Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Arbeitsunfähigkeit. Erwerbsunfähigkeit. Beginn des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung bei Erkrankung während des Erziehungsurlaubs/der Elternzeit
Leitsatz (amtlich)
1. Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG kann auch dann gegeben sein, wenn die Erkrankung so schwer ist, dass sie den Arbeitnehmer dauernd erwerbsunfähig macht.
2. Ist ein im Erziehungsurlaub/in der Elternzeit erkrankter Arbeitnehmer nach Beendigung des Erziehungsurlaubs/der Elternzeit weiterhin arbeitsunfähig krank im Sinne des § 3 Abs. 1 EFZG, so ist der Arbeitgeber mit Ablauf des Erziehungsurlaubs/der Elternzeit zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall verpflichtet. Auf die Sechswochenfrist des § 3 Abs. 1 EFZG, die in diesem Fall mit Ablauf des Erziehungsurlaubs/der Elternzeit beginnt, wird die Dauer der Arbeitsunfähigkeit während des Erziehungsurlaubs/der Elternzeit nicht angerechnet.
Normenkette
EFZG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1; SGB VI § 44 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Detmold (Urteil vom 09.01.2003; Aktenzeichen 3 Ca 1682/02) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 09.01.2003 – 3 Ca 1682/02 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden dem Beklagten auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Entgeltfortzahlungsansprüche im Krankheitsfall.
Die am 21.01.12xx geborene Klägerin war in der Zeit vom 01.08.1995 bis zum 28.02.2003 bei dem Beklagten, der als Zahnarzt tätig ist, als medizinisch-technische Fachangestellte tätig. Ihr Bruttogehalt betrug zuletzt 1.687,26 Euro. Die Klägerin ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Bis zum 12.02.2002 befand sich die Klägerin im Erziehungsurlaub. Auf ihren Antrag vom 25.09.2001 hin wurde der Klägerin mit Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 10.04.2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung befristet für die Zeit vom 01.05.2002 bis zum 31.10.2003 bewilligt. In dem Bescheid heißt es unter anderem:
”…Rentenart
Sie haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit. Der Rentenanspruch ist zeitlich begrenzt, weil es nach den medizinischen Untersuchungsbefunden nicht unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann.
Die Anspruchsvoraussetzungen sind ab dem 19.10.2001 erfüllt.
Beginn der Rente
Die Rente auf Zeit wird ab Beginn des 7. Kalendermonats nach Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet (§ 101 Abs. 1 SGB VI). Als Rentenantrag gilt nach § 116 Abs. 2 SGB VI der am 25.09.2001 gestellte Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben …”
In der Zeit vom 13.02. bis zum 27.03.2002 war die Klägerin arbeitsunfähig krank. Der Beklagte lehnte die Zahlung der Entgeltfortzahlung für diesen Zeitraum ab.
Mit der vorliegenden, am 17.07.2002 erhobenen Klage hat die Klägerin den Anspruch gerichtlich geltend gemacht.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.338,00 EUR brutto zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, ein Entgeltfortzahlungsanspruch für diesen Zeitraum stehe der Klägerin nicht zu. Die Klägerin sei in der Zeit vom 13.02.2002 bis 27.03.2002 erwerbsunfähig gewesen. Dies schließe das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 3 EFZG aus. Des Weiteren sei am 13.02.2002 schon die Sechswochenfrist des § 3 Abs. 1 EFZG abgelaufen. Auch wenn die Klägerin arbeitsfähig gewesen wäre ab 13.02.2002, sei es ihr wegen ihrer persönlichen Verhältnisse nicht möglich gewesen, ihre vertraglich geschuldete Vollzeittätigkeit zu erbringen.
Durch Urteil vom 09.01.2003 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten auferlegt. Den Streitwert hat es auf 2.338,00 EUR festgesetzt.
In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die gesetzliche Sechswochenfrist habe erst mit Beendigung des Erziehungsurlaubs am 13.02.2002 zu laufen begonnen. Auf den Entgeltfortzahlungsanspruch habe die Frage, ob der Rentenantrag verspätet gestellt worden sei, keine Bedeutung. Der Beginn der Rente sei verbindlich im Bescheid festgesetzt worden.
Gegen dieses ihm am 16.01.2003 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Urteil hat der Beklagte am 11.02.2003 Berufung eingelegt und diese am 11.03.2003 begründet.
Der Beklagte greift das arbeitsgerichtliche Urteil insgesamt an. Er stützt sich im Wesentlichen weiterhin auf seinen erstinstanzlichen Vortrag.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 09.01.2003 – 3 Ca 1682/02 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 09.01.2003 – 3 Ca 1682/02 – zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsät...