Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses wegen beleidigender Äußerungen auf Facebook
Leitsatz (redaktionell)
1. Grobe Beleidigungen des Arbeitgebers oder seiner Vertreter oder Repräsentanten oder von Arbeitskollegen, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen bedeuten, stellen einen erheblichen Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis dar und sind an sich geeignet, eine außerordentliche fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen.
2. Dabei schützt das Grundrecht der Meinungsfreiheit weder Formalbeleidigungen und bloße Schmähungen noch bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen.
Normenkette
GG Art. 5 Abs. 1; BBiG § 22 Abs. 2-4; BGB § 626 Abs. 1; StGB § 185
Verfahrensgang
ArbG Bochum (Entscheidung vom 29.03.2012; Aktenzeichen 3 Ca 1283/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 29.03.2012 - 3 Ca 1283/12 - abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses.
Der am 11.12.1984 geborene Kläger befand sich seit dem 01.09.2010 in einem Ausbildungsverhältnis zum Mediengestalter Digital und Print mit der Fachrichtung Gestaltung und Technik bei dem Beklagten.
Grundlage des Ausbildungsverhältnisses war ein schriftlicher Berufsausbildungsvertrag vom 23.08.2010.
Seine Ausbildungsvergütung betrug zuletzt 430 € brutto.
Der Beklagte betreibt ein Unternehmen für Internetdienstleistungen. Unter anderem werden Facebook-Profile für Kunden erstellt.
Der Beklagte beschäftigt regelmäßig weniger als 10 Mitarbeiter.
Auf dem privaten Facebook-Profil des Klägers (vgl. Bl. 29 bis 31 d.A.) befindet sich unter der Rubrik "Arbeitgeber" die folgende Eintragung:
"Arbeitgeber: menschenschinder & ausbeuter
Leibeigener?Bochum
daemliche scheisse fuer mindestlohn - 20 % erledigen"
Mit Schreiben vom 21.06.2011, das dem Kläger unter dem 22.06.2011 zuging, kündigte der Beklagte das mit dem Kläger bestehende Ausbildungsverhältnis fristlos, weil er den Beklagten in dem Facebook-Profil als "menschenschinder & ausbeuter" bezeichnet habe, er den Beklagten als "Leibeigener" halte und der Kläger "daemliche scheisse fuer mindestlohn - 20 %" erledige.
Hinsichtlich des genauen Inhalts des Kündigungsschreibens wird auf das Kündigungsschreiben des Beklagten vom 21.06.2011 (Bl. 10 d.A.) Bezug genommen,
Mit der vorliegenden, unter dem 12.07.2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung der Nichtbeendigung des Berufsausbildungsverhältnisses durch diese Kündigung.
In einer Schlichtungsverhandlung vor dem zuständigen Schlichtungsausschuss unter dem 27.07.2011 kam ein Spruch nicht zustande.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die Kündigung schon deswegen nicht gerechtfertigt sei, weil er in dem Facebook-Eintrag zu keinem Zeitpunkt erwähnt habe, wo seine Ausbildung stattfinde, er zudem nie erwähnt habe, dass es sich überhaupt um ein Ausbildungsverhältnis handele.
Ferner sei der Eintrag zwar unsachlich, stelle aber keine Formalbeleidigung, Schmähung oder Angriff auf die Menschenwürde des Beklagten dar. Die Äußerung sei übertrieben und lustig gemeint gewesen sei und habe zu keinem Zeitpunkt die Realität darstellen sollen. Der Zusammenhang mit dem ganzen Profil lasse erkennen, dass die Äußerung keinesfalls ernst zu nehmen gewesen sei.
Außerdem sei eine allgemeine Kritik an den wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen einerseits und den betrieblichen Verhältnissen andererseits vom Grundrecht der freien Meinungsäußerung gedeckt. Ohnehin habe er nicht damit rechnen müssen, dass der Beklagte sich sein Facebook-Profil ansehe. Insbesondere habe er, so hat er hierzu behauptet, den Beklagten nicht auf sein Facebook-Profil hingewiesen.
Jedenfalls habe es, so hat der Kläger die Auffassung vertreten, vor Ausspruch der Kündigung einer Abmahnung bedurft.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass das Ausbildungsverhältnis durch die Kündigung vom 21.06.211, ihm zugegangen am 22.06.2011, nicht aufgelöst worden ist.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, dass die Kündigung gerechtfertigt sei, weil der Kläger ihn in nicht zu rechtfertigender und nicht zu entschuldigender Weise beleidigt habe. Die Beschreibung stelle auch eine Beleidigung im strafrechtlichen Sinne dar. Daraus sei ersichtlich, dass seitens des Klägers eine konkrete Beleidigungsabsicht bestanden habe. Bei der Eintragung handele es sich auch nicht um eine spontane Unmutsäußerung des Klägers, sondern um die planvolle Gestaltung des Facebook-Profils. Die Äußerungen seien auch nicht mehr vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt.
Unzutreffend sei auch, dass die in Rede stehenden Äußerungen keinen konkreten Bezug zu ihm hätten. Der Kläger habe ihn, so hat der Beklagte behauptet, am 16.06.2011 auch besonders dara...