Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterrichtungspflichten bei Betriebsübergang. Hinweis auf Tarifverträge. Kein Anspruch nach Übergang auf tarifliche Leistungen
Leitsatz (amtlich)
Unvollständige Unterrichtung über die Folgen des Betriebsübergangs bei Ausgliederung einer Abteilung
Enthält das Unterrichtungsschreiben des Arbeitgebers über die Folgen eines Betriebsteilübergangs den Hinweis, die bislang maßgeblichen Tarifverträge - namentlich der TV-Soziale Sicherung für die Beschäftigten bei den Stationierungsstreitkräften (TASS) - finde weiterhin beim Betriebserwerber Anwendung, so ist dies jedenfalls unklar und missverständlich, wenn der Tarifvertrag zwar als solcher beim Betriebsübernehmer Anwendung finden soll, ein Anspruch auf eine tarifliche Leistung wegen Schließung der Abteilung jedoch ausscheidet, weil diese beim Betriebserwerber als neuem Arbeitgeber nicht mehr das Tatbestandsmerkmal einer "militärischen Einheit" erfüllt.
Normenkette
BGB § 613a Abs. 6, § 626 Abs. 1; KSchG § 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 3, S. 2 Nr. 2 Buchst. b)
Verfahrensgang
ArbG Münster (Entscheidung vom 11.12.2012; Aktenzeichen 3 Ca 1093/12) |
Nachgehend
Tenor
Unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wird auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 11.12.2012 - 3 Ca 1093/12 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1.
Es wird festgestellt, dass das zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 30.10.2012 nicht beendet worden ist.
2.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.521,45 € brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.07.2012.
3.
Der Antrag des Klägers auf Weiterbeschäftigung als Lagerverwalter am Standort M1 wird als unbegründet, der Hilfsantrag auf "arbeitsvertragsgemäße" Weiterbeschäftigung als unzulässig abgewiesen.
4.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 1/3, die Beklagte 2/3.
5.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit seiner Klage wendet sich der tariflich nur noch aus wichtigem Grund kündbare Kläger gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses durch außerordentliche betriebsbedingte Kündigung mit sozialer Auslauffrist vom 30.10.2012 mit Wirkung zum 31.05.2013 und macht ferner Ansprüche auf Weiterbeschäftigung und Zahlung von Arbeitsvergütung geltend.
Zur Begründung der angegriffenen Kündigung und ihres Antrages auf Klageabweisung hat die als Prozessstandschafterin für das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland beklagte Bundesrepublik Deutschland vorgetragen, infolge der Ausgliederung des Aufgabenbereichs "Facilities Management" und der Übertragung auf das Dienstleistungsunternehmen der Fa. B1 S1 S2 GmbH (BSSG) im Wege eines Betriebsübergangs mit Wirkung zum 08.08.2011 sei das vormals mit dem als Zivilangestellten der Britischen Streitkräfte beschäftigten Kläger bestehende Arbeitsverhältnis auf die BSSG übergegangen mit der Folge, dass seither zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis mehr bestehe. Nachdem der Kläger allerdings nachträglich mit Schreiben vom 12.06.2012 (Bl. 61 d. A.) dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses wegen angeblicher Mängel des Unterrichtungsschreibens vom 17.05.2011 (Bl. 32 ff. d. A.) widersprochen habe, habe vorsorglich eine Kündigung wegen fehlender Beschäftigungsmöglichkeiten ausgesprochen werden müssen. Soweit sich der Kläger auf freie Arbeitsplätze an anderen Standorten berufe - so insbesondere auf eine freie Lagerverwalterstelle am Standort B2 -, habe dieser Arbeitsplatz für eine Beschäftigung des Klägers nicht zur Verfügung gestanden, da andere Mitarbeiter der Dienststellen M1 und G1 als Mitglieder der dortigen Mitarbeitervertretungen wegen ihres besonderen Kündigungsschutzes vorrangig für die Stellenbesetzung in Betracht gekommen seien, wobei der betreffende Arbeitsplatz zunächst bis zu einer endgültigen Auswahlentscheidung befristet mit einem anderen Mitarbeiter besetzt worden und sodann aufgrund weiterer Umstrukturierungsmaßnahmen mit Wirkung zum 16.03.2013 abgebaut worden sei. Auch die in Anwendung der zwischen Betriebsvertretung und Arbeitgeber vereinbarten Auswahlgrundsätze (Bl. 148 ff. d. A.) getroffene Sozialauswahl führe zu keinem anderen Ergebnis. Am Standort M1 sei der Kläger wegen seiner Personalverantwortung als einziger Mitarbeiter der Vergütungsgruppe C 4 a zugeordnet gewesen. Weder im Lager noch außerhalb des Lagers seien andere Arbeitnehmer in einer tariflich vergleichbaren Position beschäftigt gewesen. Im Übrigen könne der Kläger auch nach seinen sozialen Verhältnissen keinen Vorrang vor anderen Mitarbeitern beanspruchen.
Demgegenüber hat der Kläger den Standpunkt eingenommen, unbeschadet der Ausgliederung und Übertragung der Lagerverwaltung am Standort M1 auf die BSSG sei sein Arbeitsverhältnis von dem zugrundeliegenden Betriebsübergang nicht wirksam erfasst worden, da er mit Schreiben vom 12.06.2012 dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betri...