Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsrats. Beschlussfassung. ordnungsgemäß. Einleitung. Beschlussverfahren. Beauftragung. Rechtsanwalt. Vollmandat. Restmandat

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Mitgliedschaft eines Betriebsratsmitglieds im Betriebsrat erlischt mit Ausscheiden aus dem Betrieb und hat zur Folge, dass das ursprüngliche Betriebsratsmitglied nicht mehr wirksam an Beschlussfassungen des Betriebsrats teilnehmen kann.

2. Auch bei einer einstimmigen Entscheidung des Betriebsrats unter Teilnahme des ausgeschiedenen Mitglieds kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Entscheidung unter Ausschluss des ausgeschiedenen Mitglieds anders ausgefallen wäre, so dass der Beschluss unwirksam ist.

3. Mit Erlass einer gerichtlichen Entscheidung besteht keine für die Beteiligten des Rechtsstreits genehmigungsfähige Rechtslage mehr.

 

Normenkette

BetrVG §§ 21b, 24 Nr. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Paderborn (Beschluss vom 02.02.2005; Aktenzeichen 3 BV 39/04)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 06.12.2006; Aktenzeichen 7 ABR 62/05)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 02.02.2005 – 3 BV 39/04 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

A.

Die Beteiligten streiten darum, ob der Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens und der Beauftragung der Rechtsanwälte I1xx und R1xxx ordnungsgemäße Beschlüsse des Betriebsrats zugrunde liegen; inhaltlich geht es um die Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs zur Aufstellung eines Sozialplans.

Der Antragsteller ist der in der Niederlassung B2x L1xxxxxxxxx der Arbeitgeberin gebildete fünfköpfige Betriebsrat.

Im Jahr 2003 beschloss die Arbeitgeberin, ein Unternehmen des Groß- und Einzelhandels mit insgesamt 700 bis 800 Mitarbeitern, die Verlegung der Betriebsstätte B2x L1xxxxxxxxx nach E1xxx. Allen betroffenen 56 Arbeitnehmern wurde eine Fortbeschäftigung am Standort E1xxx, der betriebsverfassungsrechtlich dem Hauptbetrieb in H2xxxxx zugeordnet ist, angeboten. Da nur wenige Mitarbeiter darauf eingingen, wurden in der Folgezeit Änderungskündigungen mit dem Ziel der Änderung des Arbeitsortes ausgesprochen; darüber kam es zu zahlreichen arbeitsgerichtlichen Verfahren. Letztlich wechselten nur elf Arbeitnehmer an den neuen Standort E1xxx, so dass dort knapp 50 neue Mitarbeiter eingestellt wurden.

Vor dem geschilderten Hintergrund konnte die ursprünglich für den Jahreswechsel 2003/2004 geplante Verlegung nicht fristgerecht realisiert werden; vielmehr erfolgte ein etappenweiser Übergang bis zum 30.06.2004, dem Ende des Mietvertrages für die Räumlichkeiten in B2x L1xxxxxxxxx. Diesem Standort waren im ersten Halbjahr 2004 noch folgende Mitarbeiter zugeordnet:

Ende Januar = 42 Arbeitnehmer,

Ende Februar = 17 Arbeitnehmer,

Ende März = 12 Arbeitnehmer,

Ende April = 9 Arbeitnehmer,

Ende Mai = 4 Arbeitnehmer und

bis Ende Juni = 3 Arbeitnehmer.

Von den fünf Mitgliedern des Betriebsrats wechselten der Vorsitzende W2xxxxxx und das Mitglied L2xxxxx mit Wirkung ab 05.01.2004 einvernehmlich nach E1xxx. Das weitere Betriebsratsmitglied P4xxxxxxxx schied mit Ablauf des 31.05.2004 aus; die Arbeitsverhältnisse der verbliebenen Betriebsratmitglieder S5xxxx und R2xxxxx endeten am 30.06.2004. Ersatzmitglieder waren nicht mehr vorhanden.

Anlässlich der geplanten Verlegung des Betriebs nach E1xxx stritten die Beteiligten u.a. um die Einsetzung einer Einigungsstelle betreffend die Aufstellung eines Sozialplans. Aufgrund eines am 12.05.2004 geschlossenen Vergleichs vor dem Landesarbeitsgericht Hamm in dem Beschlussverfahren ArbG Paderborn – 2 BV 4/04 = LAG Hamm – 13 TaBV 37/04, in dem sich die Beteiligten auf die Einrichtung einer Einigungsstelle verständigten, fanden in der Folgezeit drei Sitzungen der Einigungsstelle statt, die am 23.08.2004 mit einem Spruch endete.

Darin heißt es u.a.:

„Dieser Sozialplan regelt den Ausgleich bzw. die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern (nachfolgend „Arbeitnehmer” genannt) des Arbeitgebers infolge des Umzuges von B2x L1xxxxxxxx nach E1xxx und durch die Schließung der Betriebsstätte in B2x L1xxxxxxxxx entstehen…

§ 2

Ein angebotener Arbeitsplatz ist dem Arbeitnehmer zumutbar, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Die Anforderungen des angebotenen Arbeitsplatzes entsprechen der Qualifikation des Arbeitnehmers (Ausbildung und Erfahrung).
  2. Der Arbeitnehmer erhält ein Entgelt, das effektiv der bisher gezahlten Vergütung entspricht.
  3. Die Wegezeit zum Betrieb in E1xxx beträgt mit dem Pkw in der Regel nicht mehr als eine Stunde (ca. 70 km Wegstrecke)…

§ 5

1. Im Hinblick darauf, dass allen Arbeitnehmern in B2x L1xxxxxxxxx angeboten wurde, künftig zu im Übrigen unveränderten – Bedingungen in E1xxx weiterzuarbeiten werden Abfindungen für den Verlust des Arbeitsplatzes nur in geringerem Umfang als üblich gezahlt. Bei einem durchschnittlichen Monatseinkommen von mehr als § 1.800,– EUR brutto – Jahreswerte 2003 – besteht kein Anspruch auf eine Abfindung gemäß der Ziffer 2.

2. Die Abfindu...

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