Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung. Entscheidung einer paritätischen Kommission. Überprüfungsbefugnis durch das Arbeitsgericht. Schiedsgutachten. Eingruppierung eines Chemielaboranten. Feststellungsinteresse
Leitsatz (amtlich)
1. Der Arbeitnehmer, der seine Eingruppierung durch eine aufgrund einer freiwilligen Betriebsvereinbarung eingerichteten paritätischen Kommission nach § 7 ERA-ETV NRW vom 18.12.2003 überprüfen lässt, ist nicht gehindert, auch das Arbeitsgericht zur Überprüfung der Eingruppierung anzurufen.
Die Überprüfungsbefugnis des Arbeitsgerichts beschränkt sich nicht auf bloße Verfahrensmängel oder ein grob unbilliges Eingruppierungsergebnis.
Dies gilt mindestens dann, wenn die Eingruppierungsentscheidung der paritätischen Kommission keine ausreichende Begründung enthält.
2. Zur Eingruppierung und Bewertung der Arbeitsaufgaben eines angelernten Chemielaboranten nach § 3 ERA (Handlungs- und Entscheidungsspielraum, Stufe 3 oder 4; Kooperation, Stufe 3 oder 4).
Normenkette
ZPO § 256; ArbGG § 101; BGB §§ 317, 319; Entgeltrahmenabkommen in der Metall-Elektroindustrie NRW vom 18.12.2003 – ERA §§ 3-4; ERA-Einführungstarifvertrag vom 18.12.2003 – ERA-ETV §§ 4, 7
Verfahrensgang
ArbG Iserlohn (Urteil vom 19.06.2007; Aktenzeichen 5 Ca 127/07) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 19.06.2007 – 5 Ca 127/07 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die zutreffende Eingruppierung des Klägers.
Der am 27.12.1955 geborene Kläger, der über eine Ausbildung als Werkzeugmacher verfügt, steht seit dem 01.09.1970 in den Diensten der Beklagten. Seit 1979 ist er als angelernter Chemielaborant zu einem monatlichen Arbeitsentgelt von zuletzt 3.729,30 EUR brutto bei der Beklagten tätig.
Beide Parteien sind tarifgebunden. Der Kläger wurde zuletzt nach der Vergütungsgruppe K/T 5/1 des Gehaltsrahmenabkommens in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie vom 19.02.1975 vergütet.
Zum 01.06.2006 wurde im Betrieb der Beklagten das Entgeltrahmenabkommen für die Metall- und Elektroindustrie NRW vom 18.12.2003 – ERA – eingeführt und umgesetzt. Hierzu schlossen die Beklagte und der bei ihr bestehende Gesamtbetriebsrat am 10.02.2006 eine Gesamtbetriebsvereinbarung (Bl. 109 ff.d.A.), die unter anderem in Ziffer 7. folgendes vorsah:
„Besonderes Eingruppierungs- und Reklamationsverfahren/Paritätische Kommission
Die Betriebsparteien vereinbaren das besondere Eingruppierungs- und Reklamationsverfahren gem. § 7 ERA-ETV, § 4 Nr. 3 ERA, nach dem sich die weiteren Verfahrensschritte bei Nichtzustimmung des Betriebsrats zur beantragten Eingruppierung sowie die Reklamationsrechte des Beschäftigten richten (Anlage 6 Flussdiagramm). Es wird jeweils eine paritätische Kommission für das Werk M1 und das Werk in D4 eingerichtet, der je (3) vom Arbeitgeber und vom Betriebsrat bestellte Betriebsangehörige angehören. Die Mitglieder, sowie je ein Vertretungsmitglied, werden für das Werk M1 unverzüglich benannt.
In die Entscheidungsfindung der paritätischen Kommission soll die Sachkunde des ERA-Lenkungskreises je nach Notwendigkeit einbezogen werden.
Das besondere tarifliche Eingruppierungs- und Reklamationsverfahren löst die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gem. § 99 ff. BetrVG ab.”
Im Betrieb der Beklagten wurde in der Folgezeit die paritätisch besetzte Kommission nach § 4 ERA i.V.m. § 7 ERA-Einführungstarifvertrag – ERA-ETV – gebildet. Hierüber wurden sämtliche Mitarbeiter der Beklagten einschließlich der Bedeutung und Auswirkungen der Einführung des ERA im Betrieb der Beklagten durch Informationsschreiben vom 06.04.2006 (Bl. 53 ff.d.A.) informiert.
Mit Schreiben vom 26.04.2006 (Bl. 61 ff.d.A.) beantragte die Beklagte bei dem Betriebsrat die Eingruppierung des Klägers in die Entgeltgruppe 8 ERA. Dem Schreiben an den Betriebsrat vom 26.04.2006 war in der Anlage ein Übersichtsblatt aller in der Abteilung 05/0 beschäftigten Mitarbeiter einschließlich der für die jeweiligen Stellen vergebenen Punkte beigefügt (Bl. 62 d.A). Aufgrund einer Arbeitsbewertung der Stelle des Klägers (Bl. 67 ff.d.A.) war die Beklagte zu einer Punktzahl von insgesamt 70 Punkten gelangt. Die Arbeitsbewertung enthielt für den Kläger folgende Tätigkeitsbeschreibung (Bl. 68 d.A.):
„Vorbereitung und Durchführung aller im chemischen Labor anfallenden analytischen Prüfungen hinsichtlich vorgegebener Normen.
- • Analyse der betrieblichen Eloxal- und Chromatbäder, Beizen, Salz- und Glykolbäder, Kläranlage nach vorgegebenen Spezifikationen.
- • Vorbereitung und Durchführung von Korrosionsversuchen und Korrosionsprüfungen.
- • Wartung und Kalibrierung und der Analysegeräte, insbes. Röntgenfloureszensspektrometer.”
Der Betriebsrat stimmte der von der Beklagten vorgesehenen Eingruppierung des Klägers in die Entgeltgruppe 8 ERA mit Schreiben vom 27.04.2006 (Bl. 61 d.A.) zu.
Mit Schreiben vom 26.04.2006 (Bl. 14 d.A.) teilte die Beklagte dem Kläger die vorgesehene Eingruppieru...