Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Berufung. Fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung
Leitsatz (amtlich)
Hat das Arbeitsgericht über eine Klageforderung von 223,66 EUR ein Anerkenntnisurteil gegen die beklagte Partei erlassen, das einen Ausspruch über die Zulässigkeit der Berufung nicht enthält, so ist diese auch dann unzulässig, wenn es in der Rechtsmittelbelehrung heißt, dass von der beklagten Partei Berufung eingelegt werden könne.
Normenkette
ArbGG § 64 Abs. 3a
Verfahrensgang
ArbG Bocholt (Urteil vom 25.06.2009; Aktenzeichen 3 Ca 334/09) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Anerkenntnis-Urteil des Arbeitsgerichts Bocholt vom 25.06.2009 – 3 Ca 334/09 – wird als unzulässig verworfen.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt die Beklagte. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I
Die Parteien streiten um Entgeltfortzahlungsansprüche des Klägers für die Zeit vom 01.12. bis 03.12.2008.
In der Kammerverhandlung am 25.06.2009 hat der Kläger durch Bezugnahme auf die Klageschrift den Antrag gestellt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 223,66 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem gesetzlichen Basiszinssatz seit dem 31.12.2008 zu zahlen.
Auf Anregung der Kammer hat der Beklagtenvertreter sein Anerkenntnis erklärt. Diese zu Protokoll der mündlichen Verhandlung genommene Erklärung ist ihm vorgespielt und genehmigt worden. Auf Antrag des Klägers ist daraufhin das folgende Anerkenntnis-Urteil ergangen:
- „Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 223,66 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem gesetzlichen Basiszinssatz seit dem 31.12.2008 zu zahlen.
- Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
- Der Streitwert wird auf 223,66 EUR festgesetzt.”
Dieses Urteil ist der Beklagten am 02.07.2009 zugestellt worden. Es ist mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen, wonach die Beklagte gegen dieses Anerkenntnis-Urteil Berufung einlegen kann. Das Urteil ist der Beklagten am 02.07.2009 zugestellt worden, sie hat hiergegen mit einem am 31.07.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 02.10.2009 ist ihr Begründungsschriftsatz am 28.09.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.
Mit Schreiben vom 06.10.2009 ist die Beklagte darauf hingewiesen worden, dass der für die Berufung erforderliche Beschwerdewert von mehr als 600,– EUR bei einem Streitwert von 223,66 EUR nicht erreicht sei. Demgegenüber beruft sich die Beklagte auf die Zulassung der Berufung, die zwar nicht in den Tenor der Entscheidung aufgenommen worden sei. Es genüge jedoch eine eindeutige Zulassung in den Gründen. Der Aufnahme der Berufungszulassung in Entscheidungsgründen stehe es gleich, wenn das Gericht ausdrücklich in die Rechtsmittelbelehrung aufnehme, dass gegen das Anerkenntnis-Urteil von der Beklagten Berufung eingelegt werden könne.
Demgegenüber vertritt der Kläger die Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Berufung nicht vorlägen. In einer Belehrung dahingehend, dass Berufung eingelegt werden könne, könne keine Entscheidung über die Zulassung der Berufung gesehen werden.
Entscheidungsgründe
II
Die Berufung der Beklagten ist unzulässig.
Sie ist zwar in der rechten Form und Frist eingelegt worden. Sie ist jedoch nicht statthaft, da die Beschwer nicht mehr als 600,– EUR beträgt.
Nach § 64 Abs. 2 ArbGG kann – soweit es sich wie vorliegend nicht um einen Bestandstreit handelt – Berufung nur eingelegt werden, wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist oder wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,– EUR übersteigt. Letzteres ist nicht der Fall. Das Arbeitsgericht hat den Streitwert entsprechend der Klageforderung auf 223,66 EUR festgesetzt.
Auch eine Zulassung der Berufung durch das Arbeitsgericht liegt nicht vor. Zwar enthält die Rechtsmittelbelehrung den Hinweis, dass gegen das Anerkenntnis-Urteil von der beklagten Partei Berufung eingelegt werden könne. Damit sind die gesetzlichen Anforderungen an die Zulassung der Berufung durch das Arbeitsgericht jedoch nicht erfüllt.
§ 64 Abs. 3 a ArbGG, der mit Wirkung vom 01.05.2000 in das Arbeitsgerichtsgesetz aufgenommen worden ist, bestimmt, dass die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, in den Urteilstenor aufzunehmen ist. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Das Arbeitsgericht hat weder eine positive noch eine negative Entscheidung in den Urteilstenor aufgenommen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die in der Rechtsmittelbelehrung enthaltene Erklärung, dass von der beklagten Partei gegen dieses Anerkenntnis Berufung eingelegt werden könne, nunmehr maßgeblich ist. Durch die Regelung in § 64 Abs. 3 a ArbGG hat der Gesetzgeber eine bis dahin in Literatur und Rechtsprechung umstrittene Problematik eindeutig gelöst. Die Zulassung der Berufung muss nunmehr im Tenor des arbeitsgerichtlichen Urteils enthalten sein. Eine Zulassung in den Entscheidu...