Verfahrensgang

ArbG Siegen (Urteil vom 02.07.1993; Aktenzeichen 3 Ca 523/93)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 02.07.1993 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Siegen wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien, zwischen denen aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 25.04.1984, in dem es unter anderem heißt:

„Änderungen des Vertrages bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform.”

ein Arbeitsverhältnis mit einer Beschäftigung des Klägers als Niederlassungsleiter in S. gegen ein monatliches Gehalt von 3.850,– DM brutto zuzüglich einer Provision von 460,– DM brutto monatlich begründet worden war, streiten um die Rechtswirksamkeit einer von der Beklagten behaupteten, telefonisch gegenüber dem Kläger am 26.02.1993 ausgesprochenen ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit Wirkung zum 30.06.1993.

Von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 ZPO Abstand und auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des am 02.07.1993 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Siegen Bezug genommen.

Im übrigen wird wegen einiger Verdeutlichungen, Ergänzungen und Bekräftigungen des beiderseitigen Parteivorbringens sowie des Setzens anderer Akzente gegenüber dem Vortrag in erster Instanz auf den vorgetragenen Inhalt der in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze der Parteien und wegen der von ihnen gestellten Anträge auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 08.03.1994 verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die nach dem vom Arbeitsgericht festgesetzten Streitwert und der entsprechenden Beschwer statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sowie rechtzeitig auch ordnungsgemäß begründete Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg und führte zur Zurückweisung.

Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht entsprochen.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die von der Beklagten behaupteten, dem Kläger gegenüber telefonisch am 26.02.1993 ausgesprochenen ordentlichen Kündigung nicht wirksam aufgelöst worden, sondern hat bis zum 30.09.1993 fortbestanden.

Die Kündigung der Beklagten ist rechtsunwirksam.

Gemäß § 125 BGB ist nicht nur ein Rechtsgeschäft, welches der gesetzlich vorgeschriebenen Schriftform ermangelt, rechtsunwirksam, sondern im Zweifel auch ein Rechtsgeschäft, für welches die Parteien zu deren Rechtswirksamkeit die Schriftform bestimmt haben. Dies gilt auch für eine Kündigung, wenn die Parteien im schriftlichen Arbeitsvertrag für Veränderungen des Vertrages zu deren Rechtswirksamkeit die Schriftform vereinbart haben. Auch eine Kündigung zielt auf eine Änderung des Arbeitsvertrages, auf deren Aufhebung ab. Ein Arbeitsverhältnis, das beendet werden soll, wird als Dauerschuldverhältnis außer Kraft gesetzt und damit geändert.

In der Regel ist auch bei einer vereinbarten Schriftform von einer konstitutiven Bedeutung der Schriftform auszugehen. Dafür sprechen im Streitfall zum einen der Wortlaut „… dürfen zu Ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform.” und zum anderen die gesetzliche Auslegungsregel des § 125 Satz 2 BGB, daß im Zweifel anzunehmen ist, ohne Einhaltung der Form ist die Kündigung nichtig (BAG in AP Nr. 8 zu § 125 BGB). Wenn die Parteien lediglich eine Beweissicherung damit hätten verbinden wollen, so hätte es dafür einer besonderen Abrede bedurft.

Aufgrund der unstreitigen Klausel in dem schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien vom 25.04.1984, daß Änderungen des Vertrages zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform bedürfen, konnte die telefonisch erklärte Kündigung des Geschäftsführers der Beklagten am 26.02.1993 keine Rechtswirksamkeit hinsichtlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.1993 entfalten.

Das Arbeitsverhältnis konnte also lediglich aufgrund der schriftlichen, dem Kläger am 01.03.1993 zugegangenen ordentlichen Kündigung zum 30.09.1993 beendet werden.

Nach alledem war die Berufung der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO, wobei der Wert des Streitgegenstandes unverändert geblieben ist, zurückzuweisen.

Gegen dieses Urteil besteht keine Möglichkeit der Revision. Ihre Zulassung gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG kam nicht in Betracht, da dem Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und auch keine Divergenz zur höchstrichterlichen Rechtsprechung besteht.

Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 a Abs. 1 ArbGG wegen der Nichtzulassung der Revision wird die Beklagte hingewiesen.

 

Unterschriften

gez. Koehler, Seebauer, Konermann

 

Fundstellen

NZA 1995, 993

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