Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Beiordnung eines Verkehrsanwalts im Rahmen der Prozesskostenhilfe
Leitsatz (amtlich)
1. Der Partei ist im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe jedenfalls dann ein Verkehrsanwalt beizuordnen, wenn es sich nicht um einen einfach gelagerten Sachverhalt handelt, der auch eine telefonische oder schriftliche Information des Prozessbevollmächtigten am Gerichtssitz als ausreichend erscheinen lässt.
2. In diesem Fall ist die Beiordnung eines Verkehrsanwaltes geboten, soweit die hierdurch entstehenden Kosten nicht höher liegen als 110 % der eingesparten Reisekosten des Prozessbevollmächtigten am Wohnort der Partei (so schon LAG Hamm, Beschluss vom 15.02.2018, 5 Ta 447/17, juris m.w.N.).
Normenkette
ZPO § 121 Abs. 4, 3, § 91 Abs. 1 S. 1 Hs. 2
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Entscheidung vom 23.02.2018; Aktenzeichen 9 Ca 119/18) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 15.03.2018 gegen den Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 23.02.2018 - 9 Ca 119/18 - wird dieser insoweit abgeändert, als die Beiordnung von Rechtsanwältin Dr. K unbeschränkt erfolgt.
Gründe
I. Die Klägerin hatte unter dem 11.01.2018 Zahlungsklage sowie auf die Erteilung von Abrechnungen für den Zeitraum der Beschäftigung erhoben und hierfür die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten begehrt.
Die Klägerin ist wohnhaft in I, ihre Rechtsanwältin kanzleiansässig in T, die Beklagte hat ihren Sitz in E.
Mit Beschluss vom 23.02.2018 bewilligte das Arbeitsgericht der Klägerin Prozesskostenhilfe bei Ratenzahlung von 221,00 € und Beiordnung ihrer Rechtsanwältin zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwaltes. Gegen diesen am 28.02.2018 zugestellten Beschluss wendet sich die Klägerin mit ihrer am 19.03.2018 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde, in der sie unter anderem geltend machte, dass bei dem vorliegenden Rechtsstreit die Beiordnung eines Verkehrsanwaltes erforderlich wäre, so dass eine Beiordnung der Klägervertreterin nur zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwaltes nicht in Betracht komme. Mit Schreiben vom 28.03.2018 wies das Arbeitsgericht darauf hin, dass auch eine Beauftragung eines im Bezirk ansässigen Rechtsanwaltes bei telefonischer Information in Betracht käme. Mit Schriftsatz vom 12.04.2018 verwies die Klägerin darauf, dass angesichts der tatsächlichen Komplexität des Sachverhaltes, der sich aus den Schriftsätzen der Parteien ergebe, sowie der Berufung der Beklagten auf Ausschlussfristen und die fehlenden Abrechnungen die Beiordnung wie beantragt erforderlich sei.
Mit Beschluss vom 29.08.2018 half das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde insoweit ab, als die geforderten Raten auf 182,00 € herabgesetzt wurden. Die Beiordnungsentscheidung wurde aufrechterhalten.
II. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist gem. §§ 127 Abs. 2 S. 2 und 3, 567 Abs. 1, 569 ZPO zulässig, insbesondere rechtzeitig eingelegt und begründet.
1) Grundsätzlich kann ein außerhalb des Gerichtsbezirks ansässiger Rechtsanwalt nur dann ohne Einschränkungen beigeordnet werden, wenn hieraus Mehrkosten nicht entstehen. Ansonsten hat die Beiordnung zu den Bedingungen eines am Gerichtsbezirk ansässigen Rechtsanwaltes zu erfolgen. Da diese Regelung zwingend durch das Gesetz vorgegeben ist, ist davon auszugehen, dass dem Prozesskostenhilfe beantragenden Rechtsanwalt bekannt ist, dass eine Beiordnung nur im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften verlangt werden kann. Eine Einverständniserklärung des Rechtsanwaltes mit dieser Verfahrensweise erübrigt sich; ein Hinweis des Gerichtes ist nicht erforderlich (so zuletzt auch LAG Hamm, Beschuss vom 15.02.2018, 5 Ta 447/17, juris; LAG Hamm Beschluss v. 05.03.2014, 5 Ta 107/14, n.v.; LAG Hamm Beschluss v. 18.08.2008, 7 Ta 519/08, juris).
Vor der Beiordnung eines nicht im Gerichtsbezirk zugelassenen Rechtsanwaltes ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Beiordnung eines zusätzlichen Verkehrsanwaltes nach § 121 Abs. 4 ZPO gegeben sind. Hierzu bedarf es keines Antrages der Prozesskostenhilfe begehrenden Partei, vielmehr handelt es sich um eine Incidentprüfung, da im Fall einer ansonsten erforderlichen Beiordnung keine Mehrkosten entstehen würden (BGH, Beschluss vom 23. Juni 2004 - XII ZB 61/04 -, NJW 2004, 2749; BAG Beschluss vom 18. Juli 2005 - 3 AZB 65/03, NZA 2005, 1078; juris; Dürbeck/Gottschalk, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 8. Auflage, 2016, Rz. 691 ff). Kurz gesagt, wäre ansonsten die Beiordnung eines Verkehrsanwaltes erforderlich, kommt eine Beiordnung des Rechtsanwaltes nur zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk ansässigen Rechtsanwaltes, somit unter Verzicht auf zumindest einen Teil der Reisekosten, nicht in Betracht.
a) Gem. § 121 Abs. 4 ZPO ist ein Verkehrsanwalt beizuordnen, wenn besondere Umstände vorliegen. Diese sind dann gegeben, wenn der Partei die Anreise zu einem im Gerichtsbezirk ansässigen Rechtsanwalt nicht zuzumuten ist, sei es aufgrund einer große...