Die Revision wird zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vererblichkeit des Abfindungsanspruchs nach § 1 a KSchG. Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die betriebsbedingte Kündigung Voraussetzung für die Entstehung des Abfindungsanspruchs
Leitsatz (amtlich)
Die Entstehung des Abfindungsanspruchs nach § 1 a KSchG setzt voraus, dass das Arbeitsverhältnis durch die betriebsbedingte Kündigung beendet worden ist. Endet das Arbeitsverhältnis vorher durch den Tod des Arbeitnehmers, entsteht der Abfindungsanspruch nicht und kann deshalb auch nicht auf die Erben nach § 1922 Abs. 1 BGB übergehen.
Normenkette
KSchG § 1a; BGB § 1922 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Siegen (Urteil vom 09.06.2005; Aktenzeichen 1 Ca 843/05 O) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegen vom 09.06.2005 – 1 Ca 843/05 O – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Klägern je zur Hälfte auferlegt.
Der Streitwert wird auf 30.000,– Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Vererblichkeit eines Abfindungsanspruchs.
Die Kläger sind Eltern und gesetzliche Erben ihres am 17.07.1961 geborenen und am 22.04.2005 verstorbenen Sohnes C1xxxxxx T1xxxx.
Der Sohn der Kläger war seit 1980 bei der Beklagten als Handelsfachpacker im Versand tätig.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Sohn der Kläger mit Schreiben vom 13.10.2004 zum 30.04.2005, das folgenden Wortlaut hat:
„Sehr geehrter Herr T1xxxx,
hiermit kündigen wir das bestehende Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 30. April 2005. Vorsorglich kündigen wir zum nächst möglichen Termin.
Aufgrund der momentanen stark sinkenden Auftragslage, bedingt durch Billiglohnimporte aus Ostblockländern haben wir für unsere deutschen Produktionsbetriebe leider nicht mehr genug Arbeit. Aus diesem Grunde müssen wir das Werk und den Logistikstandort in F3xxxxx schließen. Zusätzlich wird ein großer Teil der Produktion aus den anderen Werken nach unserem Werk in Polen verlagert. Leider können wir Ihnen keinen anderen Arbeitsplatz mehr anbieten, wodurch auch Ihr Arbeitsplatz entfällt.
Die Kündigung ist daher aus dringenden betrieblichen Erfordernissen unumgänglich. Bei der Sozialauswahl hat sich ergeben, dass Ihnen zu kündigen ist.
Für den Fall, dass sie keine Kündigungsschutzklage innerhalb der dafür vorgesehenen Frist erheben, bieten wir Ihnen an, dass entsprechend der §§ 1, 1 a KSchG eine Abfindung in Höhe von 30.000,– EUR (0,5 Monatsverdienste pro Beschäftigungsjahr im Sinne des § 1 a II KSchG) gezahlt wird.
Wir weisen Sie darauf hin, dass seit dem 01.07.2003 für Arbeitnehmer die Pflicht zur frühzeitigen Arbeitssuche besteht. Danach ist der Arbeitnehmer verpflichtet, sich unverzüglich nach Erhalt der Kündigung persönlich bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend zu melden.”
Mit Rücksicht auf die erteilte Abfindungszusage erhob der Sohn der Kläger keine Kündigungsschutzklage.
Mit Schreiben vom 28.04.2005 lehnte die Beklagte die Auszahlung der Abfindung an die Kläger unter anderem unter Hinweis darauf ab, dass der Anspruch auf die zugesagte Abfindung wegen des bedauerlichen Todes des Sohnes der Kläger vor Ablauf der Kündigungsfrist nicht bestehe. Wegen der Einzelheiten dieses Schreibens wird auf Blatt 7, 8 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Die Kläger haben die Ansicht vertreten, der in dem Kündigungsschreiben zugesagte Abfindungsanspruch sei im Wege der Erbfolge auf sie übergegangen. Denn es sei davon auszugehen, dass schuldrechtliche Ansprüche mit dem Abschluss des Rechtsgeschäfts entstünden. Da ihr Sohn im Hinblick auf die Abfindungszusage keine Kündigungsschutzklage erhoben habe, sei der Abfindungsanspruch mit Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist des § 4 KSchG entstanden und fällig geworden. Im Übrigen sei die Beklagte aufgrund der ihr obliegenden Fürsorge verpflichtet gewesen, ihren Sohn über eine etwaige Nichtvererblichkeit des Anspruchs aufzuklären, so dass die Abfindung jedenfalls im Hinblick auf die vorliegende Fürsorgepflichtverletzung auszuzahlen sei.
Die Kläger haben beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 30.000,– EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2005 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass die Entstehung des Abfindungsanspruchs nach § 1 a KSchG die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die ausgesprochene Kündigung zwingend vorausgesetzt habe. Bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der Kündigungsfrist, könne der Abfindungsanspruch nicht entstehen und deshalb auch nicht vererbt werden.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Siegen vom 09.06.2005 1 Ca 843/05 O zu verurteilen, an sie 30.000,-- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2005 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Wegen d...