Entscheidungsstichwort (Thema)
Errichtung einer Einigungsstelle zur "Festlegung der zeitlichen Lage des Ausgleichs der aufgelaufenen Stundenguthaben
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG hat der Betriebsrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, mitzubestimmen bei Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie bei der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. Mitbestimmungspflichtig ist nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG auch die vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit.
2. Eine Einigungsstelle zur "Festlegung der zeitlichen Lage des Ausgleichs der aufgelaufenen Stundenguthaben der Redakteure" und "Festlegung der zeitlichen Lage des Pieper-Dienstes" ist jedenfalls nicht offensichtlich unzuständig.
Normenkette
ArbGG § 98 Abs. 1; BetrVG § 118 Abs. 1, § 87 Abs. 1 Nrn. 2-3
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Entscheidung vom 10.02.2012; Aktenzeichen 3 BV 3/12) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 10.02.2012 - 3 BV 3/12 - abgeändert.
Zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle bei der Arbeitgeberin mit dem Regelungsgegenstand "Festlegung der zeitlichen Lage des Ausgleichs der bis zum 05.07.2011 aufgelaufenen Stundenguthaben der Redakteure" und "Festlegung der zeitlichen Lage des Pieper-Dienstes" wird der Richter S1 bestellt.
Die Zahl der Beisitzer wird für jede Seite auf 2 festgelegt.
Gründe
A
Die Beteiligten streiten über die Einrichtung einer Einigungsstelle.
Die Arbeitgeberin verlegt in H1 eine Tageszeitung. Bei ihr sind ca. 60 Arbeitnehmer beschäftigt.
Antragsteller des vorliegenden Verfahrens ist der im Betrieb der Arbeitgeberin aus fünf Mitgliedern bestehende Betriebsrat. Bis zum Jahre 1990 wurde die Arbeitszeit der Mitglieder der Redaktion der von der Arbeitgeberin herausgegebenen Tageszeitung in ganzen Tagen erfasst. Die tarifliche Verkürzung der Arbeitszeit der Redakteure auf 38,5 Stunden wurde seinerzeit pauschal durch freie Tage ausgeglichen.
Ab dem Jahre 1990 erfolgte eine minutengenaue Zeiterfassung. Zeiten wurden monatsweise saldiert und bei entsprechender Gelegenheit ausgeglichen.
Etwa seit dem Jahr 2002 erfolgte aufgrund einer angespannten Wettbewerbssituation für die Redakteure ein Ausgleich für geleistete Mehrarbeit nicht mehr.
Auch im Zusammenhang mit den inzwischen in der Vergangenheit aufgelaufenen Stundenkontingenten für die Redakteure kam es im Jahre 2011 zwischen Betriebsrat und Arbeitgeberin zu Verhandlungen über die Verteilung der Arbeitszeit im Betrieb der Arbeitgeberin, die im Rahmen eines Einigungsstellenverfahrens unter dem Vorsitz des Richters S1 zu einer Betriebsvereinbarung vom 05.07.2011 (Bl. 8 ff. d.A.) führten. In dieser Betriebsvereinbarung wurde die Verteilung der künftigen Arbeitszeit geregelt und die Führung eines zentralen Arbeitszeitkontos eingeführt. Das maximale Stundenguthaben für jeden Mitarbeiter im Bereich der Redaktion wurde nach Ziffer 5.3 der Betriebsvereinbarung auf 70, die maximale Stundenschuld auf 30 Stunden festgelegt. Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der Betriebsvereinbarung vom 05.07.2011 (Bl. 8 ff. d.A.) Bezug genommen.
Eine Regelung betreffend die in der Vergangenheit angefallenen Mehrarbeitsstunden der Redakteure wurde im Einigungsstellenverfahren nicht getroffen.
Nachdem weitere Gespräche über die Behandlung der in der Zeit vor dem 05.07.2011 angefallenen Stunden gescheitert waren, machen nunmehr zwölf Redakteure in arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren beim Arbeitsgericht Bielefeld den Ausgleich in Freizeit, hilfsweise die Abgeltung von in der Zeit von 2007 bis 2011 angefallenen Überstunden geltend.
Zwischen den Betriebsparteien besteht des Weiteren Streit über die Einrichtung eines sog. "Pieper-Dienstes". Sinn dieses Dienstes ist es, bei konkreten, nicht absehbaren Ereignissen, über die in der Tageszeitung berichtet werden soll, einen Bereitschaftsdienst einzurichten. Dabei soll ein Redakteur oder eine Redakteurin einen sog. "Polizei-Pieper" erhalten, der mit der Kreisleitstelle des Kreises G1 verbunden ist und Alarm auslöst, wenn im Kreisgebiet ein Unfall, ein Brand oder ein vergleichbares Ereignis mit Einsatz der Polizei und Rettungskräften eintritt.
Mit Schreiben vom 29.12.2011 (Bl. 16 ff. d.A.) wies der Betriebsrat darauf hin, dass seit Abschluss der Betriebsvereinbarung vom 05.07.2011 in mehreren Verhandlungen zwischen den Betriebsparteien weder hinsichtlich des Ausgleichs der vor dem 05.07.2011 erworbenen Arbeitszeitguthaben noch hinsichtlich des sog. "Pieper-Dienstes" eine Einigung habe erzielt werden können; aus diesem Grunde würden die Verhandlungen für gescheitert erklärt und die Einigungsstelle angerufen.
Diesem Begehren widersprach die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 10.01.2012 (Bl. 18 ff. d.A.).
Mit dem am 17.01.2012 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren machte der Betriebsrat daraufhin die Einrichtung einer Einigungsstelle geltend.
Der Betriebsrat hat die Auffassung ver...