Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenerstattung im Beschlussverfahren. Anwaltskosten. ordnungsgemäße Betriebsratsbeschlüsse. Erforderlichkeit der Anwaltsbeauftragung. Betriebsratsbeschluss bei Beauftragung eines Anwalts durch Jugend- und Auszubildendenvertretung
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein wirksamer Beschluss des Betriebsrats ist sowohl zur Verfahrenseinleitung als auch zur wirksamen Beauftragung eines Rechtsanwalts erforderlich. Fehlt es daran, ist der Betriebsrat gerichtlich nicht wirksam vertreten und kommt ein Prozessrechtsverhältnis nicht zustande. Für den Betriebsrat gestellte Anträge sind dann als unzulässig abzuweisen.
2. Nach § 40 Abs. 1 BetrVG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten zu tragen. Hierunter fallen auch solche Kosten, die im Zusammenhang mit der gerichtlichen Inanspruchnahme von Rechten des Betriebsrats anfallen.
3. Der Verweis in § 65 BetrVG für die Geschäftsführung der Jugend- und Auzubildendenvertretung, u.a. auch auf § 40 BetrVG, führt nicht dazu, dass diese berechtigt wäre, eigenmächtig kostenauslösende Beschlüsse zu fassen. Sie ist nicht berechtigt, eigenständig durch Beschlussfassung Kosten für den Arbeitgeber nach § 40 BetrVG auszulösen. Es bedarf insoweit vielmehr der Beschlussfassung durch den Betriebsrat. Die Jugend- und Auszubildendenvertretung ist kein eigenständiger Repräsentant der jugendlichen Arbeitnehmer und kein selbstständiges Mitwirkungsorgan der Betriebsverfassung.
Normenkette
BetrVG § 40 Abs. 1, § 65 Abs. 1, § 67 Abs. 2, § 78a
Verfahrensgang
ArbG Detmold (Beschluss vom 06.03.2008; Aktenzeichen 3 BV 90/07) |
Tenor
Die Beschwerde der Jugend- und Auszubildendenvertretung und des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Detmold vom 06.03.2008 – 3 BV 90/07 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
A
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Arbeitgeberin verpflichtet ist, die Antragsteller von den Kostenrechnungen der von ihnen im Zusammenhang mit zwei arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren beauftragten Rechtsanwälten freizustellen.
Die Arbeitgeberin betreibt in D1 und L2 Kliniken mit ca. 2.700 Mitarbeitern, darunter ca. 25 Auszubildenden. Im Betrieb der Arbeitgeberin ist ein Betriebsrat sowie eine Jugend- und Auszubildendenvertretung – JAV – gebildet.
Im Sommer des Jahres 2005 kam es zwischen den Beteiligten zu einer Auseinandersetzung über die Weiterbeschäftigung eines Mitglieds der JAV, des Auszubildenden N1 H1 nach § 78 a BetrVG. Mit einem am 23.06.2005 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren machte die Arbeitgeberin die Feststellung geltend, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen ihr und dem JAV-Mitglied H1 nach Ablauf von dessen Ausbildungszeit am 31.07.2005 nicht begründet würde – 1 BV 26/05 Arbeitsgericht Detmold –. In diesem Beschlussverfahren war der beteiligte Betriebsrat durch Rechtsanwalt I1, das JAV-Mitglied H1 durch die Gewerkschaft ver.di vertreten. Mit Schreiben vom 13.07.2005 (Bl. 12 d.A.) teilte die JAV der Arbeitgeberin mit, dass sie in ihrer Sitzung vom 12.07.2005 beschlossen habe, in der vorbezeichneten Angelegenheit Herrn Rechtsanwalt W2 mit der Wahrung der Interessen der JAV zu beauftragen. Daraufhin meldete sich Rechtsanwalt W2 mit Schriftsatz vom 13.07.2005 (Bl. 15 d.A. 1 BV 26/05 Arbeitsgericht Detmold) für die JAV und beantragte, den Antrag der Arbeitgeberin zurückzuweisen.
Das Beschlussverfahren 1 BV 26/05 wurde anschließend nach Abschluss eines Arbeitsvertrages mit dem JAV-Mitglied H1 übereinstimmend für erledigt erklärt. Den Beteiligten wurde mitgeteilt, dass der Gegenstandswert für das Verfahren 1 BV 26/05 sich auf 7.111,90 EUR belaufe (Bl. 39 R d.A. 1 BV 26/05 Arbeitsgericht Detmold).
Rechtsanwalt W2 übermittelte daraufhin am 02.11.2005 der Arbeitgeberin eine Kostenrechnung über insgesamt 1.741,39 EUR (Bl. 6 f.d.A. 1 BV 19/06 Arbeitsgericht Detmold). Mit Schreiben vom 12.12.2005 (Bl. 8 d.A. 1 BV 19/06 Arbeitsgericht Detmold) wies die Arbeitgeberin den Betriebsrat darauf hin, dass eine Erstattung der Rechtsanwaltskosten des Rechtsanwalts W2 nicht in Betracht komme, da es an einem erforderlichen Betriebsratsbeschluss fehle, die JAV könne nicht allein eine Kostentragungspflicht nach § 40 BetrVG auslösen. Im Übrigen sei die Kostenrechnung vom 02.11.2005 überhöht.
Mit Schreiben vom 29.03.2006 (Bl. 71 d.A. 1 BV 19/06 Arbeitsgericht Detmold) teilte die JAV der Arbeitgeberin daraufhin mit, dass sie in ihrer Sitzung vom 28.03.2006 beschlossen habe, Herrn Rechtsanwalt W2 zu beauftragen, ein Beschlussverfahren gegen die Arbeitgeberin mit dem Ziel einzuleiten, die JAV von der Kostenrechnung von Herrn Rechtsanwalt W2 vom 02.11.2005 freizustellen. Ein gleichlautendes Schreiben richtete auch der Betriebsrat am 29.03.2006 an die Arbeitgeberin (Bl. 72 d.A. 1 BV 19/06 Arbeitsgericht Detmold).
Mit dem am 06.04.2006 daraufhin beim Arbeitsgericht Detmold eingeleiteten Beschlussverfahren – 1 BV 19/06 – machten die JAV und der Betriebsrat ihre Freistellung au...