Entscheidungsstichwort (Thema)
Amtszeit eines Betriebsrats. Beendigung der Amtszeit aufgrund eines Zuordnungstarifvertrags im Betrieb eines Betriebserwerbers. Wirksamkeit eines Zuordnungstarifvertrages
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Zustimmung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung zu einem Zuordnungstarifvertrag nach § 3 BetrVG a.F. spricht für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG a.F.. Hat die Zustimmungsbehörde nach ordnungsgemäßer Durchführung des Verfahrens nach § 3 Abs. 2 S. 2 BetrVG a.F. ihre Zustimmung erteilt, spricht dies dafür, dass durch die tarifliche Regelung die Bildung von Vertretungen der Arbeitnehmer erleichtert wird.
2. Im Rahmen einer Inhaltskontrolle eines Zurodnungstarifvertrags nach § 3 BetrVG n.F. ist zu berücksichtigen, dass die Tarifvertragsparteien bei der konkreten Ausgestaltung der ihnen durch § 3 Abs. 1 BetrVG verliehenen Befugnis einen erheblichen Beurteilungsspielraum und ein weites Regelungsermessen haben, das die Gerichte bei der Rechtskontrolle zu beachten haben. Die gerichtliche Rechtskontrolle ist deshalb darauf beschränkt, ob grobe Fehler in der Beurteilung bzw. der Ermessensausübung seitens der Tarifvertragsparteien vorgelegen haben.
Normenkette
BetrVG a.F. § 3 Abs. 1 Nr. 3; BetrVG n.F. § 3 Abs. 1 Nr. 1b, Abs. 4; BetrVG § 4 Abs. 1, § 13 Abs. 2, § 21 Abs. 5
Verfahrensgang
ArbG Minden (Beschluss vom 01.04.2008; Aktenzeichen 1 BV 45/07) |
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Minden vom 01.04.2008 – 1 BV 45/07 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
A
Die Beteiligten streiten über den Fortbestand des Amtes des antragstellenden Betriebsrats.
Antragsteller des vorliegenden Verfahrens und Beteiligter zu 1. ist der aus fünf Mitglieder bestehende Betriebsrat eines Baumarktes in M1, der ehemals eine Betriebsstätte der M4 Handelsgesellschaft mbH & Co. oHG war. Im Baumarkt M1 waren früher 51 Mitarbeiter beschäftigt, zurzeit sind es noch etwa 35 bis 40 Mitarbeiter.
Mit Wirkung zum 01.09.2007 wurde dieser Baumarkt in M1 nebst weiteren 133 Baumärkten, von denen 124 über örtliche Betriebsräte verfügten, durch kartellrechtlich genehmigten Kauf- und Übertragungsvertrag vom 16.05.2007 auf die Arbeitgeberin, die Beteiligte zu 2. des vorliegenden Verfahrens, übertragen.
Bei der Arbeitgeberin waren aufgrund des durch Zustimmung vom 05.01.2000 (Bl. 48 d.A.) ministeriell genehmigten Tarifvertrages nach § 3 Abs. 1 Ziff. 3 BetrVG vom 10.09.1999 (ZuordnungsTV 1999 – Bl. 10 ff.d.A.) nebst Verhandlungsprotokoll vom 13.09.1999 (Bl. 98 d.A.) vier Regionalbetriebsräte, nämlich die Regionalbetriebsräte Nord, Ost, Süd I und Süd II, mit zuletzt insgesamt 76 Betriebsratsmitgliedern gebildet. Nach § 3 ZuordnungsTV 1999 sollte die Aufteilung auch für als Betriebsteile oder Nebenbetriebe anzusehende Betriebsstätte gelten, die während der Laufzeit des Vertrages übernommen werden.
Nachdem bei den Betriebsstätten der M4 Handels GmbH & Co. oHG bereits zum 01.04.2007 eine Spaltung zwischen den geführten Baumärkten und den geführten Verbrauchermärkten stattgefunden hatte (Bl. 326 d.A.), wurde den Baumärkten mit E-Mail vom 21./30.03.2007 mitgeteilt, dass die disziplinarische Verantwortung für Einstellungen und Entlassungen ab 01.04.2007 nicht mehr bei dem jeweiligen Geschäftsleiter des Marktes liege, sondern von dem jeweils zuständigen regionalen Verkaufsleiter B3 übernommen werde.
Mit Schreiben vom 30.08.2007 (Bl. 6 ff.d.A.) wurden die Mitarbeiter sämtlicher Baumärkte der M4 Handels GmbH & Co. oHG über den Betriebsübergang vom 01.09.2007 unterrichtet. In Ziffer 5. des Schreibens vom 30.08.2007 wies die M4 Handelsgesellschaft mbH & Co. oHG darauf hin, dass der im Baumarkt gewählte Betriebsrat nach dem Betriebsübergang für die Mitbestimmungsrechte nicht mehr zuständig sei, sondern der bei der Arbeitgeberin jeweils zuständige Regionalbetriebsrat.
Bereits mit einer Tarifschnellinformation der Gewerkschaft ver.di vom 04.06.2007 (Bl. 144, 144 a d.A.) waren die Betriebsräte der einzelnen Baumärkte darüber informiert worden, dass aufgrund der rechtlichen Bedingungen die bestehenden Betriebsräte in den M4-Baumärkten mit dem Betriebsübergang nicht mehr fortbestünden, sondern es in jedem Baumarkt eine zusätzliche Vertretung der Arbeitnehmer/innen geben werde.
Angesichts der Zusammenführung mit den von M4 übernommenen Baumärkten schloss die Arbeitgeberin mit der Gewerkschaft ver.di einen „Tarifvertrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG” vom 06./18.08.2007 (Bl. 51 ff.d.A.) nebst zwei Protokollnotizen (Bl. 96 f., 54 d.A.), der zur Gewährleistung einer besseren Kommunikation zwischen den Baumärkten und den bei der Arbeitgeberin gebildeten Regionalbetriebsräten in allen Filialen die Wahl von zusätzlichen Vertrauensleuten vorsah.
Zum Zeitpunkt der Übernahme der M4-Baumärkte hatte der zuständige Regionalbetriebsrat Nord, der Beteiligte zu 3., 21 Mitglieder.
Am 03./04.09.2007 gab die Arbeitgeberin ihre neue Personalführungsstruktur bekannt, w...