Die Revision wird nicht zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung wegen unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit während der Wartezeit des § 1 KSchG. Maßregelungsverbot des § 612 a. Darlegungs- und Beweislast für unzulässige Maßregelung beim Arbeitnehmer
Leitsatz (redaktionell)
1. Für die Frage der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes gemäß § 1 Abs. 1 KSchG kommt es allein auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung und nicht auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist an (im Anschluss an BAG, Urteil v. 16.09.2004 – 2 AZR 447/03).
2. Ein Umkehrschluss aus § 8 EFZG ergibt, dass die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses auch während einer nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeit möglich ist.
3. Die Darlegungs- und Beweislast für Tatsachen, die eine unzulässige Maßregelung nach § 612a BGB begründen sollen, trägt der Arbeitnehmer (im Anschluss an BAG, Urteil v. 16.09.2004 – 2 AZR 511/03).
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 1; BGB §§ 242, 612a; EFZG § 8
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Urteil vom 30.03.2005; Aktenzeichen 5 Ca 7025/04) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 30.03.2005 – 5 Ca 7025/04 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.800,– EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.
Der verheiratete Kläger war seit dem 15.07.2004 bei der Beklagten als Kraftfahrer zu einem monatlichen Bruttoverdienst von 1.800,– EUR auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 14.07.2004 beschäftigt. Wegen der Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf Bl. 4 bis 7 d. GA. Bezug genommen. Am 28.09.2004 erlitt der Kläger während eines Ladevorganges bei der Bedienung eines Krans der Beklagten einen Arbeitsunfall, bei dem der Daumen der linken Hand gequetscht wurde, so dass das erste Daumenglied entfernt werden musste. Aufgrund dieses Unfalls war der Kläger in der Zeit vom 28.09. bis zum 29.11.2004 arbeitsunfähig erkrankt. Nach Wiederaufnahme seiner Tätigkeit am 30.11.2004 lehnte der Kläger die Bedienung des Krans ab, wobei die Einzelheiten dazu zwischen den Parteien streitig sind. Sodann war der Kläger erneut arbeitsunfähig krank und reichte für die Zeit vom 02.12. bis zum 10.12.2004 Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ein.
Mit Schreiben vom 06.12.2004 (Bl. 6 d.A.) kündigte die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende 5 Arbeitsverhältnis zum 15.12.2004, ersatzweise zum nächst möglichen Termin. Mit weiterem Schreiben vom 13.12.2004 erklärte die Beklagte vorsorglich eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 15.01.2005 bzw. zum nächst möglichen Termin. Gegen beide Kündigungen wehrt sich der Kläger mit der am 10.12.2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen Kündigungsschutzklage bzw. der am 22.12.2004 eingegangenen Klageerweiterung.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt und deswegen unwirksam. Das Kündigungsschutzgesetz sei anwendbar, weil für die Erfüllung der sechsmonatigen Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG nicht der Zeitpunkt des Kündigungszugangs, sondern der beabsichtigte Beendigungszeitpunkt maßgeblich sei. Zumindest sei aber die Kündigung wegen Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 1 Satz 1 und Art. 2 Abs. 1 GG unwirksam, weil eine Kündigung während einer verletzungsbedingten Krankheit nicht zulässig sei. Dies gelte insbesondere deswegen, weil der Arbeitsunfall ausschließlich darauf zurückzuführen sei, dass er nicht ordnungsgemäß in die Bedienung des Krans eingewiesen worden sei.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die Kündigung vom 06.12.2004 noch durch die Kündigung vom 13.12.2004 aufgelöst worden ist,
- die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien das Kündigungsschutzgesetz wegen der Nichterfüllung der sechsmonatigen Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG nicht anwendbar sei. Auf eine Unwirksamkeit der Kündigung vom 06.12.2004 aus sonstigen Gründen könne sich der Kläger schon deswegen nicht berufen, weil er in die Bedienung des Kranes von dem Zeugen W5xxxxxx ordnungsgemäß eingewiesen worden sei. Darüber hinaus sei der Unfall nicht auf einen Bedienungsfehler zurückzuführen, weil der Kläger den Kran zum Unfallzeitpunkt bereits zwei Monate lang bedient habe. Außerdem habe der Kläger bei seiner Arbeitsaufnahme nach Beendigung der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit erklärt, dass er zwar wieder arbeitsfähig sei, den Kran aber nicht mehr bedienen werde. Das Arbeitsverhältnis sei jedenfalls aufgrund der zweiten Kündigung vom 13.12.2004 beendet worden, zumal der Kläger mit der Zeugin H2xxxxxxx nach Erhalt der Kündigung vereinbart habe, dass er bis zum Ablauf der Kündigungsfrist s...