Gegen diesen Beschluss findet kein Rechtsmittel statt

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswert im Beschlussverfahren. Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung von Ein-Euro-Kräften. Mehrzahl von personellen Maßnahmen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Wert des Streitgegenstandes in einem Verfahren nach §§ 99, 100 BetrVG ist bei sog. Ein-Euro-Kraften nicht auf der Grundlage der an die Ein-Euro-Kräfte gezahlten Aufwandsentschädigung (von 1,50 EUR pro Stunde) zu berechnen. Vielmehr ist ineinem solchen Fall das wirtschaftliche Interesse der Arbeitgeberin an der Beschäftigung der sog. Ein-Euro-Kräfte zu ermitteln.

2. Regelmäßig drückt sich das wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an der Einstellung eines Arbeitnehmers in dem zu zahlenden Arbeitsverdienst aus. Die an die Ein-Euro-Kräfte gezahlte Aufwandsentschädigung stellt aber nicht den Arbeitsverdienst dar, den die Arbeitgeberin zahlen müsste, wenn sie Arbeitnehmer mit den von den Ein-Euro-Kräften erledigten Tätigkeiten im Rahmen eines Arbeitsvertrages betrauen würde. Zur Ermittlung des wirtschaftlichen Interesses kann auf die an Arbeitnehmer mit vergleichbaren Tätigkeiten gezahlte Arbeitsvergütung zurückgegriffen werden.

 

Normenkette

RVG § 23 Abs. 3, § 33 Abs. 3; BetrVG § 99 Abs. 1, § 100; ZPO § 5; SGV § 16 As. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Detmold (Beschluss vom 12.07.2006; Aktenzeichen 3 BV 8/06)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin – unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen – wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Detmold vom 12.07.2006 – 3 BV 8/06 – teilweise abgeändert.

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfahren im Allgemeinen auf 1.423,01 EUR festgesetzt

 

Gründe

I.

Im Ausgangsverfahren hat die Arbeitgeberin die gerichtliche Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur Einstellung von insgesamt 3 Personen in der Zeit vom 06. bis 28.02.2006 bzw. in einem Falle bis zum 31.03.2006 begehrt; zugleich hat sie die Feststellung verlangt, dass die vorläufige Einstellung dringend erforderlich war. Es ging um erwerbsfähige Hilfsbedürftige, sogenannte Ein-Euro-Kräfte, die einen Vertrag über 32 Stunden erhalten, von denen 24 Stunden im produktiven Bereich abgeleistet und 8 Stunden zwingend für Qualifizierungsmaßnahmen genutzt werden. Die Arbeitgeberin erhält für jede beschäftigte Ein-Euro-Kraft monatlich 500,00 EUR, von denen sie eine sogenannte Mehraufwandsentschädigung von 1,50 EUR pro Stunde für maximal 103 Stunden monatlich an die jeweilige Ein-Euro-Kraft zahlt. Die Kräfte werden von der Arbeitgeberin auf Arbeitsplätzen eingesetzt, die zuvor Arbeitnehmer im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, die mit einer wöchentlichen Stundenzahl von 38,5 Stunden und einer monatlichen Vergütung von 900,00 EUR brutto tätig waren, inne hatten.

Nach Abschluss des Verfahrens hat das Arbeitsgericht durch einen seine erste Entscheidung vom 26.06.2006 abändernden Beschluss vom 12.07.2006 den Gegenstandswert für das Verfahren auf 2.631,25 EUR festgesetzt.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die „sofortige” Beschwerde der Arbeitgeberin, mit der sie die Festsetzung eines Gegenstandswertes in Höhe von 528,75 EUR begehrt.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die gemäß § 33 RVG zulässige (befristete) Beschwerde der Arbeitgeberin ist in dem aus dem Tenor sich ergebenen Umfang begründet; im Übrigen war sie zurückzuweisen.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das vorliegende Beschlussverfahren richtet sich nach § 23 Abs. 3 RVG, wonach der Gegenstandswert in Fällen der vorliegenden Art nach billigem Ermessen zu bestimmen ist.

§ 23 Abs. 3 RVG stellt eine Auffangnorm für Angelegenheiten dar, für die Wertvorschriften fehlen. Der Auffangtatbestand des § 23 Abs. 3 RVG ist insbesondere für nichtvermögens-rechtliche Streitigkeiten bedeutsam, deren Wert auf anderem Wege nicht bestimmt werden kann. Die Wertfestsetzung nach billigem Ermessen kommt im Anwendungsbereich des § 23 Abs. 3 RVG aber erst hinter allen sonstigen Bewertungsfaktoren zum Zuge. Für das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren folgt hieraus, dass die wirtschaftliche Bedeutung des jeweiligen Streitgegenstandes vielfach im Vordergrund stehen muss (LAG Hamm, Beschluss vom 24.11.1994 – LAGE BRAGO § 8 Nr. 27; LAG Hamm, Beschluss vom 12.06.2001 – LAGE BRAGO § 8 Nr. 50; Wenzel, GK-ArbGG, § 12 Rz. 194, 441 ff. m.w.N.).

Die wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit rechtfertigt es, in Beschlussverfahren nach § 99 BetrVG, in denen es um die Einstellung, Umgruppierung oder Versetzung von Arbeitnehmern geht, sich an dem Streitwertrahmen des § 42 Abs. 4 GKG zu orientieren. Folgerichtig wird bei der Wertfestsetzung in betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeiten nach den §§ 99 ff. BetrVG vielfach auf die Bewertung einer entsprechenden Klage im Urteilsverfahren, also auf § 42 Abs. 4 GKG (früher: § 12 Abs. 7 ArbGG) zurückgegriffen (LAG Hamm, Beschluss vom 18.04.1985 – LAGE ZPO § 3 Nr. 3; LAG Hamm, Beschluss vom 19.03.1987 – LAGE ArbGG 1979 § 12 Streitwert Nr. 70; LAG Hamm, Besc...

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