Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang des Weisungsrechts des Arbeitgebers hinsichtlich der Lage der Arbeitszeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Es ist vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gem. § 106 S. 1 GewO gedeckt, wenn die Arbeitszeit eines Kommissionierers abweichend von der bisherigen Praxis (06.00 Uhr bis 14.32 Uhr) im Rahmen eines Schichtmodells mit versetzten Schichten auf die Zeit von 11.00 Uhr bis 19.32 Uhr festgesetzt wird. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn der Arbeitgeber zu Gunsten des Arbeitnehmers einen Vertrauenstatbestand in den Bestand der bisherigen Arbeitszeitregelung geschaffen hätte (hier: verneint).

 

Normenkette

GewO § 106 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Herford (Entscheidung vom 26.09.2014; Aktenzeichen 1 Ca 261/14)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 26.09.2014 - 1 Ca 261/14 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien haben über die Lage der Arbeitszeit des Klägers gestritten; sie streiten in der Berufungsinstanz noch darüber, ob sich der Rechtsstreit durch den Abschluss einer Betriebsvereinbarung erledigt hat.

Der Kläger ist seit dem 01.01.1994 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Kommissionierer beschäftigt. Der am 06.12.1993 geschlossene Arbeitsvertrag verhält sich nicht zur Lage der Arbeitszeit des Klägers. In § 10 des Vertrages wird auf einen Hausrahmentarifvertrag verwiesen. Ein derartiger Hausrahmentarifvertrag existiert allerdings nicht.

In der Vergangenheit beschäftigte die Beklagte den Kläger in der Zeit von 06:00 Uhr (Arbeitsbeginn) bis 14:32 Uhr (Arbeitsende) mit Ausnahme weniger Wochen in den Jahren 2009 und 2010, als die Arbeit in versetzten Schichten erprobt werden sollte.

Zur Lage der Arbeitszeit existierten im Betrieb der Beklagten eine Betriebsvereinbarung "Arbeitszeiten am Lager" vom 16.05.2002 sowie eine diese ergänzende, auf einem Einigungsstellenspruch beruhende Betriebsvereinbarung "zur Regelung der Arbeitszeit am Lager" vom 12.06.2012. In diesen Betriebsvereinbarungen wurden - jeweils ausgehend von einer 38,5 Stunden-Woche - verschiedene Schichtmodelle eingeführt und erprobt. Unter dem 20.06.2013 wurde eine Betriebsvereinbarung "Arbeitszeiten am Lager" abgeschlossen, mit der das Zeitmodell eines Drei-Schicht-Betriebes bei der Beklagten eingeführt wurde und die erstmals zum 31.12.2014 kündbar war. Eine ausdrückliche Kündigung dieser Betriebsvereinbarung erfolgte nicht.

Unter dem 29.01.2014 schlossen die Betriebsparteien eine weitere Betriebsvereinbarung "Arbeitszeiten am Lager". Es wurde für den Standort I, an dem auch der Kläger tätig war, erneut ein Drei-Schicht-Betrieb im Rahmen einer 38,5 Stunden-Woche vereinbart. Die Schichtarbeits- und Pausenzeiten ergeben sich aus § 4 der Betriebsvereinbarung in Verbindung mit einer aus sieben Seiten bestehenden Anlage zu dieser Betriebsvereinbarung. Nach § 7 der Betriebsvereinbarung sollte diese zum 01.02.2014 in Kraft treten und ohne Nachwirkung mit dem 30.04.2014 enden. In der Folgezeit einigten sich die Betriebsparteien vor dem Hintergrund andauernder hoher Krankenstände innerhalb der Belegschaft auf eine Fortgeltung der Betriebsvereinbarung zunächst für die Zeit bis zum 30.06.2014; insoweit wurden Emails vom 25.04.2014 und 28.04.2014 gewechselt. Später verständigten die Betriebsparteien sich auf eine Verlängerung der Vereinbarung bis zum 31.12.2014; hierüber verhält sich eine Email und der Aushang des Betriebsrats vom 16.06.2014.

Die Beklagte veröffentlichte erstmalig eine Personaleinsatzplanung auf Basis der Betriebsvereinbarung vom 29.01.2014 für die 8. KW 2014 (17.02.-21.02.2014). Danach war der Kläger für die "versetzte Schicht" d.h. von 11:00 Uhr bis 19:32 Uhr eingeteilt. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers forderte die Beklagte mit Schreiben vom 18.02.2014 auf, den Kläger nur im Rahmen seiner bisherigen Arbeitszeit von 06:00 Uhr bis 14:32 Uhr zu einzusetzen. Der Kläger trat die angeordnete Schichtarbeit unter schriftlichem Protest und der Ankündigung einer Beschwerde bei dem Betriebsrat an. Seitdem arbeitet der Kläger jede vierte Woche in der versetzten Schicht (11:00 Uhr bis 19:32 Uhr) und drei Wochen in der Frühschicht (06:00 Uhr bis 14:32 Uhr), die seiner ursprünglichen Arbeitszeit entspricht.

Mit seiner Klage, die am 25.02.2014 bei dem Arbeitsgericht Herford eingegangen ist, hat sich der Kläger gegen die Zuweisung der versetzten Arbeitszeit gewandt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei lediglich verpflichtet und berechtigt, seine Arbeitsleistung wie bisher in der Zeit von 06:00 Uhr bis 14:32 Uhr zu erbringen. Dies ergebe sich aus dem Arbeitsvertrag sowie langjähriger Übung. Der Kläger hat behauptet, er pflege seine Schwiegereltern, sodass es ihm auch vor diesem Hintergrund nicht zumutbar sei, nach 14:32 Uhr zu arbeiten, da er diese spätestens ab 16:00 Uhr persönlich betreuen müsse. Seine Ehefrau sei ebenfalls von montags bis freitags von 08:00 Uhr...

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