Entscheidungsstichwort (Thema)
Mindestlohnwirksamkeit einer Zulage
Leitsatz (amtlich)
Eine Zulage von 119,34 €, die der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin (Spielhallenaufsicht) allmonatlich neben der mit einem Stundenlohn von 7,50 € berechneten Grundvergütung auszahlt und deren Bezug nicht von weiteren Voraussetzungen abhängig ist - insbesondere nicht von der Anzahl monatlich angefallener Nachtarbeits-, Sonntags- oder Feiertagsstunden -, ist mindestlohnwirksam und kann vom Arbeitgeber auf den geschuldeten Mindestlohn angerechnet werden.
Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass die Zulage im Juli 2014 vereinbart worden ist, um eine Schmälerung des Arbeitsentgelts nach einer vom Arbeitgeber gewünschten Reduzierung der vertraglichen Zuschläge für Arbeiten nach 20.00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen auszugleichen.
Da der Anspruch auf die Zulage von 119,34 € nach der Vereinbarung vom Juli 2014 unabhängig davon ist, ob und in welchem Umfang in den einzelnen Monaten Nachtarbeit, Sonntagsarbeit oder Feiertagsarbeit angefallen sind, ist ein Funktionswandel gegenüber der früheren Vertragslage bewirkt worden, der bei der Prüfung der funktionellen Gleichwertigkeit der Zulage zu Grundvergütung und Mindestlohn zu beachten ist.
Normenkette
MiLoG § 1 Abs. 1-2
Verfahrensgang
ArbG Herne (Entscheidung vom 15.12.2015; Aktenzeichen 3 Ca 1354/15) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 15.12.2015 - 3 Ca 1354/15 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch darüber, ob eine monatlich gezahlte Zulage von 119,34 € brutto auf den Anspruch der Klägerin auf den gesetzlichen Mindestlohn für die Monate Januar bis Oktober 2015 anrechenbar ist.
Die 1955 geborene Klägerin ist seit dem 01.09.2007 als Servicemitarbeiterin / Spielhallenaufsicht im Betrieb der Beklagten beschäftigt. Die durchschnittliche monatliche Arbeitszeit beträgt 160 Stunden.
Bei Einstellung der Klägerin im Jahr 2007 wurde eine Vergütung in Höhe von 7,00 € brutto pro Stunde vereinbart (Arbeitsvertrag Bl. 17 ff GA). Dieser Stundenlohn wurde später auf 7,50 € brutto erhöht. Daneben zahlte die Beklagte an die Klägerin verschiedene Zuschläge, so einen Nachtzuschlag in Höhe von 25 % des Stundenlohnes für Arbeitszeiten zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr, des Weiteren einen Sonntagszuschlag in Höhe von 50 % auf den Stundenlohn für die sonntägliche Arbeit sowie einen Feiertagszuschlag in Höhe von 125 % auf den Stundenlohn für die Arbeit an Feiertagen.
Nachdem die Beklagte zum 01.07.2014 in die Unternehmensgruppe "D S" aufgenommen wurde, wünschte diese die Vereinheitlichung der Arbeitsverträge in ihrer Gruppe. Die Beklagte wandte sich an die Klägerin mit dem Angebot einer Vertragsänderung. Danach sollten Nachtzulagen nicht mehr für die Zeit von 20.00 - 6.00 Uhr gezahlt werden, sondern nur noch für die Zeit von 22.00 - 6.00 Uhr, Sonntagszuschläge statt in Höhe von 50 % nur noch in Höhe von 30 % und Feiertagszuschläge teilweise weiterhin mit 125 % und teilweise nur noch in Höhe von 50 % (Schreiben der Beklagten vom 02.07.2014, Bl. 16 GA). Um die Gesamtvergütung der Arbeitnehmer nicht zu verringern, wurde gleichzeitig mit den Arbeitnehmern, so auch mit der Klägerin, die Zahlung einer monatlichen Zulage vereinbart, die sich bei der Klägerin auf 119,34 € brutto beläuft. Wegen der Angaben der Beklagten zur Berechnung des Betrages von 119,34 € wird auf Bl. 34 GA verwiesen. In dem Anschreiben der Beklagtenvom 02.07.2014 heißt es zu der Zulage:
"Für die Zuschlagsanpassung der in Punkt 1 (a-d) aufgeführten Zuschläge erhalten sie einen finanziellen Brutto-Ausgleich in Höhe von 119,34 EUR Pro Monat."
Die Klägerin stimmte dieser Vertragsänderung zu. Die Parteien vereinbarten, dass ab dem 01.07.2014 die Zuschläge nur noch in der dargelegten Form gezahlt würden (Bl. 116 GA). Die Beklagte leistete fortan durchgängig die monatliche Zulage von 119,34 €, daneben zahlte sie Zulagen für Nachtschichten, Sonntagszuschläge und Zuschläge für Feiertage auf der Grundlage der neuen Vereinbarung vom 02./15.07.2014 (Bl. 116 GA).
Zu Beginn des Jahres 2015 bot die Beklagte der Klägerin im Hinblick auf das in Kraft getretene Mindestlohngesetz (MiLoG) erneut eine Vertragsänderung an. Der Klägerin wurden eine Vergütung in Höhe von 8,50 € brutto pro Stunde, Zuschläge in Höhe von 25 % für die Arbeitszeit zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr sowie Zuschläge in Höhe von 30 % für die Arbeit an Sonntagen und Zuschläge in Höhe von 50 % für die Arbeit an Feiertagen angeboten. Beim Zusammentreffen von zwei oder drei der genannten Zuschläge sollte nur der jeweils höchste Zuschlag ausgezahlt werden. Die Klägerin nahm dieses Änderungsangebot nicht an.
Die Beklagte leistete für die Monate ab Januar 2015 weiterhin den bisherigen Stundenlohn von 7,50 € und die Zulage von 119,34 € nebst Nachtzuschlägen, Sonntagszuschlägen, Feiertagszuschlägen sowie als neuen Ver...