Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksame Ausschlussklausel. Keine Festlegung des Beginns der Frist

 

Leitsatz (redaktionell)

Sind nach der arbeitsvertraglichen Regelung alle beiderseitigen Ansprüche innerhalb von drei Monaten gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich zu erheben, weil sie andernfalls erlöschen, und bleibt offen, wann diese Drei-Monats-Frist zu laufen beginnt, kann angesichts einer gewissen Gestaltungsbreite die insoweit lückenhaft gebliebene Regelung des Arbeitsvertrages nicht eindeutig dahingehend ausgelegt werden, dass die Drei-Monats-Frist mit der Fälligkeit der Ansprüche zu laufen beginnt; es verbleiben vielmehr Zweifel, die im Rahmen des § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Arbeitgebers als verantwortlichem Klauselverwender gehen und gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 und 1 BGB zur Unwirksamkeit der gesamten Vertragsbestimmung führen.

 

Normenkette

BGB § 305 c Abs. 2, § 307 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Münster (Entscheidung vom 24.11.2011; Aktenzeichen 1 Ca 1061/11)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Münster vom 24.11.2011 - 1 Ca 1061/11 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten (noch) um das Bestehen von Ansprüchen auf Überstundenvergütung und Urlaubsabgeltung.

In der Zeit ab 01.06.2010 bis zur fristlosen Eigenkündigung vom 23.03.2011 war die Klägerin als Krankenschwester bei dem Beklagten, der einen privaten Pflegedienst betreibt, tätig. Sie arbeitete mit einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 30 Stunden in der 6-Tage-Woche.

Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 01.12.2010 lautet auszugsweise wie folgt:

"...

§ 4 Arbeitsvergütung

Der Arbeitnehmer erhält eine monatliche Bruttovergütung von 2.200,-- €.

Ein gesonderter Ausgleich für geleistete Überstunden erfolgt nicht. Diese sind mit dem Grundgehalt abgegolten.

...

§ 6 Urlaub

Der Urlaubsanspruch beträgt 28 Tage im Kalenderjahr.

...

§ 14 Verfall-/Ausschlussfristen

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden. Andernfalls erlöschen sie. Für Ansprüche aus unerlaubter Handlung verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung.

..."

In der Zeit ab Juni 2010 bis Januar 2011 leistete die Klägerin insgesamt 167,33 Überstunden. Hinsichtlich der Einzelheiten wird verwiesen auf die Ausführungen im arbeitsgerichtlichen Urteil unter I. 2. a) der Gründe.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie könne die Vergütung aller begehrten Überstunden verlangen. Daneben stehe ihr noch ein Urlaubsabgeltungsanspruch in Höhe von 13 Tagen zu, davon acht aus dem Jahr 2010 übertragene Urlaubstage.

Soweit hier noch von Interesse, hat die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 3.931,22 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2011 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Meinung geäußert, Überstundenforderungen seien angesichts der arbeitsvertraglichen Abgeltungsregelung ausgeschlossen; im Übrigen seien sie größtenteils verfallen. Hinzu komme, dass es zu unrichtigen Aufzeichnungen und damit falschen Darlegungen gekommen sei.

Das Arbeitsgericht hat mit Schlussurteil vom 24.11.2011 der Klage im Umfang von 167,33 Überstunden und 13 Tagen Urlaubsabgeltung stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte schulde für den Zeitraum ab Juni 2010 bis Januar 2011 für insgesamt 167,33 geleistete Überstunden eine Vergütung in Höhe von 2.831,22 €, ausgehend von einem Stundensatz von 16,92 €. Dem stehe § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrages nicht entgegen, weil die dort verankerte Abgeltungsklausel gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam sei.

Die Berufung auf die Verfallklausel des § 14 des Arbeitsvertrages sei dem Beklagten nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt.

Der Urlaubsabgeltungsanspruch in Höhe von 1.100,00 € für insgesamt 13 Urlaubstage, darunter acht zulässigerweise aus dem Jahr 2010 übertragene Tage, sei ebenfalls gegeben.

Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Berufung.

Er ist der Ansicht, namentlich die Überstundenansprüche seien nach § 14 des Arbeitsvertrages verfallen. Ein treuwidriges Verhalten auf seiner Seite liege nicht vor; die Klägerin hätte ggf. rechtzeitig Rechtsrat einholen müssen.

Davon abgesehen seien die Überstunden nicht richtig aufgezeichnet worden; zudem seien sie nicht angeordnet gewesen.

Der Beklagte beantragt,

das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Münster vom 24.11.2011 - 1 Ca 1061/11 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, § 14 des Arbeitsvertrages sei intransparent, weil darin nicht der Beginn des Laufs der Verfallfrist festgelegt worden sei. In jedem Fall habe sie der Beklagte treuwidrig von der Geltendmachung der Ansprüche abgehalten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wi...

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