Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung einer Betriebsratswahl. Betriebsratsgröße. Berücksichtigung von Fahrern, die bei Frachtführern des Arbeitgebers angestellt sind
Leitsatz (amtlich)
Kraftfahrer, die bei Frachtführern eines Speditionsbetriebes angestellt sind, werden bei der Ermittlung der Zahl der im Speditionsbetrieb zu wählenden Betriebsratsmitglieder nach § 9 BetrVG nicht berücksichtigt.
Normenkette
BetrVG § 7 n.F., § 9 n.F.
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Beschluss vom 04.10.2002; Aktenzeichen 1 BV 54/02) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 04.10.2002 – 1 BV 54/02 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
A
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.
Der antragstellende Arbeitgeber betreibt ein Transportunternehmen (Schnelllieferdienst) und unterhält u.a. eine Niederlassung in D2xxxxxx. In dieser Niederlassung wählte die Belegschaft turnusgemäß am 29./30.04.2002 einen neuen Betriebsrat, den Antragsgegner.
In der Niederlassung des Antragstellers in D2xxxxxx waren zum Zeitpunkt des Erlasses des Wahlausschreibens durch den Wahlvorstand am 18.02.2002 33 Frauen und 98 Männer als Arbeitnehmer/innen beschäftigt. Unter den Beschäftigten waren zahlreiche Frachtführer tätig, die ihrerseits selbst Kraftfahrer angestellt hatten. Ob die bei den Frachtführern angestellten Fahrer wahlberechtigt waren und bei der Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder mitzuzählen sind, ist unter den Beteiligten streitig.
Am 18.02.2002 erließ der Wahlvorstand ein erstes Wahlausschreiben (Bl. 24 f.d.A.) und hängte es am Informationsbrett des Betriebsrates (vgl. Foto Bl. 54 d.A.) aus. In diesem Wahlausschreiben war bestimmt, dass nach § 9 BetrVG der Betriebsrat aus sieben Mitgliedern zu bestehen habe. Ferner hieß es unter Ziffer 6, dass im Betrieb 33 Frauen und 98 Männer als Arbeitnehmer/innen im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG beschäftigt seien.
Nach Erlass des Wahlausschreibens wurden innerhalb der Zweiwochenfrist des § 6 Abs. 1 WO 2001 zwei Vorschlagslisten eingereicht, nämlich eine Liste unter dem Kennwort „ver.di Kollegenliste” sowie eine zweite Liste unter dem Kennwort „Die Neuen”. Der Bewerber K3xxx C1xxxxxx kandidierte gleichzeitig auf beiden Listen. Nach entsprechender Rückfrage des Wahlvorstandes erklärte der Bewerber schriftlich, dass er auf der gewerkschaftlichen Liste kandidieren wolle. Weiterhin wechselte die Kandidatin D4xxxx W3xxx von der „ver.di Kollegenliste” zu der Liste „Die Neuen”.
Am 04.03.2002 erließ der Wahlvorstand – nach Teilnahme an einer Schulung – ein neues zweites Wahlausschreiben (Bl. 29 f.d.A.), welches an die Stelle des ersten Ausschreibens am Informationsbrett (Bl. 54 d.A.) ausgehängt wurde. In diesem Wahlausschreiben war im dritten Absatz bestimmt, dass der Betriebsrat aus neun Mitgliedern zu bestehen habe. Unter Ziffer 6 hieß es, dass im Betrieb 45 Frauen und 173 Männer als Arbeitnehmer/innen im Sinne von § 5 Abs. 1 BetrVG beschäftigt seien. Insoweit hatte der Wahlvorstand bei der Bestimmung der Arbeitnehmerzahl und der Betriebsratsgröße die bei den selbständigen Frachtführern angestellten Fahrer berücksichtigt.
Nach Erlass des zweiten Wahlausschreibens wurden keine neuen Vorschlagslisten eingereicht. Es verblieb bei den Vorschlagslisten, die schon aufgrund des Erlasses des ersten Wahlausschreibens eingereicht worden waren.
Am 20.04.2002 fand in der Niederlassung des Arbeitgebers in D2xxxxxx eine Betriebsversammlung statt. Auf dieser Betriebsversammlung wurden Hinweise im Hinblick auf die anstehende Betriebsratswahl erteilt. Ob der Wahlvorstand auf dieser Belegschaftsversammlung auch über den Austausch der Wahlausschreiben informierte oder ob die Belegschaft und die Listenführer schon zuvor über den Inhalt des neuen Wahlausschreibens vom 04.03.2002 informiert worden waren, ist zwischen den Beteiligten streitig.
Am 29./30.04.2002 fanden die Wahlen zum Betriebsrat statt. Entsprechend dem Inhalt des zweiten Wahlausschreibens vom 04.03.2002 wurde ein Betriebsrat mit neun Mitgliedern gewählt. Das Wahlergebnis wurde am 30.04.2002 bekannt gemacht (Bl. 31 f.d.A.).
Mit dem am 13.05.2002 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren machte der Arbeitgeber die Unwirksamkeit der Betriebsratswahl vom 29./30.04.2002 geltend.
Der Arbeitgeber hat die Auffassung vertreten, die Betriebsratswahl sei allein schon wegen des stillschweigenden Austausches des Wahlausschreibens anfechtbar. Der Austausch des Wahlausschreibens sei weder von der Niederlassungsleitung noch von der Belegschaft wahrgenommen worden. Zwangsläufig kämen nicht sämtliche Belegschaftsmitglieder an dem Aushang am Informationsbrett des Betriebsrates vorbei. Es habe auch ansonsten kein Anlass bestanden, dort nachzuschauen. Erstmals sei auf das Wahlausschreiben in der Belegschaftsversammlung vom 20.04.2002 verwiesen worden. Es sei auch dort keinerlei Hinweis darauf erfolgt, dass nunm...