Die Revision wird zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsvertrag. Teilzeitbeschäftigung. Überstunden. stillschweigende Änderung der vertraglichen Arbeitszeit durch jahrelange Mehrarbeit
Leitsatz (amtlich)
1. Wird der als Teilzeitkraft eingestellte Arbeitnehmer über mehrere Jahre wegen verstärkten Arbeitsanfalls im Umfang einer Vollzeitkraft eingesetzt, so kann dies im Sinne einer stillschweigenden Änderung des Arbeitsvertrages gewürdigt werden mit der Folge, dass der Arbeitgeber in Annahmeverzug gerät, wenn er den Arbeitnehmer später nur noch im Rahmen der ursprünglich vereinbarten Arbeitszeit einsetzt.
2. Für die Abgrenzung vorübergehender außerplanmäßiger Überstunden von der stillschweigenden dauerhaften Änderung der Arbeitszeit kann auf die Auslegungsgrundsätze zu § 4 Abs. 1 a EFZG
Normenkette
BGB §§ 145, 611, 615
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Urteil vom 18.10.2005; Aktenzeichen 2 Ca 1312/05) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 18.10.2005 – 2 Ca 1312/05 – abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 1.163,94 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2005 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand
Mit ihrer Klage macht die Klägerin, welche aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages (Bl. 3 ff. d.A.) im Buch- und Zeitschriftengroßvertrieb der Beklagten als gewerbliche Hilfskraft mit einer vertraglich vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit von 28,5 Stunden/Woche beschäftigt ist, restliche Vergütungsansprüche für die Monate November 2004 bis Februar 2005 unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges geltend.
Diesen Anspruch stützt die Klägerin auf den Vortrag, abweichend vom Inhalt des schriftlichen Arbeitsvertrages sei sie – wie unstreitig ist – seit mehreren Jahren bis einschließlich August 2004 in einem erheblich höheren Umfang als vereinbart zur Arbeitsleistung herangezogen worden. Aus den vorliegenden Lohnabrechnungen ergebe sich, dass der Umfang der geleisteten Arbeit tatsächlich oder nahezu der Arbeitszeit einer Vollzeitkraft mit der tariflich und betrieblich maßgeblichen regelmäßigen Arbeitzeit von 38,5 Stunden/Woche entsprochen habe. Demgegenüber werde sie seit dem Monat September 2004 nur noch im Umfang der ursprünglich vereinbarten Arbeitszeit von 28,5 Stunden/Woche eingesetzt. Infolge der langjährigen Handhabung habe sich die vormals vereinbarte Teilzeitbeschäftigung in ein Vollzeitarbeitsverhältnis gewandelt. Nachdem die Beklagte der Aufforderung, die Klägerin weiterhin voll einzusetzen, nicht nachgekommen sei, sei sie unter dem Gesichtspunkt des Annahmevollzuges verpflichtet, die Klägerin wie eine Vollzeitkraft mit 167 Stunden/Monat à 9,22 EUR brutto entsprechend 1.539,74 EUR brutto/Monat zu vergüten und die Differenz zur tatsächlich ausgezahlten Vergütung auszuzahlen. Im einzelnen errechnet die Klägerin für den Monat November 2004 eine Brutto-Vergütungsdifferenz von 260,56 EUR, für die Monate Dezember 2004 von 108,15 EUR, Januar 2005 von 328,33 EUR und Februar 2005 von 601,52 EUR.
Demgegenüber hat die Beklagte geltend gemacht, nach wie vor richte sich der Umfang der vereinbarten Arbeitszeit nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag. Abgesehen davon, dass ohnehin nach § 14 des Arbeitsvertrages Voraussetzung für eine wirksame Vertragsänderung die Einhaltung der Schriftform sei, könne allein die Tatsache, dass die Klägerin über längere Zeiträume über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus eingesetzt worden sei, nicht zur Änderung des Arbeitsvertrages genügen, zumal die Klägerin keineswegs wie eine Vollzeitkraft mit 7,7 Stunden täglich, sondern – je nach Arbeitsanfall – mit schwankender Arbeitszeit eingesetzt worden sei.
Durch Urteil vom 18.10.2005 (Bl. 39 ff. d.A.), auf welches wegen des weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung restlicher Arbeitsvergütung für den Monat Februar 2005 in Höhe von 112,85 EUR brutto nebst Zinsen verurteilt, im Übrigen hingegen die Klage abgewiesen. Zur Begründung der Klageabweisung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, nach wie vor sei für das Arbeitsverhältnis die im Arbeitsvertrag fixierte Arbeitszeit von 28,5 Stunden/Woche maßgeblich. Eine Vertragsänderung ergebe sich insbesondere nicht aus dem Rechtsinstitut der betrieblichen Übung, da hinreichende Umstände für einen vertraglichen Bindungswillen der Beklagten nicht ersichtlich seien. Ebenso wenig habe sich das Arbeitsverhältnis allein aufgrund der langjährigen Handhabung auf eine Vollzeitbeschäftigung konkretisiert. Hierfür sei der bloße Zeitablauf nicht genügend, hinreichende Anhaltspunkte für den Willen des Arbeitgebers, die Arbeitszeit auch künftig unverändert beizubehalten, seien nicht ersichtlich.
Mit ihrer rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Klägerin die ihr vom Arbeitsgeri...