Die Revision wird nicht zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verhaltensbedingte Kündigung. Arbeitsverweigerung. Zuweisung einer anderen Tätigkeiten für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit. Direktionsrecht. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Erschütterung des Beweiswertes einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Parteien eines Arbeitsvertrags können für die Dauer einer Arbeitsunfähigkeit eine andere leidensgerechte Beschäftigung vereinbaren. Die einseitige Zuweisung einer solchen Tätigkeit durch den Arbeitgeber kommt nur in Betracht, wenn die entsprechende Anordnung vom Direktionsrecht des Arbeitgebers getragen ist.
2. Liegt die zugewiesene Tätigkeit außerhalb des Direktionsrechts des Arbeitgebers, so kann der Arbeitnehmer sie verweigern. Es liegt in diesem Fall keine zur Kündigung berechtigende Arbeitsverweigerung des Arbeitnehmers vor.
3. Die ordnungsgemäß ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat einen hohen Beweiswert. Der Tatrichter kann normalerweise den Beweis für das Vorliegen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit bei Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung als erbracht ansehen.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 1-2; EFZG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1; GewO § 106; BGB § 315 Abs. 3; BRTV-Bau § 7 Nr. 1
Verfahrensgang
ArbG Bochum (Aktenzeichen 5 Ca 2790/04) |
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung der Beklagten sowie um Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
Der am 18.03.1944 geborene, ledige Kläger ist seit dem 15.04.1986 als Maurer zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsgehalt von ca. 2.600,– EUR im Betrieb der Beklagten in B2xxxx tätig. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV-Bau) Anwendung. Der Kläger ist als Spezialbaufacharbeiter in die Lohngruppe 4 des Bundesrahmentarifvertrags eingruppiert. Er erbringt Maurerarbeiten im Rahmen der Errichtung neuer Bauvorhaben und bei Abbrucharbeiten und Reparaturarbeiten.
Die Beklagte beschäftigt in ihrem Betrieb ca. 60 Arbeitnehmer. Sie ist im Baugewerbe, im Dachdeckergewerbe und im Immobilienverwaltungsgewerbe tätig. In ihrem Baubetrieb beschäftigt sie ca. 20 Arbeitnehmer.
Im Juli und August 2004 litt der Kläger an einem Tennisarm und einer Knochenhautentzündung an beiden Armen, hauptsächlich am linken Arm. Er begab sich zunächst in medizinische Behandlung bei dem Facharzt für Allgemeinmedizin S5xxxx. Dieser stellte am 23.07.2004 für den Zeitraum vom 23.07. bis 28.07.2004 eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus. In der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Bl. 81 d.A.) ist als Diagnose aufgeführt: „Epicondilitis rechts”. Anschließend war der Kläger bei dem Facharzt für Orthopädie, Dr. med. R2xxxxxxxx, in Behandlung. Dieser stellte am 28.07.2004 für den Zeitraum 28.07. bis zum 04.08.2004 eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus. In der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Bl. 85 d. A.) ist als Diagnose aufgeführt: „M51.3G”. Dieses Kürzel steht für „Rücken-Bandscheiben-Degeneration G = gesichert”. Eine dritte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, ebenfalls ausgestellt von Dr. med. R2xxxxxxxx, attestiert ein Arbeitsunfähigkeit bis zum 18.08.2004. Sämtliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen reichte der Kläger bei der Beklagten ein.
Am 04.08.2004 erschien der Kläger bei der Beklagten. Er sprach mit dem Geschäftsführer der Beklagten über die Übernahme einer anderen Tätigkeit für den Zeitraum seiner Arbeitsunfähigkeit. Der genaue Inhalt dieses Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig. In dem Zeitraum 05.08.2004 bis 11.08.2004 arbeitete der Kläger im Lager der Beklagten. Welche Tätigkeiten der Kläger in diesem Zeitraum konkret durchführte, ist zwischen den Parteien streitig. Auf dem Arbeitsplatz im Lager beschäftigt die Beklagte üblicherweise einen Platzmeister, der gelernter Dachdecker und Facharbeiter ist. Der Platzmeister war im streitigen Zeitraum urlaubsabwesend.
Am 11.08.2004 suchte der Kläger Dr. med. R2xxxxxxxx auf. Er teilte ihm mit, dass er wieder arbeiten würde. Dr. med. R2xxxxxxxx erklärte dem Kläger, dass er aus medizinischen Gründen nicht arbeiten dürfe. Der Kläger teilte dies dem Geschäftsführer der Beklagten mit. Dieser führte ein Telefonat mit Dr. med. R2xxxxxxxx. Eine Klärung, ob und wenn ja mit welchen Aufgaben der Kläger beschäftigt werden dürfe, erfolgte in diesem Rahmen nicht.
Mit Schreiben vom 12.08.2004 (Bl. 23 d.A.) teilte die Prozessbevollmächtigte des Klägers der Beklagten mit, dass der Kläger aufgrund der ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit weder in der Lage, noch verpflichtet sei, Arbeiten in welcher Form auch immer auszuführen. Er sei bereits aus versicherungstechnischen Gründen verpflichtet, der Arbeit fernzubleiben, andernfalls verlöre er den Versicherungsschutz. Der Kläger werde die Aufnahme von Arbeiten jeglicher Art verweigern.
Mit Schreiben vom 13.08.2004 (Bl. 58 d.A.) teilte die Beklagte der Prozessbevollmächtigten des Klägers mit, dass sie das Fernbleib...