessen Anzahl der Arbeitgeber unter Vorbehalt einer richterlichen Entscheidung zunächst akzeptiert hat. Die Betriebsratswahl wurde nicht angefochten.
Zur Begründung seines Freistellungsbegehrens nach § 38 BetrVG hat der Betriebsrat vorgetragen, dass neben den im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmern seit Oktober 2000 zusätzlich monatlich zwischen 92 und 191 Leiharbeitnehmer eingesetzt worden seien. Dies ergebe eine monatliche Gesamtzahl von durchschnittlich 267 Mitarbeitern, die vom Betriebsrat zu betreuen seien. Die Gesamtzahl der Beschäftigten übersteige die Mindestanzahl des § 38 Abs. 1 BetrVG von 200 Arbeitnehmern. Dabei seien auch die Leiharbeitnehmer mitzurechnen.
Auch aus dem Wahlausschreiben vom 29.01.2001 (Bl. 47 ff. d.A.) ergebe sich, dass mindestens 25 der dort aufgeführten Leiharbeitnehmer ununterbrochen länger als drei Monate im Betrieb tätig gewesen seien. Die Leiharbeitnehmer würden jedoch ganz überwiegend mit mehr oder weniger langen Unterbrechungen immer wieder im Betrieb des Arbeitgebers beschäftigt, so dass mindestens 58 Leiharbeitnehmer pro Jahr länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt würden. Da die Wahlberechtigung nicht die ununterbrochene Beschäftigung von drei Monaten voraussetze, seien diese Arbeitnehmer ebenfalls wahlberechtigt und folglich bei den Arbeitnehmergrenzzahlen nach den §§ 9, 38 BetrVG zu berücksichtigen.
Die Betriebsratstätigkeit erstrecke sich in mehreren Hinsichten auch auf die im Betrieb beschäftigten Leiharbeitnehmer. So habe der Betriebsrat darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt würden. Auch seine allgemeinen Aufgaben nach § 80 BetrVG bezögen sich auf die im Betrieb beschäftigten Leiharbeitnehmer. Ebenfalls sei er bei Informationen und Beratungen hinsichtlich der Personalplanung nach § 92 BetrVG im Hinblick auf die Leiharbeitnehmer umfassend zu unterrichten. Der Arbeitgeber habe mit ihm über Art und Umfang der erforderlichen Maßnahmen und über die Vermeidung von Härten zu beraten. Eventuelle Auswahlrichtlinien nach § 95 BetrVG hätten sich auch auf Leiharbeitnehmer zu erstrecken. Schließlich habe er auch im Rahmen des § 99 BetrVG bei Leiharbeitnehmern mitzubestimmen.
Der Betriebsrat hat beantragt,
dem Arbeitgeber aufzugeben, ein Betriebsratsmitglied von der beruflichen Tätigkeit ab sofort freizustellen.
Der Arbeitgeber hat beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Er hat di...