Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit nicht durch den Rechtspfleger erfolgter Erinnerungen, Auflagen und Fristsetzungen im Prozesskostenhilfenachprüfungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Die mit Erinnerungen und Auflagen verbundenen Fristsetzungen für die Mitwirkung der Partei im Nachprüfungsverfahren haben durch den Rechtspfleger und nicht durch Regierungsbeschäftigte zu erfolgen.
Normenkette
ZPO a.F. § 120 Abs. 4; ZPO § 120a Abs. 1 S. 3; ZPO a.F. § 124 Nr. 2; ZPO § 124 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
ArbG Herne (Entscheidung vom 08.01.2015; Aktenzeichen 3 Ca 1217/13) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Herne vom 8. Januar 2015 (3 Ca 1217/13) aufgehoben.
Es verbleibt bei der durch Beschluss vom 16. August 2013 bewilligten Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin erhielt durch Beschluss des Arbeitsgerichts Herne vom 16. August 2013 Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung bewilligt.
Mit Schreiben des Arbeitsgerichts vom 2. Dezember 2014, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 3. Dezember 2014 zugestellt, wurde sie aufgefordert, sich über eine Änderung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bis zum 23. Dezember 2014 zu erklären. Zugleich wurde darauf hingewiesen, dass im Falle des ergebnislosen Fristablaufs die bewilligte Prozesskostenhilfe aufgehoben werden kann. Die Aufforderung wurde von einer beim Arbeitsgericht tätigen Regierungsbeschäftigten verfügt und unterzeichnet.
Nach ergebnislosem Fristablauf hob das Arbeitsgericht die bewilligte Prozesskostenhilfe durch den hier angefochtene, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 13. Januar 2015 zugestellten Beschluss auf. Hiergegen richtet sich die am 23. Januar beim Arbeitsgericht eingegangene sofortige Beschwerde.
II. Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 46 Abs. 2 Satz 3, § 78 Satz 1 ArbGG, § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (im Folgenden: a. F.), §§ 567 ff. ZPO, § 40 EGZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Der Aufhebungsbeschluss des Arbeitsgerichts ist unwirksam, weil vor seinem Erlass eine ordnungsgemäße Beteiligung der Klägerin im Nachprüfungsverfahren des § 120 Abs. 4 ZPO a. F. nicht stattgefunden hat.
1. Die Aufforderung zur Abgabe einer Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO a. F. bzw. § 120a Abs. 1 Satz 3 ZPO, ob eine Veränderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist, ist dem Prozessbevollmächtigten der Partei zuzustellen (vgl. LAG Hamm, 5. Juli 2013, 5 Ta 254/13, [...], Rn. 8, 10f., 19; 20. September 2013, 14 Ta 160/13, [...], Rn. 5, 12). Unterbleibt dies, reicht es für eine ordnungsgemäße Beteiligung, wenn auf eine formlose Aufforderung zur Mitwirkung hin
- die Partei eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt hat und die letzte Erinnerung, innerhalb einer bestimmten Frist Angaben zu ergänzen und/oder fehlende Belege vorzulegen, vor dem Aufhebungsbeschluss dem Prozessbevollmächtigten der Partei zugestellt wird, oder
- die Partei nicht reagiert und die Auflage zur Abgabe einer Erklärung im Nachprüfungsverfahren bzw. eine Erinnerung an die Mitwirkung im Nachprüfungsverfahren, beide verbunden mit einer Frist zur Nachreichung der Erklärung nebst Belegen vor dem Aufhebungsbeschluss dem Prozessbevollmächtigten der Partei zugestellt wird (vgl. LAG Hamm, 21. Juli 2014, 14 Ta 64/14, [...], Rn. 4; 21. Juli 2014, 14 Ta 88/14, [...], Rn. 5; 21. Juli 2014, 14 Ta 196/14, [...], Rn. 6).
2. Zuständig für die Durchführung des Nachprüfungsverfahrens ist das Gericht (§ 120 Abs. 4 ZPO a. F., § 120a Abs. 1 ZPO); sie ist dem Rechtspfleger gemäß § 3 Nr. 3, § 20 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c) RPflG übertragen. Eine weitergehende Übertragung insbesondere auf den mittleren Dienst ist nicht vorgesehen. Der in § 36b RPflG enthaltene Katalog von Rechtspflegeraufgaben, welche auf den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle übertragen werden können, enthält keine Aufgaben aus dem Bereich des Prozesskostenhilfeverfahrens. Demnach haben insbesondere die mit Erinnerungen und Auflagen verbundenen Fristsetzungen für die Mitwirkung der Partei im Nachprüfungsverfahren durch den Rechtspfleger zu erfolgen. Diese sind entsprechend § 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO zuzustellen. Nur für die Ausführung der Zustellung ist gemäß § 168 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 153 GVG die Geschäftsstelle und zwar in der Person des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zuständig (vgl. Zöller/Greger, ZPO 31. Auflage, 2016, § 168 ZPO Rn. 1). Soweit danach nicht bereits die erste mit einer Fristsetzung verbundene Aufforderung zur Mitwirkung im Nachprüfungsverfahren vom zuständigen Rechtspfleger verfügt wurde, ist entweder die Auflage zur Ergänzung von Angaben und/oder Belegen oder die Erinnerung an die Mitwirkung unter Fristsetzung von ihm zu veranlassen, bevor der Aufhebungsbeschluss ergehen kann.
3. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Die Aufforderung zur Mitwirkung wurde durch den Recht...