Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur insolvenzrechtlichen Einordnung eines tariflichen Abfindungsanspruchs
Leitsatz (amtlich)
Die am Ende des Altersteilzeitverhältnisses für den Verlust des Arbeitsplatzes geschuldete Abfindung gemäß § 6 TV Beschäftigungsbrücke für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens vom 28.03.2000 ist als Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO zu berichtigen, wenn der Arbeitsvertrag für verblockte Altersteilszeit vor Insolvenzeröffnung geschlossen worden ist und das Altersteilzeitarbeitsverhältnis nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens endet (Fortführung von BAG vom 27.04.2006 – 6 AZR 364/05, NZA 2006, 1282 = ZIP 2006, 1962).
Normenkette
InsO § 55 Abs. 1 Nrn. 1-2, § 108
Verfahrensgang
ArbG Iserlohn (Urteil vom 30.08.2005; Aktenzeichen 5 Ca 1429/05) |
ArbG Herne (Aktenzeichen 5 Ca 1429/05) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 30.08.2005 – 5 Ca 1429/05 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die insolvenzrechtliche Einordnung eines tariflichen Abfindungsanspruchs.
Der am 32.01.12xx geborene Kläger war seit dem 04.07.1979 bei der in I1xxxxxx ansässigen Firma E1xxx G1xxxx GmbH & Co. KG als Arbeitnehmer tätig, über deren Vermögen am 27.10.2003 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt worden ist.
Der Kläger schloss mit der Insolvenzschuldnerin auf der Grundlage des Tarifvertrages zur Beschäftigungssicherung vom 28.03.2000 in der Metallindustrie NRW (TV BB) am 27.09.2000 einen Arbeitsvertrag über verblockte Altersteilzeit. Das Altersteilzeit-Arbeitsverhältnis begann am 01.02.2001 und endete am 31.01.2005. Gemäß § 10 der Altersteilzeit-Vereinbarung erhält der Kläger unter Bezugnahme auf § 6 TV BB am Ende des Altersteilzeitverhältnisses für den Verlust seines Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von 230,08 EUR × 36 Monate = 8.282,93 EUR.
Der Kläger meint, bei diesem tarifvertraglichen Abfindungsanspruch handele es sich nicht lediglich um eine einfache Insolvenzforderung, sondern um einen Anspruch, der von dem Beklagten als Masseverbindlichkeit zu erfüllen sei.
Demgegenüber vertritt der Beklagte den Standpunkt, die Abfindungsforderung des Klägers sei bereits mit Unterzeichnung des Altersteilzeitvertrages am 27.09.2000 entstanden. Lediglich ihre Fälligkeit sei auf das Ausscheiden des Klägers verlagert worden. Deshalb handele es sich um eine einfache Insolvenzforderung im Sinne von § 38 InsO.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der im ersten Rechtszug gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 30.08.2005 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein Zahlungsanspruch des Klägers bestehe nicht, denn es handele sich nicht um eine Masseverbindlichkeit im Sinne von § 55 InsO. Die Abfindung sei keine Verbindlichkeit aus einem gegenseitigen Vertrag, deren Erfüllung für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen müsse. Dies gelte nur für im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Vergütungsansprüche. Dies treffe auf einen vor Insolvenzeröffnung vereinbarten Abfindungsanspruch nicht zu. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts Bezug genommen.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seinen erstinstanzlichen Zahlungsanspruch weiter. Zur Begründung seines Rechtsmittels trägt er vor, anders als vom Arbeitsgericht angenommen, sei § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht nur bei Lohn- und Gehaltsansprüchen anzuwenden. Auch der Abfindungsanspruch stehe in einem Gegenseitigkeitsverhältnis und werde für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschuldet. Voraussetzung für den Abfindungsanspruch sei die Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31.01.2005.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des am 30.08.2005 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Iserlohn – 5 Ca 1429/05 – den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 8.282,93 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 01.02.2005 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und tritt der Rechtsauffassung des Klägers entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen. Ergänzend ist lediglich folgendes hinzuzufügen:
1. Die Klage ist unzulässig, denn der Beklagte kann nicht im Wege einer Leistungsklage auf Zahlung der geltend gemachten Abfindung in Anspruch genommen werden. Es handelt sich nicht um eine Masseverbindlichkeit im Sinne von § 55 Abs. 1 InsO, sondern um eine Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO, die nach ordnungsgemäßer Anmeldung gemäß § 174 InsO im Streitfall gemäß § 180 InsO nur i...