Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert im Beschlussverfahren. nichtvermögensrechtliche Streitigkeit. Fortbestands des Mandats des Betriebsrats. Vergleichbarkeit mit Wahlanfechtungsverfahren. Unterlassungsantrag
Leitsatz (redaktionell)
1. Macht ein Betriebsrat in einem Beschlussverfahren den Fortbestand seines Mandats in Folge eines Betriebsübergangs geltend, handelt es sich um eine nichtvermögensrechtliche Angelegenheit, für die grundsätzlich der Wert des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG maßgeblich ist.
2. Für den Feststellungsantrag, betreffend den Fortbestand des Mandats des Betriebsrats in Folge eines Betriebsübergangs, richtet sich der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wie bei einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren, mit dem eine Betriebsratswahl nach § 19 BetrVG angefochten wird, regelmäßig nach der Anzahl der zu wählenden Mitglieder des Betriebsrats, die nach § 9 BetrVG durch die Größe des Betriebs bestimmt wird.
3. Zwischen einem Feststellungsantrag, betreffend den Fortbestand des Mandats des Betriebsrats in Folge eines Betriebsübergangs und dem Antrag auf Unterlassung der Behinderung der Betriebsratstätigkeit besteht regelmäßig keine wirtschaftliche Identität.
Normenkette
RVG § 23 Abs. 3, § 33 Abs. 3; BetrVG §§ 19, 78
Verfahrensgang
ArbG Minden (Beschluss vom 08.02.2008; Aktenzeichen 1 BV 46/07) |
Tenor
Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Minden vom 08.02.2008 – 1 BV 46/07 – wird zurückgewiesen.
Die Arbeitgeberin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe einer Gebühr von 40,00 EUR zu tragen.
Tatbestand
I.
Im Ausgangsverfahren hat der Betriebsrat die Arbeitgeberin auf Fortbestand seines Mandats in Anspruch genommen, nachdem die M1 H1gesellschaft mbH & Co. OHG den Betrieb des Baumarktes L1 mit Wirkung zum 01.09.2007 auf die Arbeitgeberin übertragen hatte. Im Baumarkt L1 war ein dreiköpfiger Betriebsrat gewählt worden. Unter anderem unter Hinweis auf einen Tarifvertrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG a. F. vom 10.09.1999 hatte die Arbeitgeberin den Fortbestand des Betriebsrats im Baumarkt L1 in Abrede gestellt.
Mit dem am 04.09.2007 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren hat der Betriebsrat daraufhin folgende Anträge angekündigt:
- „Es wird festgestellt, dass das Mandat des Betriebsrats auch nach dem Übergang des Betriebes des Baumarktes L1, O1 Str. 123-456, 12345 L1, auf die Arbeitgeberin per 01.09.2007 fortbesteht,
- der Arbeitgeberin wird aufgegeben, es zu unterlassen, den Betriebsrat in der Ausübung seiner Tätigkeit dadurch zu behindern, dass gegenüber den Arbeitnehmern des Baumarktes L1, O1 Str. 123-456, 12345 L1 behauptet wird, der Betriebsrat bestehe nicht mehr.”
Das Ausgangsverfahren wurde durch Rücknahme der Anträge des Betriebsrats erledigt. Auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats hat das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 08.02.2008 den Gegenstandswert für das Ausgangsverfahren auf 14.000,00 EUR festgesetzt.
Gegen diesen Beschluss vom 08.02.2008 wendet sich die Arbeitgeberin mit der am 15.02.2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Beschwerde, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.
Die Arbeitgeberin ist der Auffassung, der Gegenstandswert sei mit 4.000,00 EUR, allenfalls mit 8.000,00 EUR angemessen bewertet. Im vorliegenden Fall handele es sich um einen schlichten Kompetenzkonflikt, die Sachlage sei nicht vergleichbar mit dem Verfahren über die Anfechtbarkeit einer Betriebsratswahl, die mit hohen Kosten für den Arbeitgeber verbunden sei. Der Unterlassungsantrag sei wirtschaftlich identisch mit dem Hauptantrag. Selbst wenn ihm ein eigener Gegenstandswert zukomme, sei er allenfalls mit 1.000,00 EUR zu bewerten.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die nach § 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert für das vorliegende Beschlussverfahren gemäß § 23 Abs. 3 RVG auf 14.000,00 EUR festgesetzt. Der Feststellungsantrag war mit 10.000,00 EUR, der Unterlassungsantrag mit 4.000,00 EUR zu bemessen.
Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das vorliegende Beschlussverfahren richtet sich nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG, wonach der Gegenstandswert in Fällen der vorliegenden Art nach billigem Ermessen zu bestimmen ist. § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG (früher: § 8 Abs. 2 BRAGO) stellt eine Auffangnorm für Angelegenheiten dar, für die Wertvorschriften fehlen. Der Auffangtatbestand des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG ist ebenso wie früher § 8 Abs. 2 BRAGO insbesondere für nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten bedeutsam, deren Wert auf anderem Wege nicht bestimmt werden kann. Die Wertfestsetzung nach billigem Ermessen kommt im Anwendungsbereich des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG aber immer erst hinter allen sonstigen Bewertungsfaktoren zum Zuge. Für das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren folgt bereits hieraus, dass die wirtschaftliche Bedeutung des jeweiligen Streitgegenstands vielfach im Vordergrund stehen muss (LAG Hamm, Beschlus...