Entscheidungsstichwort (Thema)
Dynamische Verweisungsklausel. Gleichstellungsabrede
Leitsatz (amtlich)
Keine Auslegung einer dynamischen Verweisungsklausel auf den BAT und diesen ändernden Tarifverträge als Gleichstellungsabrede aus Gründen des Vertrauensschutzes, wenn die Parteien nach dem 01.01.2002 einzelne Vertragsbedingungen geändert und im Übrigen geregelt haben, dass es des Weiteren bei den bisherigen Arbeitsbedingungen verbleibt.
Normenkette
TVöD-K; BGB § 611
Verfahrensgang
ArbG Paderborn (Urteil vom 08.04.2009; Aktenzeichen 2 Ca 1808/08) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 08.04.2009 – 2 Ca 1808/08 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst in der durchgeschriebenen Fassung für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser im Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände anzuwenden ist mit der Maßgabe, dass
- das dem Kläger zustehende Bruttoentgelt 95 % des TVöD-Entgelts beträgt,
- die Jahressonderzahlung gem. § 20 TVöD befristet für die Zeit bis zum Jahr 2009 nicht zu zahlen ist und
- die Beiträge zur Zusatzversorgung zu jeweils 50 % von der Beklagten und dem Kläger getragen werden.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Anwendbarkeit des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst in der durchgeschriebenen Fassung für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser im Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände auf das Arbeitsverhältnis des Klägers.
Dieser ist seit dem 01.10.1991 als Altenpfleger in der Krankenpflege im Klinikbetrieb der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin beschäftigt.
Bis zum 31.12.1984 befand sich der Klinikbetriebe in der Rechtsträgerschaft der W2-K2 GmbH, welche seit 1978 tarifgebundenes Vollmitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV) war. Ab dem 01.01.1985 übernahm die Stiftung W2-K2 den Betrieb. Die Stiftung war ebenfalls Vollmitglied im KAV.
Aufgrund eines Gesellschaftsvertrags vom 09.10.2000 wurde die Beklagte gegründet und am 18.02.2004 in das Handelsregister eingetragen. Aufgrund eines Kaufvertrages übernahm sie im Wege des Betriebsübergangs den Klinikbetrieb mit Wirkung zum 05.09.2002.
Die Beklagte ist kein tarifgebundenes Vollmitglied im KAV.
§ 2 des Arbeitsvertrages vom 08.11.1991 (Bl. 4, 5 d.A.) enthält folgende Regelung:
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung.
Am 29.03.2004 vereinbarten die Beklagte und der bei ihr bestehende Betriebsrat einen Interessenausgleich (Bl. 132 – 136 d.A.).
Am 05.04.2004 schlossen die Parteien einen Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag gemäß den Regelungen des zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat vereinbarten Interessenausgleichs (Bl. 122, 123 d.A.). Gem. § 1 des Änderungsvertrages wurde das Bruttoentgelt des Klägers auf 2.389,18 EUR mit Wirkung zum 01.04.2004 festgesetzt. Nach § 2 verzichtete er für den Zeitraum von zunächst drei Jahren auf Weihnachts- und Urlaubsgeld.
Am 08.06.2007/05.07.2007 vereinbarten die Parteien einen Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag und zum Änderungsvertrag vom 31.03.2004 (Bl. 154 d.A.). Der Kläger verzichtete erneut beginnend mit dem Jahre 2007 für weitere drei Jahre bis zum 31.12.2009 auf jedwede Sonderzahlung, insbesondere die Weihnachtszuwendung und das Urlaubsgeld aus dem nachwirkenden Tarifvertrag BAT/BTM-G.
Der letzte Absatz der Änderungsvereinbarung lautet wie folgt:
Des Weiteren bleibt es bei den bisherigen Arbeitsbedingungen.
Mit dem 01.10.2005 trat der TVöD in Kraft. Für den Bereich der Kliniken gibt es eine durchgeschriebene Fassung des TVöD-K.
Die Beklagte gab seit April 2004 tarifliche Lohnerhöhungen nicht weiter.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, aufgrund von § 2 des Arbeitsvertrages vom 08.11.1991 sei nunmehr auf sein Arbeitsverhältnis der TVöD anwendbar.
Er hat beantragt
festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst/Gemeinden (TVöD/Gemeinden) anzuwenden ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gerügt und im Übrigen die Auffassung vertreten, § 2 des Arbeitsvertrages vom 08.11.1991 stelle eine Gleichstellungsabrede dar.
Das Bundesarbeitsgericht habe zwar seine ständige Rechtsprechung inzwischen aufgegeben und lege eine Inbezugnahmeklausel wie die hier vorliegende als konstitutive dynamische Bezugnahmeklausel aus, wenn die Tarifbindung des Arbeitgebers nicht zur auflösenden Bedingung gemacht worden sei. Es gewähre jedoch Vertrauensschutz für die Klauseln, die vor dem 01.01.2002 vereinbart worden seien. Das bedeute, das...