Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit des Rechtswegs. Abhilfeentscheidung und vollbesetzte Kammer. Rechtsweg zu den Zivilgerichten. Rückgewähr der Lohnsteuern. Insolvenzverwalter gegen Finanzverwaltung
Leitsatz (amtlich)
1. Für den Beschluss über die Zulässigkeit des Rechtsweges sowie die Abhilfeentscheidung bei einer sofortigen Beschwerde in Rechtswegprüfungen ist die vollbesetzte Kammer zuständig. Eine Zurückweisung an das Arbeitsgericht kommt trotz einer fehlerhaften Entscheidung durch den Vorsitzenden allein jedoch nicht in Betracht.
2. Für die Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Insolvenzverwalter und der Finanzverwaltung des Landes, die den Anspruch des Insolvenzverwalter auf Rückgewähr der vom Finanzamt eingezogenen Lohnsteuern nach § 143 InsO zum Gegenstand haben, ist der Rechtsweg zu den Zivilgerichten eröffnet (vgl. auch BGH, Beschluss vom 06.12.2012 - IX ZB 84/12, NZA 2013, 694 und BGH, Beschluss vom 24.03.2011 - IX ZB 36/09, NJW 2011, 1365 zur Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Zivilgerichten für Klagen des Insolvenzverwalters auf Rückgewähr der Beitragszahlungen des Arbeitgebers an eine Sozialeinrichtung bzw. der Sozialversicherungsbeiträge an einen Sozialversicherungsträger)
Normenkette
GVG § 17 a; ArbGG § 48; InsO § 143; ArbGG § 78 S. 3, § 2 Abs. 1 Nr. 3 a
Verfahrensgang
ArbG Detmold (Entscheidung vom 03.07.2013; Aktenzeichen 3 Ca 192/13) |
Nachgehend
Tenor
Die sofortige Beschwerde des klagenden Landes gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Detmold vom 03.07.2013 - 3 Ca 192/13 wird auf Kosten des klagenden Landes zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1300,00 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird für beide Parteien zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten im Beschwerdeverfahren über die Zulässigkeit des Rechtsweges für die vom klagenden Land erhobene negative Feststellungsklage wegen des Streits um das Bestehen eines Rückzahlungsanspruchs des Beklagten nach einer erklärten Insolvenzanfechtung.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Detmold vom 01.04.2011 (10 IN 46/11) wurde über das Vermögen des Herrn J1 M1, B1 S1, handelnd unter "Hotel Stadt H1", das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.
Durch das zuständige Finanzamt D1 des klagenden Landes wurden zur Beitreibung rückständiger Steuerverbindlichkeiten innerhalb des anfechtungsrelevanten Zeitraums im Rahmen der Zwangsvollstreckung folgende Beträge durch Pfändungen des Geschäftskontos des Insolvenzschuldners bei der Volksbank B1 S1 eingezogen:
17.11.2010 5.446,86 €
30.11.2010 5.153,23 €
13.01.2011 4.744,57 €.
Mit Schreiben vom 19.11.2012 forderte der Beklagte die Finanzverwaltung des klagenden Landes, das Finanzamt D1, unter Hinweis auf das Vorliegen der Voraussetzungen der insolvenzrechtlichen Anfechtung auf, den Gesamtbetrag in Höhe von 15.344,66 € unter Fristsetzung bis zum 29.11.2012 zu erstatten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens vom 19.11.2012 wird auf Bl. 47 bis 49. d.A. Bezug genommen.
Unter dem 17.12.2013 teilte das Finanzamt D1 dem Beklagten mit, dass die auf Umsatzsteuer, diesbezügliche Nebenleistungen und Vollstreckungskosten gebuchten 12.095,95 EUR auf ein Anderkonto überwiesen wurden, die auf Lohnsteuern nebst Annexsteuern verbuchten 3.248,71 EUR dagegen nicht der Insolvenzmasse zugeführt würden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens des Finanzamtes D1 vom 17.12.2012 wird auf Bl. 50 d.A. Bezug genommen.
Nachdem der Prozessbevollmächtigte des Beklagten die Finanzverwaltung des klagenden Landes mit Schreiben vom 23.11.2013 zur Zahlung des restlichen Betrages in Höhe von 3.248,71 EUR unter Fristsetzung und Hinweis auf die erklärte Anfechtung aufgefordert hat, hat das klagende Land unter dem 06.02.2013 die streitgegenständliche negative Feststellungsklage erhoben.
Das klagende Land ist der Ansicht, dass der Betrag in Höhe von 3.248,71 EUR rückständige Lohnsteuern sowie Annexsteuern betreffe und daher nicht zur Insolvenzmasse gehöre. Dies folge zum einen daraus, dass es sich dabei um ein schuldnerfremdes Vermögen, nämlich Vermögen der Arbeitnehmer handele. Da es sich dabei um Treuhandvermögen der Arbeitnehmer handele, gehöre es nicht zur Insolvenzmasse, sodass auch eine insolvenzrechtliche Anfechtung nicht in Betracht komme. Darüber hinaus macht das klagende Land geltend, dass die Anfechtung nicht gegenüber ihm, sondern gegenüber den jeweiligen Arbeitnehmern hätte erklärt werden müssen, weil es sich insoweit um Arbeitslohn handele.
Das klagende Land hat folgende Anträge angekündigt:
1.
Es wird festgestellt, dass dem Beklagten keine Forderung aus einer die Anfechtung der Zahlung von Lohnsteuer, Kirchensteuer, des Solidaritätszuschlages sowie dafür verwirkte Säumniszuschläge zusteht;
2.
Es wird festgestellt, dass dem Beklagten keine Forderung auf Erstattung von Anwaltskosten zusteht, soweit es um die Einziehung des hier streitigen Betrages von 3.248,71 € geht.
Nachdem der Beklagte zur Frage der Zulässi...