Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung einer erfolgsorientierten Prämie aufgrund einer Betriebsvereinbarung auf eine tarifliche Sonderzahlung

 

Leitsatz (redaktionell)

Bemisst sich eine freiwillige erfolgsorientierte Prämie nach Kriterien, die regelmäßig auch für die Ermittlung der Höhe einer Jahresabschlussvergütung oder einer Ergebnisbeteiligung herangezogen werden und ist die freiwillige erfolgsorientierte Prämie damit als ähnliche Leistung im Sinn des Einheitlichen Tarifvertrags über die tarifliche Absicherung eines Teils eines 13. ME (Metall- und Elektroind. NW) anzusehen, so ist durch diese Leistung der tarifliche Anspruch der Arbeitnehmer auf die tarifliche Sonderzahlung erfüllt.

 

Normenkette

§ 2 Einheitl. TV über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. ME (Metall- und Elektroind. NW); § 4 Einheitl. TV über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. ME (Metall- und Elektroind. NW)

 

Verfahrensgang

ArbG Bochum (Urteil vom 07.06.2010; Aktenzeichen 3 Ca 598/10)

 

Nachgehend

BAG (Aktenzeichen 10 AZR 639/11)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 07.06.2010 – 3 Ca 598/10 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Berechtigung der Beklagten, eine von ihr gewährte erfolgsorientierte Prämie auf die tarifliche Sonderzahlung 2009 anzurechnen.

Der Kläger ist langjährig bei der Beklagten, einer 100 %-igen Tochter der R1 B1 GmbH, beschäftigt.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden aufgrund beiderseitiger Tarifbindung die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen Anwendung, somit auch der „Einheitliche Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens” vom 18.12.2003 (im Folgenden: TV 13. ME). Dieser lautet, soweit für den Rechtsstreit von Bedeutung:

„[…]

§ 2 Voraussetzungen und Höhe der Leistungen

1. Beschäftigte und Auszubildende, die jeweils am Auszahlungstag in einem Arbeitsverhältnis stehen und zu diesem Zeitpunkt dem Betrieb ununterbrochen 6 Monate angehört haben, haben je Kalenderjahr einen Anspruch auf betriebliche Sonderzahlungen.

[…]

4. Der Berechnung der Sonderzahlung ist zugrunde zu legen, das durchschnittliche Monatsentgelt/ die durchschnittliche Ausbildungsvergütung der letzten sechs abgerechneten Monate vor Auszahlung der Sonderzahlung einschließlich aller Zuschläge, jedoch ohne Mehrarbeitsentgelt gemäß § 6 Nr. 1 EMTV sowie ohne Auslösungen und ähnliche Zahlungen (wie Reisespesen, Trennungsentschädigungen), zusätzliches Urlaubsgeld, vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers und ähnliche Zahlungen sowie einmalige Zuwendungen.

[…]

§ 3 Zeitpunkt

1. Der Zeitpunkt der Auszahlung wird durch Betriebsvereinbarung geregelt.

2. Falls dieser Zeitpunkt durch Betriebsvereinbarung nicht geregelt ist, gilt als Auszahlungstag im Sinne des § 2 Nr. 1 der 1. Dezember.

In diesem Fall ist es dem Arbeitgeber unbenommen, die Erfüllung der Zahlung vorher durchzuführen.

[…]

§ 4 Anrechenbare betriebliche Leistungen

Leistungen des Arbeitgebers, wie die Jahresabschlussvergütungen, Ergebnisbeteiligungen (Gratifikationen, Jahresprämie), Weihnachtsgeld u. ä. gelten als betriebliche Sonderzahlungen im Sinne des § 2 dieses Tarifvertrages und erfüllen den tariflichen Anspruch. Hierfür vorhandene betriebliche Systeme bleiben unberührt.

[…]”

Der Einheitliche Manteltarifvertrag vom 18.12.2003 (im Folgenden: MTV) lautet – in Auszügen –:

„[…]

§ 19 Geltendmachung und Ausschluss von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis/ Ausbildungsverhältnis

[…]

  1. Beschäftigte/ Auszubildende haben das Recht, Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis/ Ausbildungsverhältnis innerhalb folgender Fristen geltend zu machen:

    […]

b) alle übrigen Ansprüche innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit.

3. Ansprüche des Arbeitgebers/ Ausbildenden aus dem Arbeitsverhältnis/Ausbildungsverhältnis sind gegenüber den Beschäftigten/ Auszubildenden gemäß den Fristen der Nr. 2 geltend zu machen.

[…]”

Des Weiteren findet Anwendung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die am 04.12.2008 von den Betriebsparteien des Betriebes der Beklagten geschlossene „Vereinbarung über eine freiwillige erfolgsorientierte Prämie für das Jahr 2008” (im Folgenden: BV EOP 2008), die – auszugsweise – den nachstehenden Wortlaut hat:

„[…]

2. Grundsatz

Die freiwillige erfolgsorientierte Prämie (folgend EOP) wird vorrangig in Abhängigkeit vom Geschäftserfolg gezahlt. Die EOP ist ein übertariflicher Anspruch.

  1. Kenngrößen

Für das Jahr 2008 gelten folgende Kenngrößen für die EOP:

3.1 Liefertreue Kunden

[…]

3.2 SAP-Projekt

[…]

3.3 Qualität (interne Fehlerkosten)

[…]

3.4 Ergebnis in Mio. EUR

[…]

4. Voraussetzungen

Mitarbeiter, die in den Geltungsbereich dieser Vereinbarung fallen, erhalten eine EOP, wenn

  1. sie zum Stichtag 01.01.2009 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis im Werk W1 stehen

    […]

6. Auszahlung

Die EOP wird nach Abschluss des Geschäftsjahres 2008 (voraussichtlich im Monat April Folgejahr) ausgezahlt. Die Höhe des max. auszuschüttenden Gesamtvolumens (10...

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