Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die Bestimmtheit der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses. Voraussetzungen der Anwendbarkeit des KSchG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist regelmäßig hinreichend bestimmt, wenn der Kündigungstermin oder die Kündigungsfrist angegeben werden. Auch die Kündigung zum nächstzulässigen Termin ist möglich, wenn dem Erklärungsempfänger die Dauer der Kündigungsfrist bekannt oder diese für ihn bestimmbar ist.

2. Ein gemeinschaftlicher Betrieb mit der Folge, dass hinsichtlich der Anwendbarkeit des KSchG die Zahl der Arbeitnehmer zusammenzurechnen ist, liegt nicht vor, wenn zwar eine enge Verknüpfung zweier Unternehmen vorliegt, es aber keine gemeinsame Betriebsstätte und auch keinen Austausch von Arbeitnehmern gibt.

 

Normenkette

BGB § 622 Abs. 1, 5; KSchG § 1 Abs. 2, § 23 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Minden (Entscheidung vom 30.01.2013; Aktenzeichen 3 Ca 960/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 30.01.2013 - 3 Ca 960/12 - abgeändert.

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 10.07.2012 erst zum 15.08.2012 aufgelöst worden ist.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 846,77 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2012 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Hinsichtlich der erstinstanzlichen Kosten verbleibt es bei der Entscheidung des Arbeitsgerichts. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 9/10 und die Beklagte 1/10.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier Kündigungen, über Zahlungsansprüche sowie über die Beschäftigung der Klägerin.

Die 1966 geborene Klägerin ist seit dem 20.09.2010 als technische Zeichnerin und Konstrukteurin bei der Beklagten gegen ein Monatsgehalt von 3.500,00 € beschäftigt. Rechtsgrundlage des Arbeitsverhältnisses der Parteien ist ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 20.09.2010, in dem es unter anderem heißt:

" . . .

§ 14

Ordentliche Kündigung

(1) Soweit die Voraussetzungen des § 622 Abs. 5 BGB vorliegen, kann das Arbeitsverhältnis von beiden Vertragsparteien mit einer Frist von 4 Wochen gekündigt werden.

. . . "

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrags wird auf Aktenblatt 6 bis 8 Bezug genommen.

Die Beklagte konstruiert und vertreibt Hallenbüros, Trennwände, Lagerbühnen und ähnliche Raumsysteme. Die Fertigung der von ihr vertriebenen Systeme erfolgt zu einem maßgeblichen Teil von der ebenfalls in N ansässigen Firma M GmbH (M), deren alleiniger Geschäftsführer der Mitgeschäftsführer der Beklagten I M ist. Es sind dort 8 Arbeitnehmer beschäftigt. Deren Produktionsstätte liegt ca. 6,5 km von den Räumlichkeiten der Beklagten entfernt. Diese unterhält dort ein eigenes Lager. Die Beklagte übernimmt die Warenbestellungen für die M und stellt ihr die Konstruktionszeichnungen für die von ihr in Auftrag gegebenen Systeme zur Verfügung. Der Schweißbeauftragte der M ist ein Mitarbeiter der Beklagten, C. Bis zum 31.05.2012 waren auch die Mitarbeiter L und U Arbeitnehmer der Beklagten, obwohl sie ausschließlich bei der M arbeiteten. Auf ihrer Homepage wirbt die Beklagte mit eigener Herstellung und Fertigung von Trennwandsystemen, Stahlbaubühnen und Sonderteilen, obwohl sie tatsächlich keine eigene Produktion unterhält. Für die Beklagte und die M gibt es einen gemeinsamen Telefonhauptanschluss mit getrennten Nebenstellen.

Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung wurden am 28.06.2012 diebisherigen Mitarbeiter der Beklagten N und T zu Mitgeschäftsführern bestellt. Dies wurde im Handelsregister am 17.08.2012 eingetragen. Zum 01.07.2012 hat die Beklagte die bei ihr verrichteten Reinigungsarbeiten fremdvergeben an eine Firma T1 Gebäudereinigung. Die bisher von ihr dafür beschäftigte Reinigungskraft, Frau X, verrichtet auch weiterhin in deren Gebäude die anfallenden Reinigungsarbeiten.

Die Beklagte hatte der Klägerin bereits mit Schreiben vom 27.09.2011 zum 31.10.2011 gekündigt. Das Arbeitsgericht Minden (1 Ca 1352/11) stellte durch Urteil vom 17.04.2012 fest, dass diese Kündigung das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst hat und verurteilte die Beklagte zur Weiterbeschäftigung. Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten wurde vom Landesarbeitsgericht Hamm (2 Sa 920/12) durch Urteil vom 28.11.2012 rechtskräftig zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom 10.07.2012, der Klägerin zugegangen am 11.07.2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin erneut und zwar zum 31.07.2012. Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung beschäftigte die Beklagte ohne ihre Mitgeschäftsführer T und N aber mit der Klägerin noch wenigstens zehn Mitarbeiter - alle in Vollzeit -, nämlich C1, C, E, D I1, D1 I1, P, T3, X1 und T4. Der Mitarbeiter C1, der ebenfalls tatsächlich bei der M eingesetzt wurde, ist nach Angeben der Beklagten zum 30.09.2012 aus Altersgründen ausgesch...

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