Entscheidungsstichwort (Thema)

AT-Angestellter. Gehaltsanpassung. Betriebsvereinbarung. Nachwirkung

 

Leitsatz (amtlich)

Sieht eine Betriebsvereinbarung über ein „AT-Entgeltsystem” neben der Regelung von „Eingruppierungsgrundsätzen” und einer „Gehaltsstruktur” eine Regelung über jährliche Gehaltsanpassungen auf Basis der Erhöhung der Tarifgehälter sowie nach Maßgabe der individuellen Gesamtperformance vor, so entfaltet dieser Teil der Regelung im Falle der Kündigung der Betriebsvereinbarung keine Nachwirkung.

 

Normenkette

BetrVG § 77 Abs. 6

 

Verfahrensgang

ArbG Bochum (Urteil vom 26.11.2009; Aktenzeichen 3 Ca 1975/09)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.10.2011; Aktenzeichen 1 AZR 376/10)

 

Tenor

Unter Zurückweisung der Anschlussberufung des Klägers wird auf die Berufung der Beklagten das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 26.11.2009 – 3 Ca 1975/09 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen, soweit es den bezifferten Zahlungsantrag im zuletzt verfolgten Umfang sowie den vom Arbeitsgericht titulierten Auskunftsanspruch betrifft.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Mit seiner Klage begehrt der Kläger, welcher seit dem Jahre 1980 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen im Bereich Management als AT-Angestellter gegen ein monatliches Bruttoentgelt von 10.217,– EUR beschäftigt ist, die Zahlung einer Gehaltsanpassung für das Jahr 2009 auf der Grundlage der Betriebsvereinbarung „AT-Entgeltsystem” vom 13.06.2007 (Bl. 6 ff. d.A.). Unter Hinweis auf die dort getroffene Regelung unter Ziffer 4.2.2 verlangt er zum einen die Erhöhung seines Gehalts entsprechend der Erhöhung der Tarifgehälter um 4,4 % mit einem Betrag von 449,55 EUR brutto/Monat. Zum anderen verfolgt er im Wege der Stufenklage einen Anspruch auf individuelle Gehaltsanpassung gemäß Ziffer 4.2.3 der Betriebsvereinbarung.

Die genannten Regelungen der Betriebsvereinbarung lauten, soweit hier von Belang, wie folgt:

1. Geltungsbereich …

2. Präambel …

3. Grundstruktur und Eingruppierung …

4. Gehaltsfindung und Gehaltsanpassung

4.1 Levelstruktur

4.2 Markorientierte Gehaltsanpassung

4.2.1 Marktorientierte Entwicklung der Gehaltsstruktur

Für die Ermittlung der marktgerechten Gehälterbänder nimmt B1 jährlich an einem Gehaltsvergleich teil. Dieser Gehaltsvergleich ist der Hay-Gehaltsvergleich …. Auf Basis dieses Vergleiches ergeben sich die spezifischen Markterhöhungssätze für alle Level und Gehaltsgruppen, die unverändert von B1 RP in die Gehaltstabellen zum 01.04. jedes Jahres übernommen werden.

4.2.2 Marktorientierte Entwicklung der Gehälter

Für die Entwicklung der marktgerechten Gehälter wird jährlich zum 01.04. zunächst das Gehalt auf Basis der letzten Tariferhöhung angepasst.

4.2.3 Individuelle Gehaltsanpassung

4.2.4 Gesamtgehaltserhöhung

Die Addition der Prozentsätze aus der markorientierten und der individuellen Gehaltsanpassung ergibt den Gesamterhöhungsprozentsatz. Auf Basis des Referenzgehaltes der jeweiligen Gehaltsgruppe wird mit dem Gesamterhöhungsprozentsatz die Gehaltserhöhung zum 01.04. eines jeden Jahres in EUR für 12 Monate berechnet und ausbezahlt

5. Höhergruppierungen

Wie unstreitig ist, hatte die Beklagte die Betriebsvereinbarung vom 13.06.2007 mit Wirkung um 31.12.2008 gekündigt. Zentraler Streitpunkt des Rechtsstreits ist die Frage der Nachwirkung der Betriebsvereinbarung. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Nachwirkung teilmitbestimmter Betriebsvereinbarungen vertritt der Kläger den Standpunkt, die in der Betriebsvereinbarung in Ziff. 4.2 enthaltenen Regelungen über die „marktorientierte Gehaltsanpassung” wirkten bis zum Abschluss einer neuen Betriebsvereinbarung nach. Demgegenüber macht die Beklagte geltend, aus den Regeln der Betriebsvereinbarung zur Gehaltsanpassung folge zum einen kein strikter Rechtsanspruch, vielmehr stehe die getroffene Regelung unter einem „Budgetvorbehalt”, so dass die in der Betriebsvereinbarung genannten Modalitäten der Gehaltsanpassung nur unter der Voraussetzung anzuwenden seien, dass der Konzern ein entsprechendes Budget für Gehaltserhöhungen zur Verfügung stelle. Zum anderen seien die Wirkungen der Betriebsvereinbarung jedenfalls infolge der ausgesprochenen Kündigung beendet, ohne dass eine Nachwirkung stattfinde. Die vom Kläger zitierte Rechtsprechung zur Nachwirkung teilmitbestimmter Betriebsvereinbarungen sei auf die vorliegende Fallgestaltung nicht anwendbar.

Durch Teilurteil vom 26.11.2009 (Bl. 188 ff. d.A.), berichtigt durch Beschluss vom 22.01.2010 (Bl. 187 a d.A.), auf welches wegen des weiteren Sachverhalts Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung der für die Monate April bis Juli 2009 geltend gemachten Differenzbeträge verurteilt. Ferner ist die Beklagte verurteilt worden, dem Kläger Auskunft über die Lage seines Ist-Gehalts zum Referenzgehalt und seine individuelle Gesamtperformance zu erteilen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, die in der Betriebsvereinbarung...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?