Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss einer Liste von der Wahl zum Betriebsrat im Wege einstweiliger Verfügung
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein korrigierender gerichtlicher Eingriff im Wege einstweiliger Verfügung in das laufende Wahlverfahren zum Betriebsrat und der Ausschluss einer Vorschlagsliste sind nur zulässig, wenn die Nichtigkeit der Betriebsratswahl zu erwarten ist. Dies ist nur der Fall, wenn gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Wahl in so hohem Maße verstoßen wird, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr besteht. Die voraussichtliche Anfechtbarkeit gem. § 19 Abs. 1 BetrVG reicht hingegen nicht aus.
2. Es ist höchstrichterlich ungeklärt, ob der Wahlvorstand nach Ablauf der zweiwöchigen Einreichungsfrist gem. § 6 Abs. 1 S. 2 WO noch eine Nachfrist gewähren darf, um eine gültige Liste einzureichen. Gerade deshalb verbietet sich aber ein Eingriff in den Wahlvorgang im Wege einstweiliger Verfügung.
Normenkette
BetrVG § 19 Abs. 1; WO § 8 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Rheine (Entscheidung vom 08.03.2012; Aktenzeichen 2 BVGa 1/12) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Arbeitnehmer K1, G1, S2, W1, J1 und K2 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Rheine vom 08.03.2012 2 BVGa 1/12 abgeändert.
Der Antrag wird abgewiesen.
Gründe
A.
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens um die Zulassung einer Vorschlagsliste zur bevorstehenden Betriebsratswahl.
Bei der Arbeitgeberin, einem Einzelhandelsfilialbetrieb mit derzeit insgesamt 901 Arbeitnehmern, fand am 13.04.2010 die Neuwahl des Betriebsrats statt. Bevor das dagegen gerichtete Wahlanfechtungsverfahren durch Rücknahme der vom Betriebsrat eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde gegen die stattgebende zweitinstanzliche Entscheidung der erkennenden Kammer vom 05.08.2011 (10 TaBV 13/11) abgeschlossen wurde, trat der Betriebsrat zurück und bestellte den im vorliegenden Verfahren beteiligten Wahlvorstand.
Dieser erließ am 09.02.2012 ein Wahlausschreiben für die Wahl eines Betriebsrats im Zeitraum vom 22.-29.03.2012. Als letzter Tag für die Einreichung von Vorschlagslisten wurde der 23.02.2012, 12.00 Uhr, festgelegt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird verwiesen auf die mit Antragsschriftsatz vom 06.03.2012 eingereichte Kopie des Wahlausschreibens (Bl. 6 ff. d. A.).
Beim Wahlvorstand wurden insgesamt vier Vorschlagslisten eingereicht, darunter am 23.02.2012 um 6.00 Uhr die Liste mit dem Kennwort "Die Wende".
Nach einer ersten Prüfung dieser Liste durch den Wahlvorstand um 10.00 Uhr wandte sich dieser mit Schreiben vom 23.02.2010 (Bl. 95 d. A.) an den Listenvertreter K1 unter Hinweis darauf, eine Liste habe sich darüber beschwert, dass das Sammeln der Stützunterschriften nicht korrekt verlaufen sei. Daraufhin antwortete der Listenvertreter K1 mit Schreiben vom 26.02.2012 (Bl. 96 f. d. A.).
Im Zuge einer detaillierteren Prüfung des Wahlvorstandes am 28.02.2012 stellte sich dann heraus, dass namentlich der Arbeitnehmer B1 sich erst auf die Liste der insgesamt 16 Bewerber eingetragen hatte, nachdem bereits der Großteil der insgesamt 55 Stützunterschriften geleistet worden waren. Daraufhin räumte der Wahlvorstand der Liste "Die Wende" eine Nachfrist von drei Arbeitstagen ein, woraufhin diese fristgerecht eine neue Vorschlagsliste mit 14 Bewerbern und 50 Stützunterschriften einreichte. Hinsichtlich des genauen Inhalts beider Vorschlagslisten wird verwiesen auf die Anlagen zur Sitzungsniederschrift vom 19.03.2012 (Bl. 130 ff.; 135 ff. d. A.).
Die antragstellenden drei Arbeitnehmer haben die Auffassung vertreten, die Vorschlagsliste "Die Wende" sei unzulässiger Weise zur bevorstehenden Wahl zugelassen worden, da von ihr innerhalb der gesetzten 14tägigen Frist keine gültige Liste eingereicht worden sei und die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 WO nicht erfüllt seien.
Die drei Arbeitnehmer haben beantragt,
dem Wahlvorstand aufzugeben, die Zulassung des Wahlvorschlages der Liste "Die Wende" zur Betriebsratswahl der A1 G2 & C1. K3, G3 vom 22.03. - 29.03.2012 aufzuheben und die Betriebsratswahl ohne Teilnahme des Wahlvorschlages der Liste "Die Wende" durchzuführen.
Der Wahlvorstand hat beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 08.03.2012 dem Antrag stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die ursprünglich eingereichte Liste "Die Wende" sei ungültig gewesen, weil es auf Bewerberseite noch zu einer Veränderung gekommen sei, nachdem bereits ein Großteil der Stützunterschriften geleistet worden sei. Nach Ablauf des 23.02.2012, 12.00 Uhr, habe keine neue Liste mehr eingereicht werden können, weil die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 WO nicht erfüllt gewesen seien.
Dagegen wenden sich sechs Arbeitnehmer, die zugleich Bewerber auf der Liste "Die Wende" sind, mit ihrer Beschwerde.
Sie rügen, dass Vertreter ihrer Liste erstinstanzlich nicht angehört worden seien.
Davon abgesehen ergebe sich aus der Zulassung ihrer Liste kein Grund, um im Wege der einstweiligen Verfügung zum Ausschluss für die ...