Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswert. Beschlussverfahren. Einstellung. Arbeitnehmer. Mehrzahl von personellen Maßnahmen

 

Leitsatz (redaktionell)

Für den Antrag, die Einstellung von sechs Arbeitnehmern aufzuheben, ist für den ersten Arbeitnehmer die dreifache Bruttomonatsvergütung des betroffenen Arbeitnehmers und für die weiteren fünf Fälle jeweils 25% des individuell ermittelten Ausgangswerts (= dreifaches Bruttomonatsentgelt) zugrunde zu legen.

 

Normenkette

RVG § 23 Abs. 3, § 33; BetrVG § 99 Abs. 1, § 101

 

Verfahrensgang

ArbG Paderborn (Beschluss vom 05.11.2007; Aktenzeichen 3 BV 37/07)

 

Tenor

Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 05.11.2007 – 3 BV 37/07 – wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

 

Tatbestand

I.

Im Ausgangsverfahren hat der Betriebsrat mit seinem Antrag zu 1) verlangt, der Arbeitgeberin zu untersagen, Leiharbeitnehmer ohne vorherige Beteiligung einzustellen. Mit dem Antrag zu 2) hat er begehrt, die vorgenommene Einstellung von sechs Mitarbeitern aufzuheben.

Nach dem vergleichsweisen Abschluss des Verfahrens hat das Arbeitsgericht auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates zunächst mit Beschluss vom 21.09.2007 den Gegenstandswert auf insgesamt 68.514,14 EUR festgesetzt. Es ist dabei von 4.000,00 EUR für den Antrag zu 1) zuzüglich jeweils den dreifachen Betrag der Bruttomonatsvergütung der insgesamt sechs betroffenen Arbeitnehmer ausgegangen.

Gegen diesen Beschluss hat die Arbeitgeberin insoweit Beschwerde eingelegt, als für den Antrag zu 2) insgesamt 64.514,14 EUR als Gegenstandswert in Ansatz gebracht worden sind. Sie hält es für angemessen, für die erste Einstellung 4.000,00 EUR und für die weiteren fünf Einstellungen jeweils 100,00 EUR zu berücksichtigen, insgesamt also den Antrag zu 2) mit einem Betrag von 4.500,00 EUR zu bemessen.

Daraufhin hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 05.11.2007 der Beschwerde teilweise abgeholfen und für den Antrag zu 2) einen Betrag in Höhe von 27.378,60 EUR in Ansatz gebracht (Vierteljahresverdienst des ersten Mitarbeiters und Kürzung auf jeweils 25% des Ausgangswertes bei den übrigen fünf Mitarbeitern). Im Übrigen hat es der Beschwerde nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gemäß § 33 RVG zulässige Beschwerde der Arbeitgeberin ist, soweit ihr nicht mit Beschluss des Arbeitsgerichts vom 05.11.2007 abgeholfen worden ist, unbegründet.

Denn zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht für den Antrag zu 2) hinsichtlich der ersten Einstellung die dreifache Bruttomonatsvergütung des betroffenen Arbeitnehmers und für die weiteren fünf Fälle jeweils 25% des individuell ermittelten Ausgangswertes (= dreifaches Bruttomonatsentgelt) zugrunde gelegt.

Die Wertfestsetzung richtet sich nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG. Hiernach ist der Gegenstandswert in Fällen der vorliegenden Art grundsätzlich nach billigem Ermessen zu bestimmen. Allerdings kommt diese Art der Wertfestsetzung als Auffangtatbestand erst hinter allen sonstigen Bewertungsfaktoren zum Zuge. Wo ein objektiver Wert festgestellt werden kann, kommt es in erster Linie auf ihn an. Für das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren folgt hieraus, dass die wirtschaftliche Bedeutung des jeweiligen Streitgegenstandes namentlich bei personellen Einzelmaßnahmen im Vordergrund stehen muss (LAG Hamm, Beschl. v. 24.11.1994 – LAGE BRAGO § 8 Nr. 27; LAG Hamm, Beschl. v. 12.06.2001 – LAGE BRAGO § 8 Nr. 50; Beschl. v. 11.10.2006 – 10 Ta 481/06; Beschl. v. 20.11.2006 – 13 Ta 670/06; GK-ArbGG/Wenzel, § 12 Rdnr. 194, 441 ff. m. w. N.).

Geht es – wie hier – im Rahmen des § 99 BetrVG um Einstellungen, rechtfertigt es die wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit, sich an dem Streitwertrahmen des § 42 Abs. 4 GKG zu orientieren und auf die Bewertung einer entsprechenden Klage im Urteilsverfahren zurückzugreifen (zuletzt z. B. LAG Hamm, Beschl. v. 20.11.2006 – 13 Ta 670/06; LAG Hamm, Beschl. v. 11.10.2006 – 10 Ta 561/06; GK-ArbGG/ Wenzel, § 12 Rdnr. 482, jeweils m. w. N.). Denn es ist nicht gerechtfertigt, die Bemühungen des Arbeitgebers, über die

§ 99 f. BetrVG den Weg zur Durchführung einer personellen Einzelmaßnahme freizumachen, im Rahmen des § 23 Abs. 3 S. 2 RVG höher zu bewerten als der sich gegebenenfalls anschließende Streit im Urteilsverfahren um den Bestand der Maßnahme (z.B. LAG Köln LAGE BRAGO § 8 Nr. 44a).

Dementsprechend ist bei Einstellungen grundsätzlich das für ein Vierteljahr zu leistende Arbeitsentgelt in Ansatz zu bringen.

Entsprechende Erwägungen gelten für den hier auf § 101 BetrVG gestützten Antrag des Betriebsrates, die ohne seine ordnungsgemäße Beteiligung erfolgten Einstellungen aufzuheben (z. B. LAG Hamm, Beschl. v. 04.06.2003 – 10 TaBV 53/03; Beschl. v.12.09.2003 – 13 TaBV 126/03; Beschl. v. 19.10.2006 – 13 Ta 508/06; zustimmend GK-ArbGG/ Wenzel; § 12 Rdnr. 488).

So errechnet sich für die erste Einstellung im Rahmen des Antrages zu 2) ein Gegenstandswert in Höhe von 15.000,00 EUR (5.000,00 × 3).

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