Die Revision wird zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgleichsanspruch des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer nach fehlerhafter Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen
Leitsatz (amtlich)
Hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Sozialversicherungsbeiträge in der Annahme ausgezahlt, dass er sie zu Unrecht einbehalten hat und stellt sich diese Annahme im Nachhinein als falsch heraus, so richtet sich die Rückabwicklung nach § 28 g SGB IV.
Normenkette
SGB IV §§ 26, 28g
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Urteil vom 25.08.2004; Aktenzeichen 6 (7) Ca 437/04) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 25.08.2004 – 6 (7) Ca 437/04 – abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt die Auszahlung von Arbeitsentgelt in Höhe eines Nettobetrages von 63,72 EUR, das die Beklagte mit dem November-Gehalt 2003 einbehalten hat.
Die Klägerin ist seit dem 01.04.1998 bei der Beklagten als Verwaltungsangestellte beschäftigt. Sie erzielt ein monatliches Gehalt von 2.688,46 EUR. Bei der Beklagten handelt es sich um eine Evangelische Stiftung des Privaten Rechts, die dem Diakonischen Werk angeschlossen ist. Arbeitsvertraglich ist die Anwendung des Bundesangestellten-Tarifvertrages in der für die Angestellten der Evangelischen Kirche von Westfalen geltenden Fassung (BAT-KF) vereinbart worden. Nach § 46 BAT-KF ist die Klägerin bei der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse Rheinland-Westfalen für eine betriebliche Altersvorsorge zusatzversichert.
Die Kirchlichen Zusatzversorgungskassen haben mit Wirkung vom 01.01.2002 das Prinzip der abschnittsgedeckten Umlagefinanzierung durch ein Kapitaldeckungssystem abgelöst. Während die Umlagen zu dem früheren System steuer- und sozialversicherungspflichtig waren, gilt dies für die Beiträge zu einem kapitalgedeckten Betriebsrentensystem nicht. Für die einzelnen Kirchlichen Zusatzversorgungskassen sind die Satzungsänderungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten in der zweiten Jahreshälfte 2002 in Kraft getreten. Im Rahmen der Systemumstellung beauftragte die Kirchliche Zusatzversorgungskasse Darmstadt den Direktor des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Wirtschaftsrecht III der Universität Münster, Prof. Dr. S7xxxxxxxx, mit der Erstellung eines Gutachtens zur Frage der Rückerstattung von Sozialversicherungsbeiträgen. Dieses kam – wie ein weiteres zu der strittigen Frage eingeholtes Gutachten, das dem Gericht nicht bekannt ist – zu dem Ergebnis, dass grundsätzlich eine Erstattungsmöglichkeit bestehe. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf das überreichte Kurzgutachten Bl. 71 – 80 d.A. verwiesen. Es wurde der für die Beklagte zuständigen Kirchlichen Zusatzversorgungskasse mit einem Anschreiben aus September 2002 übermittelt. Mit der Gehaltsabrechnung für November 2002 erstattete die Beklagte ihren Mitarbeitern anteilige Sozialversicherungsbeiträge für das Jahr 2002, was im Fall der Klägerin 521,77 EUR brutto ausmachte.
Anders als das Ergebnis der eingeholten Gutachten vertraten die Träger der Sozialversicherung die Auffassung, dass eine rückwirkende Sozialversicherungsfreiheit nicht gegeben sei und lehnten eine Erstattung der zunächst von der Beklagten abgeführten Sozialversicherungsbeiträge ab. Die Beklagte veranlasste die Unterrichtung von 9740 Mitarbeitern über diesen Sachverhalt durch Schreiben vom 17.02.2003 (Bl. 37 d.A.), welches den Gehaltsmitteilungen beigefügt werden sollte. Ob die Klägerin ein solches Schreiben tatsächlich erhalten hat, ist zwischen den Parteien streitig. In diesem Schreiben teilte sie außerdem mit, dass sie beabsichtige, diese Frage auf dem Rechtsweg zu klären und wies darauf hin, dass sie für den Fall, dass sich die Sozialversicherungsträger mit ihrer Auffassung durchsetzten, den erstatteten Anteil an den Sozialversicherungsbeiträgen wieder vom Lohn oder Gehalt abziehen und an die Sozialversicherungsträger abführen müsste.
Am 15.07.2003 fand zur Frage der Rückerstattung von Sozialversicherungsbeiträgen im Zusammenhang mit der Umstellung der Versorgungssysteme im Kirchlichen Bereich ein Gespräch zwischen Vertretern der Sozialversicherungsträger und u.a. der Evangelischen und Katholischen Kirche statt. Es wurde eine Einigung dahingehend erzielt, dass das Datum der ersten staatlichen Genehmigung einer Satzungsänderung für die Rückzahlung der verrechneten Beiträge zur Sozialversicherung maßgeblich sein solle, wobei es sich um einen Bescheid vom 17.06.2002 handelte. Aufgrund dieses Datums wurde eine Beitragspflicht für die Monate Januar bis Juni 2002 festgelegt. Die ab Juli 2002 abgeführten Sozialversicherungsbeiträge sollten erstattet werden. Diese Vereinbarung, zu deren Einzelheiten auf den Besprechungsvermerk vom 01.09.2003 (Bl. 17 – 20 d.A.) verwiesen wird, wurde durch die mit Schreiben vom 01.09.2003 erteilte Zustimmung der Sozialversicherungsträger wirksam.
Mit der Abrechnung für November 2003 (Bl. 96 d.A....