Die Revision wird nicht zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsstrafe. allgemeine Geschäftsbedingung. Höhe der Vertragsstrafe. befristeter Arbeitsvertrag. Kündigungsfrist
Leitsatz (amtlich)
Trotz einzuhaltender 4-wöchiger Kündigungsfrist ist die bei vorzeitiger vertragswidriger Beendigung versprochene Vertragsstrafe i. H. eines Monatsentgelts unangemessen hoch, sobald in das Monatseinkommen eine Aufwandsentschädigung bis zu 40 % des Gesamteinkommens eingerechnet ist (Auslandsaufenthalt).
Normenkette
BGB §§ 305b, 309 Nr. 6, § 307 Abs. 1, § 626 Abs. 1; ZPO § 888
Verfahrensgang
ArbG Münster (Urteil vom 26.11.2003; Aktenzeichen 3 Ca 1440/03) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 26.11.2003 – 3Ca 1440/03 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte eine Vertragsstrafe verwirkt hat.
Die Klägerin ist ein mittelständischer sporttouristisch orientierter Reiseveranstalter. Sie bietet im Sommer überwiegend Destinationen im Mittelmeerraum und im Winter in der Alpenregion an. Den Reisenden stellt sie teilweise Unterkunft mit Vollverpflegung in eigenen Häusern zur Verfügung. Dieser Aufenthalt ist begleitet von Animationsprogrammen. Auf der Grundlage des Vertrages vom 21.03.2002 wurde der Beklagte als Koch für die Destination M3xxxxxxx (T2xxxxx) befristet für die Zeit ab 26.03.2003 eingestellt. Obwohl dieser Vertrag als befristeter Vertrag galt und voraussichtlich mit Ablauf des ersten Juni 2003 enden sollte, haben die Parteien während der Befristung eine ordentliche 4-wöchige Kündigungsfrist für zulässig erachtet. Für seine Tätigkeit hat ihm die Klägerin ein monatliches Bruttoentgelt i. H. v. 1.100,00 EUR einschließlich der anteiligen Auslandsspesen versprochen. Hinzu kam die freie Anreise zur Destination, frei Kost und Logis während seines Auslandsaufenthaltes und das Recht zur Teilnahme an dem Animationsangebot während seiner Freizeit. Mit der Anlage zum Anstellungsvertrag, die im Wesentlichen die Stellenbeschreibung enthält, hat sich der Beklagte zur Zahlung einer Vertragsstrafe i. H. der regelmäßigen Monatsvergütung – ohne Überstunden oder sonstige Zulagen – verpflichtet, sobald er das Anstellungsverhältnis vertragswidrig vorzeitig beendet. Der Beklagte hat am 04.04.2003 fristlos mit der Begründung: „Unter Angabe falscher Tatsachen konnte ich meinen Beruf nicht ausüben, die Firma ist in Italien nicht eingetragen” gekündigt. Da die Klägerin für diese Kündigung einen wichtigen Grund i. S. des § 626 Abs. 1 BGB nicht erkennt, zudem eine erfolglose vorausgehende Abmahnung vermisst, bewertet sie die Vertragsstrafe als verwirkt.
Mit beim Arbeitsgericht Münster am 20.05.2003 erhobener Klage verfolgt sie diesen vermeintlichen Anspruch i. H. der vertraglichen Monatsvergütung. Zur Begründung hat sie die Auffassung vertreten, die Vertragsstrafe rechtswirksam verabredet zu haben. Ein Verstoß gegen § 309 Nr. 6 BGB sei nicht erkennbar, zumal dieses Arbeitsverhältnis nicht von dieser Bestimmung erfasst werde. Zumindest sei zu berücksichtigen, dass bislang vergleichbare Vertragsstrafenversprechen in der arbeitsrechtlichen Literatur und Rechtsprechung anerkannt worden seien und dass aus diesem Grunde die arbeitsrechtlichen Besonderheiten entsprechend § 310 Abs. 4 S. 2 BGB Berücksichtigung fänden. Hinzu komme, dass die Verpflichtung zur Arbeitsleistung nicht erzwungen werden könne (§ 888 Abs. 3 ZPO). Das Vertragsstrafeversprechen sei auch klar genug definiert. Hierdurch werde der Beklagte nicht unangemessen benachteiligt (§ 307 BGB). Sie müsse vielmehr auf die uneingeschränkte Vertragseinhaltung bestehen. Bei teilweiser Nichtbesetzung dieser Funktion in der Destination drohe ihr nicht nur ein Imageschaden, es seien außerdem Schadenersatzansprüche gem. den §§ 651 a ff. BGB zu befürchten. Der Beklagte habe auch rechtswidrig gekündigt. Ein kündigungsrelevanter Sachverhalt zur Anerkennung eines wichtigen Grundes sei nicht erkennbar. Nur vorsorglich bezweifle sie eine rechtmäßige Übertragung der §§ 305 ff. BGB auf dieses Vertragsverhältnis. Ihrer Meinung nach handele es sich um eine eindeutige Individuallabrede i. S. des § 305 b BGB. Üblicherweise regele sie Vertragsstrafenversprechen in den Arbeitsverträgen und nicht in gesonderten Anlagen.
Mit Urteil vom 26.11.2003 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u. a. die Auffassung vertreten, das Vertragsstrafenversprechen sei rechtsunwirksam, es verstoße gegen die §§ 309 Nr. 6, 307 BGB. Entgegen der Einschätzung der Beklagten handele es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung i. S. des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB. Mit dem Beklagten habe sie keine einzelvertragliche Abrede getroffen. Lediglich in einer unselbständigen Anlage zum befristeten Anstellungsvertrag habe sie die ansonsten verwandte einzelvertragliche Regelung untergebracht. Der Inhalt dieser Regelung sei von der Klägerin vorformuliert und nicht etwa gleichberechtigt vom Beklagten mit ausgehandelt worden. Da das Klaus...