Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Klage eines Arbeitnehmers auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Abstellen der Beurteilung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife
Leitsatz (amtlich)
1. Hat bereits ein Prozesskostenhilfeverfahren über den gleichen Streitgegenstand stattgefunden, steht einer wiederholten Antragstellung keine materielle Rechtskraft eines früheren Beschlusses entgegen. Für einen erneuten Antrag kann jedoch ausnahmsweise das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, wenn das Recht zur wiederholten Stellung des Antrages missbraucht wird. Das ist regelmäßig nicht der Fall, wenn bei dem früheren Antrag eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse oder Belege nicht vorgelegt worden sind und dies mit dem weiteren Antrag nachgeholt wird
2. Der Erfolgsaussicht iSd § 114 Abs. 1 ZPO steht nicht entgegen, dass das Verfahren bereits durch eine klageabweisende Entscheidung beendet worden ist. Ist das Prozesskostenhilfegesuch rechtzeitig, formgerecht und mit den erforderlichen Belegen eingegangen, aber vom Gericht vor Instanzbeendigung nicht oder nicht richtig beschieden worden, so ist für die Beurteilung der Erfolgsaussichten auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife abzustellen
Normenkette
ZPO §§ 114, 117, 114 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Bochum (Entscheidung vom 23.01.2024; Aktenzeichen 4 Ca 1319/23) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bochum vom 23. Januar 2024 (4 Ca 1319/23) teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
- Dem Kläger wird für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe für die Klageanträge zu 2) und zu 3) auf einen Streitwert in Höhe von insgesamt 2.233,85 € bewilligt.
- Zur Wahrnehmung seiner Rechte in diesem Rechtszug wird ihm Rechtsanwalt A zu den Bedingungen eines im Bezirk des Arbeitsgerichts Bochum niedergelassenen Rechtsanwalts beigeordnet.
- Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt mit der Maßgabe, dass der Kläger keinen eigenen Beitrag zu den Kosten der Prozessführung zu leisten hat.
- Im Übrigen wird der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.
2. Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
3. Der Kläger trägt die Hälfte der Kosten des Beschwerdeverfahrens.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Mit seiner Klage hat der Kläger Entgeltfortzahlung für den Zeitraum vom 25.07.2023 bis zum 06.09.2023 begehrt.
Der Kläger war bei der Beklagten in der Zeit vom 01.03.2022 bis 30.11.2023 als Lagermitarbeiter zu einem vereinbarten Bruttomonatsgehalt in Höhe von 2.200,00 € beschäftigt. Ab dem 21.07.2023 erschien der Kläger nicht mehr zur Arbeit. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen legte er vor für die Zeiträume vom 25.07. bis zum 01.08.2023 (Erstbescheinigung) sowie Folgebescheinigungen für die Zeiträume vom 07. bis zum 14.08.2023, vom 14. bis zum 21.08.2023, vom 21.08.2021 bis zum 01.09.2023 sowie vom 04.09. bis zum 18.09.2023. Für den Monat Juli 2023 rechnete die Beklagten einen Betrag in Höhe von 2.208,00 € brutto ab und zahlte den Nettobetrag an den Kläger aus. Für die Monate August und September 2023 erfolgten keine Zahlungen.
Die Beklagte hat gegenüber dem Entgeltfortzahlungsanspruch des Klägers eingewandt, dass der Vergütungsanspruch für Juli 2023 vollständig erfüllt worden sei. Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung bestehe aber auch nicht, da der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum nicht leistungswillig gewesen sei. Am 20.07.2023 habe er sein Arbeitsverhältnis mündlich gekündigt und sei danach auch nicht mehr zur Arbeit erschienen.
Das Verfahren endete am 22.01.2023 durch streitiges klageabweisendes Urteil.
Mit seiner Klage hatte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt, Unterlagen jedoch nicht beigefügt. Nachdem der Kläger innerhalb der gerichtlichen Frist bis zum 03.11.2023 weder eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht, noch weitere Angaben gemacht hat, hat das Arbeitsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 27.11.2023 zurückgewiesen.
Mit Schriftsatz vom 05.01.2024 hat der Kläger erneut die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt und klargestellt, dass es sich um einen "neuen Prozesskostenhilfeantrag handelt". In der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gab er an, über keine Einkünfte zu verfügen und Arbeitslosengeld beantragt zu haben. Beigefügt war dem Antrag eine eidesstattliche Versicherung des Klägers, in der er angab:
"Ich habe kein Einkommen und Vermögen und bestreite meine Lebensunterhalt lediglich durch die Unterstützung meiner Familie und Verwandten aufrechterhalten. Ebenso habe ich bei der Bundesagentur für Arbeit einen Antrag auf Erhalt des Arbeitslosengeldes gestellt. Die Leistungen wurden mir indes bislang nicht bewilligt".
Das Arbeitsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit einem weiteren Besch...