Revision zurückgewiesen 22.10.08
Entscheidungsstichwort (Thema)
Bezugnahmeklausel. Auslegung einer Bezugnahmeklausel. Gleichstellungsabrede
Leitsatz (amtlich)
Die Bezugnahme auf einen Tarifvertrag in der jeweils geltenden Fassung in einem nach dem 31.12.2001 geschlossenen Arbeitsvertrag kann mangels besonderer Anhaltspunkte aus Vertragswortlaut und /oder den Umständen bei Vertragsschluss nicht als Gleichstellungsabrede verstanden werden. Hierbei ist unerheblich, ob das Arbeitsverhältnis bereits vor dem 01.01.2002 bestanden hat (im Anschluss an Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.04.2007 – 4 AZR 652/05 –).
Normenkette
BGB § 611 Abs. 1, §§ 133, 157
Verfahrensgang
ArbG Paderborn (Urteil vom 07.12.2006; Aktenzeichen 1 Ca 1111/06) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 07.12.2006 – 1 Ca 1111/06 – abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 403,39 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.07.2006 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 403,39 EUR festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf Erhöhung seiner Vergütung im Hinblick auf das mit Wirkung zum 01.06.2006 in Kraft getretene Lohnabkommen vom 22.04.2006 für die Metallindustrie Nordrhein-Westfalen hat.
Der am 06.05.1950 geborene Kläger ist seit dem 01.04.1964 als Schlosser bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt der schriftliche Arbeitsvertrag vom 02.05.2002 zugrunde. Wegen seiner Einzelheiten wird auf Bl. 21 f. d.A. Bezug genommen. Der Kläger ist Mitglied der IG Metall. Bis zum 31.12.2005 war die Beklagte Mitglied des Arbeitgeberverbandes für die Gebiete Paderborn, Büren, Warburg und Höxter e.V.. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Beklagte ihre Mitgliedschaft mit Tarifbindung rechtswirksam beendet und mit Wirkung zum 01.01.2006 eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung begründet hat.
Unter Berufung auf das Lohnabkommen vom 22.04.2006 machte der Kläger der Beklagten gegenüber eine Erhöhung seiner Vergütung für Juni 2006 um 3 % sowie die tarifliche Einmalzahlung von 310,00 EUR brutto geltend. Außerdem verlangt er eine Erhöhung des zusätzlichen Urlaubsgeldes, das er aus Anlass des ihm im Juni 2006 gewährten Urlaubs erhalten hatte, um ebenfalls 3 %. Die Beklagte verweigerte die Zahlung dieser Beträge. Mit vorliegender Klage, die am 28.08.2006 beim Arbeitsgericht Paderborn einging und der Beklagten am 30.08.2006 zugestellt worden ist, verfolgt der Kläger diese Ansprüche weiter. Der Kläger hat zur Begründung seiner Klage vorgetragen, seine Beschäftigung erfolge auf der Basis des Arbeitsvertrages vom 02.05.2002. In § 3 des Arbeitsvertrages sei die tarifgerechte Bezahlung ausdrücklich geregelt. Dieser zwischen den Parteien im Mai 2002 abgeschlossene Formulararbeitsvertrag sei im Sinne der neuen gesetzlichen Regelungen der §§ 305 ff. BGB auszulegen. Aus der Sicht der Arbeitnehmer sei nicht erkennbar, dass die Beklagte durch die arbeitsvertraglichen Regelungen nur habe zusagen wollen, nicht tarifgebundene Arbeitnehmer wie tarifgebundene Arbeitnehmer zu behandeln. Unklarheiten der von der Beklagten gewählten Formulierung gingen zu ihren Lasten, da sie Verwenderin des Formulararbeitsvertrages sei. Er, der Kläger, könne angesichts der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entsprechend der vereinbarten dynamischen Verweisungsklausel auch weiterhin die Tariflohnerhöhung für den Bereich der Metall- und Elektroindustrie NRW verlangen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 406,18 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 16.07.2006 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, sie habe am 16.06.2005 ihre Mitgliedschaft in der „Fachgruppe Metall” des Arbeitgeberverbandes für die Gebiete Paderborn, Büren, Warburg und Höxter e.V. gekündigt und mit Wirkung zum 01.01.2006 eine OT-Mitgliedschaft in diesem Arbeitgeberverband begründet. Das Lohnabkommen vom 22.04.2006 gelte daher für sie, die Beklagte, tarifrechtlich nicht mehr. Seit dem 01.01.2006 sei sie nicht mehr tarifgebunden.
Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf die streitgegenständlichen Beträge auf der Grundlage einer einzelvertraglichen Inbezugnahme im Arbeitsvertrag. § 8 des Arbeitsvertrages vom 02.05.2002 sei im Sinne einer Gleichstellungsabrede auszulegen. Soweit das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 14.12.2005 zum Ausdruck gebracht habe, es beabsichtige, die bisherige Auslegungsregel nicht mehr auf arbeitsvertragliche Bezugnahmeklauseln anzuwenden, die mit Inkrafttreten des Schuldrechtmodernisierungsgesetzes ab dem 01.01.2002 vereinbart worden seien, treffe diese Rechtsprechungsänderungsabsicht auf das vorliegende Vertragsverhältnis nicht zu. Der Kläger sei bereits seit 1964 bei i...