Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Kündigung eines Lehrers. Sexuelle Belästigung. Anhörung Personalrat. Sozialdaten. außerordentliche Kündigung eines angestellten und ordentlich unkündbaren Lehrers. sexuelle Belästigung einer Schülerin als Kündigungsgrund. Anhörung zu Verdachtskündigung statt Tatkündigung
Normenkette
SchulG NRW §§ 2, 46; BetrVG § 102
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Entscheidung vom 06.03.2012; Aktenzeichen 5 Ca 2455/11) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 06.03.2012 - 5 Ca 2455/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im in Rahmen der Berufung noch um die Wirksamkeit zweier fristloser arbeitgeberseitiger Kündigungen.
Der am 10.04.1952 geborene, verheiratete Kläger ist bei dem beklagten Land seit dem 01.02.1986 als angestellter Lehrer für türkischen muttersprachlichen Unterricht zu einer Vergütung von zuletzt ca. 3.600,00 € brutto monatlich beschäftigt.
Aufgrund der auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwendenden tariflichen Vorschriften ist der Kläger ordentlich unkündbar.
Die sogenannte Stammschule des Klägers war die Hauptschule B1 in B3. Darüber hinaus wurde der Kläger an anderen B3er Schulen als Lehrer für muttersprachlichen Unterricht beschäftigt, u.a. auch an der Gesamtschule R1.
Das beklagte Land kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit einem Schreiben vom 28.09.2009, das dem Kläger am 29.09.2009 zugestellt wurde, außerordentlich mit sofortiger Wirkung wegen eines Vorfalls an der Gesamtschule R1 vom 16.09.2009. (Bl. 5-9 d.A.) Erstinstanzlich hat der Kläger in dem anberaumten Kammertermin, zu dem die Zeugin N1 B2 geladen worden war, den vom beklagten Land geschilderten Sachverhalt hinsichtlich der Vorfälle, die Anlass für die Kündigung waren, unstreitig gestellt mit dem Vorbehalt, den Sachverhalt für den Fall eines Berufungsverfahrens wieder streitig zu stellen. Die Vernehmung der Zeugin und ihrer Mutter ist daraufhin unterblieben. Danach ergab sich nach dem Tatbestand erster Instanz folgender Sachverhalt:
Am 16.09.2009 hatte der Kläger muttersprachlichen Unterricht an der Schule R1 zu erteilen. Dieser Unterricht sollte am Nachmittag stattfinden. Die am 15.06.1998 geborene, somit 11 jährige, Schülerin N1 B2 wollte mit ihrer türkischen Freundin A1 I1 den Heimweg antreten. Da die Schülerin A1 I1 jedoch noch am muttersprachlichen Unterricht des Klägers teilnehmen musste, erlaubte der Kläger auf Bitten der Mädchen eine Teilnahme der Schülerin N1 B2 am türkischen muttersprachlichen Unterricht. Dieser Unterricht fand im Computerraum der Schule statt.
Während der Unterrichtsstunde ging der Kläger sodann zu der Schülerin N1 B2, strich ihr mit der Hand über das Haar und sagte zu ihr, dass sie ein schönes Mädchen sei. Des Weiteren fasste er ihr mit den Händen an die Brust, leckte mit seiner Zunge über ihre Lippen und gab ihr einen Kuss auf den Mund. Die Schülerin N1 B2 verließ daraufhin weinend den Unterrichtsraum und offenbarte sich anschließend ihren Verwandten. Die Mutter der Schülerin erstattete daraufhin eine Anzeige gegen den Kläger. In einem Gespräch am Folgetag, dem 17.09.2009, zwischen der Schülerin N1 B2, ihrer Mutter, dem Klassenlehrer Herrn W2 und dem Schulleiter Herrn W3 schilderte die Mutter, dass ihre Tochter am Vortag verstört nach Hause gekommen sei und sich ihr anvertraut habe.
Die Schülerin N1 B2 verfasste am 18.09.2009 eine handschriftliche Schilderung der Geschehnisse. (Kopie Blatt 24 d.A.) Der Schüler U2 K1 schilderte dem Klassenlehrer Herrn W2 am 17.09.2009, dass er die Vorkommnisse vom Vortag beobachtet habe. Herr W2 verfasste dazu einen schriftlichen Vermerk. Bezüglich des Inhalts dieses Vermerks wird auf die von der Beklagten zu den Akten gereichte Kopie (Blatt 25 d.A.) verwiesen.
Am 18.09.2009 fand ein Gespräch zwischen dem Schulleiter der Schule im Beisein seines Stellvertreters und eines Mitglieds des Lehrerrats mit dem Kläger statt, in dem die Vorkommnisse vom 16.09.2009 angesprochen wurden. In dem Gespräch räumte der Kläger ein, der Schülerin über das Haar gestrichen zu haben und erklärte dazu, dass Lehrer zu ihren Schülerinnen sein sollten wie Väter zu ihren Töchtern. Weitere Berührungen der Schülerin N1 B2 stritt der Kläger ab. Auf Anfrage des beklagten Landes verfasste der Prozessbevollmächtigte des Klägers eine Stellungnahme zu den Vorkommnissen mit Schreiben vom 25.09.2009. (Blatt 10 - 12 d.A.)
Der Kläger wurde schließlich vom Amtsgericht Bielefeld mit Urteil vom 21.09.2010 wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt. Die Berufung des Klägers gegen dieses Urteil wurde vom Landgericht Bielefeld mit Urteil vom 22.03.2011 verworfen. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Bielefeld wurde schließlich durch einen Beschluss des Oberlandesgerichts in Hamm vom 22.03.2011 als unbegründet verworfen. Das beklagte Lan...