Entscheidungsstichwort (Thema)

Kirchliches Arbeitsrecht. Jahressonderzahlung. Kürzung aufgrund Dienstvereinbarung zur Beschäftigungssicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Wirksamkeit einer zwischen Dienststelle und Mitarbeitervertretung vereinbarten Dienstvereinbarung zur Kürzung der Jahressonderzahlung auf der Grundlage der Ordnung zur Beschäftigungssicherung für kirchlich Mitarbeitende (BSO) vom 02.07.2010 kann nicht mit der Begründung infrage gestellt werden, die Dienststellenleitung habe entgegen ihrer Verpflichtung gemäß § 2 Abs. 2 BSO die Mitarbeitervertretung nicht vollständig über die Notwendigkeit der Maßnahme und das Fehlen anderer Einsparungsmöglichkeiten unterrichtet. Die in § 2 Abs. 2 BSO genannten "Voraussetzung" der Darlegung und eingehenden Erklärung der wirtschaftlichen Situation der Einrichtung stellt kein Wirksamkeitserfordernis in Bezug auf die abgeschlossene Dienstvereinbarung dar.

 

Normenkette

BAT-KF § 19

 

Verfahrensgang

ArbG Hamm (Entscheidung vom 08.05.2012; Aktenzeichen 1 Ca 2371/11)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 08.05.2012 - 1 Ca 2371/11 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin, welche aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages als Altenpflegehelferin in der vom Kirchenkreis H1 geführten Pflegeeinrichtung tätig ist und auf deren Arbeitsverhältnis aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme die Bestimmungen des BAT-KF Anwendung finden, die ungekürzte Auszahlung der nach § 19 BAT-KF zu leistenden Jahressonderzahlung für das Jahr 2011.

Dem hält die beklagte Einrichtung entgegen, auf der Grundlage der Ordnung zur Beschäftigungssicherung für kirchlich Mitarbeitende (Beschäftigungssicherungsordnung - BSO) vom 02.07.2010 und der hierauf gestützten, zwischen Dienststellenleitung und Mitarbeitervertretung geschlossenen Dienstvereinbarung vom 12.10.2011 sei die Höhe der Jahressonderzahlung um 50 % reduziert worden, um so der wirtschaftlichen Lage der Einrichtung Rechnung zu tragen die bestehenden Arbeitsplätze zu sichern.

Die Beschäftigungssicherungsordnung (BSO) enthält hierzu folgende Regelung:

§ 1

Dienstvereinbarung zur Beschäftigungssicherung

(1) Zur Sicherung von Arbeitsplätzen kann für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Dienststelle im Sinne des § 3 MVG durch Dienstvereinbarung gemäß § 36 MVG zwischen Dienststellenleitung und Mitarbeitervertretung festgelegt werden, dass die Personalkosten verringert werden durch eine Reduzierung der Höhe der Jahressonderzahlung um bis zu 50 % der nach § 19 BAT_KF bzw. § 19 MTArb-KF maßgebenden Beträge oder durch eine vorübergehende Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit auf bis zu 40,5 Wochenstunden ohne Entgeltausgleich. Die veränderte Arbeitszeit gilt für die Dauer der Laufzeit der Dienstvereinbarung als regelmäßige Arbeitszeit im Sinne des § 6 BAT-KF bzw. MTArb-KF. Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit der Teilzeitbeschäftigten erhöht sich in entsprechendem Verhältnis. Auf Antrag des bzw. der Teilzeitbeschäftigten verbleibt es bei der bisher vereinbarten Arbeitszeit; in diesem Fall ist das Entgelt entsprechend zu kürzen."

"§ 2

Voraussetzungen einer Dienstvereinbarung nach § 1 Absatz 1

(1) Eine Dienstvereinbarung gemäß § 1 Absatz 1 kann abgeschlossen werden, wenn die Dienststelle oder ein wirtschaftlich selbständiger Teil der Dienststelle nicht in der Lage ist oder kurzfristig sein wird, aus den zustehenden Kirchensteuern oder erwirtschafteten Mitteln die laufenden Verpflichtungen einschließlich des Schuldendienstes zu erfüllen.

(2) Voraussetzung ist, dass die Dienststellenleitung der Mitarbeitervertretung vorher die wirtschaftliche Situation der Einrichtung schriftlich darlegt und eingehend erklärt. Dazu ist der Mitarbeitervertretung Einblick in die maßgeblichen Unterlagen zu gewähren und eine unmittelbare Unterrichtung durch den Wirtschaftsprüfer oder Rechnungsprüfer zu ermöglichen. Der Mitarbeitervertretung ist die Planung der weiteren organisatorischen und finanziellen Maßnahmen, die angewandt werden, um die Einrichtung dauerhaft aus der wirtschaftlich schwierigen Situation herauszuführen, darzulegen; insbesondere hat die Dienststellenleitung darzulegen, dass andere als die in der Dienstvereinbarung zu treffenden Maßnahmen nicht helfen können, die wirtschaftlich schwierige Situation ohne Beendigungskündigung zu überwinden.

(3) Voraussetzung ist weiterhin, dass in die Dienstvereinbarung aufgenommen werden

1. die Gründe, die zur vorübergehenden Absenkung der Jahressonderzahlung oder Anhebung der Wochenarbeitszeit führen,

2. die Verpflichtung der Dienststellenleitung, mit der Mitarbeitervertretung in regelmäßigen Abständen, mindestens vierteljährlich, die Entwicklung der Einnahme- und Ausgabesituation zu erörtern,

3. die Verpflichtung, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von dieser Regelung auszunehmen,

a) deren Arbeitsverhältnis in Folge einer Befristung im Arbeitsvertrag während der Laufzeit der Dienstvereinbarung ausläuft, es ...

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