Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Urteil vom 11.01.1996; Aktenzeichen 3 Ca 1989/95) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 11.01.1996 – 3 Ca 1989/95 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin während ihrer Tätigkeit in der Abteilung für psychologische Medizin des Evangelischen Krankenhauses L. die sogenannte Psychiatriezulage gem. Anm. 1 b PVGP BAT-KF zu zahlen.
Die am 2.06.1947 geborene Klägerin ist seit dem 1.04.1992 als Krankenschwester und seit zweieinhalb Jahren als stellvertretende Stationsschwester in der Abteilung für psychologische Medizin des Evangelischen Krankenhauses L. tätig. Für ihre Tätigkeit erhält sie eine Vergütung entsprechend der Verggr. KR 5 a BAT-KF. Die Abteilung psychologische Medizin besteht aus 2 Pflegestationen mit je 34 Betten. Die Stationen sind durch einen Flur voneinander getrennt. Beide Stationen haben zum Eingangsbereich hin eine verschließbare Tür. Die Station, auf der die Klägerin ihren Dienst versieht, ist durch eine sogenannte Automatiktür abschließbar. Die andere Station verfügt über eine normal verschließbare Tür, die ein automatisches Verschließen nicht zuläßt. Auf der gesamten Abteilung werden Patienten mit Neurosen, mit Schizophrenie, mit seniler Deminenz, Suchtkranke und nach dem PsychKG eingewiesene Patienten behandelt. Um das Bild eines Landeskrankenhauses zu vermeiden, bleiben auch für die PsychKG-Patienten die Bereichstüren nicht verschlossen. Die Automatiktür wird betätigt, sobald das Pflegepersonal Patienten, die nicht oder nicht ohne Erlaubnis die Station verlassen dürfen, nicht durch Zureden davon abhalten können. In Höhe der Automatiktür befindet sich ein großer, zum Stationsflur mit Glas versehener Raum, in dem sich ständig eine Pflegekraft aufhält. Sie beobachtet durch die Glasscheibe die auf dem Flur befindlichen Patienten. Hinter der Glasscheibe befindet sich die Türschließanlage. Letztere wird, wie erwähnt, im Notfall betätigt. Zuvor versucht die auf dem Stationsflur anwesende Pflegekraft den Patienten mit Worten und gutem Zureden vom Verlassen der Station abzuhalten. Die Pflegekräfte erhalten täglich sogenannte Bettenpläne. Diese Pläne geben Auskunft über die Schlüsselgewalt des Pflegepersonals. Dieser Plan kann sich aufgrund des Krankheitsbildes der Patienten während des Tages durchaus verändern. Diese Abteilung verfügt auch über ein sogenanntes Überwachungszimmer für massiv bedrohliche Patienten. In der Zeit von 20.30 Uhr bis 6.00 Uhr bleiben beide Eingangstüren verschlossen. Auf den Stationen sind Patienten, die sich freiwillig einer Behandlung unterziehen, die aufgrund richterlicher Anordnung eingewiesen sind oder im Rahmen der betreuten Unterbringung ärztlich behandelt werden müssen.
Bei ¾ der oben näher beschriebenen Patientengruppen liegt das Stationsgebot = das Aufenthaltsbestimmungsrecht des Pflegepersonals deutlich unter 50 %. Zum Überblick des Pflegepersonals melden sich die Patienten grundsätzlich ab und geben bekannt, wohin sie sich begeben wollen.
Die Abteilung für psychologische Medizin ist eine Akut-Psychiatrie. Die Verweildauer der Patienten beträgt zwischen 30 und 35 Tagen. Der leitende Abteilungsarzt bewertet die Form der Behandlung als offene Psychiatrie. Aus diesem Grunde zahlt die Beklagte die sogenannte Psychiatriezulage in Höhe von 90,00 DM monatlich nicht. Die Klägerin ist hingegen der Meinung, daß es sich um eine zumindest halbgeschlossene (open-door-system) psychiatrische Abteilung im Sinne der Anmerkung handelt. Ihren vermeintlichen Zulagenanspruch hat sie erstmals am 25.10.1994 rückwirkend zum April 1994 geltend gemacht. Nach gescheitertem Schlichtungsverfahren verfolgt die Klägerin ihren Anspruch mit der beim Arbeitsgericht Dortmund am 12.04.1995 erhobenen Klage weiter. Sie hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.800,00 DM brutto (Zulage für Mai 1994 – Dezember 1995) nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 9.01.1996 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt.
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 11.01.1996 hat das Arbeitsgericht ihrer Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, die Klägerin arbeite auf einer halbgeschlossenen psychiatrischen Station im Sinne der Anm. 1 b PVGP BAT-KF. Damit werde die Betreuung von Patienten beschrieben, die ohne Zustimmung des Arztes bzw. des Pflegepersonals die Station nicht verlassen dürften. Von diesem sogenannten Stationsgebot seien lt. Angaben der Beklagten gut 1/3 der Patienten erfaßt. Dies sei zwar nicht die überwiegende Anzahl der Patienten. Für den Anspruch auf Gewährung der Zulage reiche jedoch ein nicht unerheblicher Anteil an stationsgebundenen Patienten aus. Schon bei dieser Anzahl stationsgebundener Patienten müsse der Ein-/Ausgangsbereich ständig überwacht werden. Diese Überwachungsätigkeit ergänze die...