Die Revision wird zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kleinbetriebsklausel. „Altbeschäftigte”. Neueinstellung. verbleibender Arbeitsplatz

 

Leitsatz (amtlich)

Der am 31.12.2003 erworbene Kündigungsschutz bleibt nur dann erhalten wenn

  1. entweder im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung mehr als fünf sog. Altbeschäftigte im Betrieb verblieben sind oder
  2. unter Hinzuziehung der Neueinstellungen der Schwellenwert von 10 Arbeitnehmern überschritten wird (herrschende Meinung in der Literatur; andere Ansicht Däubler AIB 2004, S. 7 und 8).

Von einer Neueinstellung i. S. des § 23 Abs. 1 S. 3 Halbsatz 2 KSchG ist auch dann auszugehen, wenn ein durch Kündigung freigewordener Arbeitsplatz wieder besetzt wird.

 

Normenkette

KSchG § 23 Abs. 1 Sätze 2-3; BGB §§ 242, 612a

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Urteil vom 25.02.2005; Aktenzeichen 1 Ca 3211/04)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.09.2006; Aktenzeichen 2 AZR 773/05)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 25.02.2005 – 1 Ca 3211/04 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Wesentlichen darüber, ob das zwischen ihnen zum 15.02.2000 begründete Anstellungsverhältnis als Teilzeitkraft im Bereich Büro aufgrund ordentlicher „betriebsbedingter” Kündigung der Beklagten vom 20.07.2004 mit dem 01.09.2004 beendet worden ist oder darüber hinaus fortbesteht.

Die am 11.09.1952 geborene Klägerin war seit dem 15.02.2000 als Teilzeitkraft im Bereich Büro zum Stundenlohn von 15,00 DM brutto tätig. Sie wurde von Anfang an in der Telefonakquise eingesetzt. Die Beklagte bietet Zeiterfassungssysteme mit Hard- und Software Komplettlösungen an. Die Arbeitszeit der Klägerin war vom Arbeitsanfall abhängig. Ihre Aufgabe bestand darin, Telefonakquise bei bestehendem Kundeninteresse durchzuführen, Nachfragen zur Auftragsausführung vorzunehmen und den Kundenbestand zu pflegen. Es handelte sich hierbei um Vorbereitungen für nachfolgende sog. Erstgespräche. Die eigentlichen Beratungsgespräche sowie die Präsentation der Produktpalette der Beklagten erfolgte durch qualifizierte Mitarbeiter. Von Anfang an hat die Klägerin nahezu 20 Wochenstunden gearbeitet. Die Beklagte zahlte ihr hierfür 1.300,00 DM = 664,68 EUR. Im Verlaufe der Zusammenarbeit wurde ein monatliche Entgelt i. H. v. 851,33 EUR brutto gezahlt. Diesem Bruttoentgelt lag eine monatliche Sollarbeitszeit von 86,40 Stunden zugrunde. Unter Berufung auf § 10 des Anstellungsvertrages vom 16.10.2000 reduzierte die Beklagte die Wochenstundenzahl ab Mai 2004 auf 10 Stunden. Sie begründete dies mit der Ineffizienz der Telefonakquise in Anbetracht der Internetwerbung.

Mit der am 27.05.2004 beim Arbeitsgericht Dortmund erhobenen Klage begehrte die Klägerin zunächst die Feststellung, einen Beschäftigungsanspruch von mindestens 20 Wochenstunden zu haben. Mit Klageerweiterung vom 05.08.2004 wehrte sie sich zusätzlich gegen die unter dem 20.07.2004 erklärte ordentliche Kündigung. Diese Kündigung erfolgte seitens der Beklagten mit der Begründung, die Telefonakquise aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt zu haben. Zur Begründung hat die Klägerin die Rechtsauffassung vertreten, ihr Arbeitsverhältnis habe sich auf 20 Wochenstunden konkretisiert. Dies habe die Beklagte in der Vergangenheit über die in der EDV vorgegebenen Sollzeit von 86,40 Monatsstunden festgeschrieben. Die Reduzierung ihrer Arbeitszeit um die Hälfte sei rechtsunwirksam; diese sei vom Direktionsrecht nicht gedeckt. Darüber hinaus greife die Beklagte unzulässig in ihren Vertragsschutz und Kündigungsschutz ein. Die ausgesprochene Kündigung sei ihrer Meinung nach sozial ungerechtfertigt. Entgegen ihrer Behauptung führe die Beklagte weiterhin eine Telefonakquise durch. Im Übrigen habe die Beklagte vor Ausspruch der Kündigung nicht überprüft, ob sie nicht mit anderen Bürotätigkeiten hätte betreut werden können.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 20.07.2004 aufgelöst worden ist, sondern fortbesteht;
  2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.506,75 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus jeweils 502,25 EUR seit dem 01.06., 01.07. und 01.08.2004 zu zahlen;
  3. festzustellen, dass die regelmäßige monatliche Arbeitszeit der Klägerin bei 86,40 Stunden liegt und die Beklagte der Klägerin ein monatliches Festgehalt von 851,33 EUR brutto schuldet.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Klage sei unbegründet. Sie bezweifelt eine abweichende Vertragsgestaltung mit verpflichtenden 20 Wochenstunden. Die Kündigung bewertet sie als rechtswirksam. Ihrer Meinung nach erfahre die Klägerin nicht den Schutz des Kündigungsschutzgesetzes. Im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung habe sie zwar sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Bei der Bestimmung der Betriebsgröße dürften jedoch der Mitarbeiter im kaufmännischen Bereich Z1xx und der Mitarbeiter im technischen Bereich N1xxxxxxx nicht b...

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